Volvo VT5 Aero bei Versteijnen: Ein Mekka für Hauber-Freunde

Volvo VT5 Aero bei Versteijnen
Ein Mekka für Hauber-Freunde

In Gilze im Süden der Niederlande ist ein wahrlich einzigartiger Nutzfahrzeughändler zu Hause: Versteijnen Trucks. Eurotransport.de durfte sich umsehen im XXL-Showroom und eine Runde drehen im ersten Volvo Aero-Hauber überhaupt.

Versteijnen Trucks Volvo VT5 Aero
Foto: Julian Hoffmann

Heilige Mutter Gottes! Nein, der Autor dieser Zeilen ist wahrlich kein Kirchengänger. Aber in den Hallen von Versteijnen Trucks scheint der Konfirmationsunterricht doch wieder präsent. Die Jungfrau Maria ist nur der Anfang. Nach der ersten Kurve folgt ein erstauntes "Jesus". Vor dem neuesten Zukauf – dem ersten Volvo FH Aero-Hauber aus dem Hause Vlastuin überhaupt – entschwindet dem daueroffenen Mund ein ehrfürchtiges "Halleluja". Die Fahrt in den Süden der Niederlande, in den kleinen Ort Gilze konkret, hat sich nach fünf Minuten schon gelohnt.

Vom Volvo Aero-Hauber bis zum Tuft-Custom-Scania

Was für eine spannende Sammlung an Lkw, von eben jenem brandneuen Volvo über historische DAF bis zum blütenweißen Scania Torpedo mit der nach vorn schmal zulaufenden Haube, die ihn als Werk der Diesel-Enthusiasten von Tuft Custom aus Bergen in Norwegen outet. Als 660er steht er bei Versteijnen Trucks, ist also natürlich bestückt mit dem 16,4 Liter fassenden Achtzylinder der Schweden. Interessanter aber noch: Es handelt sich hier um ein S-Fahrerhaus, das Tuft Custom neben dem R erst seit 2024 zum Hauber adelt.

Davon abgesehen steht das Exemplar von Versteijnen Trucks aber noch überaus nackig in der Halle. Die Verkleidungen der Außenspiegel und die Sonnenblende erfahren gerade eine Aufarbeitung im "Beauty-Salon", die Highpipes warten auf die finale Montage. Die weitere Individualisierung ist dann aber Sache des künftigen Besitzers. Egal: Der Greif macht so oder so Eindruck. Und der nächste Blickfang ist keine zehn Meter entfernt.

Ein Iveco Strator, schön wie ein Ferrari

Ein Iveco Strator mit Schumacher-Airbrush passend zum Zeitgeist der Nullerjahre wartet beispielsweise zwischen zwei weiteren, ungleichen Scania auf einen Liebhaber. An seinen Kotflügeln sind stilecht Peilstäbe montiert, das Dach zieren zwei Michelin-Männchen und ein Leuchtschild. Die Legende Michael Schumacher ist zu beiden Seiten und auf der schwarzen Motorhaube verewigt, selbstverständlich jeweils inklusive seiner roten Göttin. Auf der Kabinenrückwand prangt die knackige Kehrseite einer Mechanikerin.

Die Leistungsdaten des Strators aus 2009 lesen sich in diesem Kontext fast schon ernüchternd: Sein Reihensechszylinder mit 450 PS ist sicher kein Viertelmeilen-Triebwerk, blitzschnelle Gangwechsel fallen wegen der automatisierten Schaltbox aus. Und auch die Achskonfiguration ist zumindest gewöhnungsbedürftig, handelt es sich beim italienischen Hauber doch um einen klassischen 4x2 mit einem wahrlich üppigen Radstand. Aber: Dafür hat der Iveco eben auch keine 250.000 Kilometer auf der Uhr und ist unter Garantie ein Klassiker der Zukunft, der europaweit Aufsehen erregt.

Scania 143H oder doch lieber T164?

Nicht erst morgen, sondern schon heute amtliche Oldtimer sind außerdem zwei Scania 143H, deren Aufarbeitung sich die Versteijnen-Mannschaft widmen möchte, wenn ins Tagesgeschäft wieder mehr Ruhe einkehrt – wann immer das sein wird. Vielleicht ja, wenn ein paar der übrigen Scania verkauft sind? Ein rotweißer T164 aus 2002 sucht schließlich noch nach einem Käufer, den er zu beglücken wüsste mit seinem handgerissenen 580-PS-V8.

Außerdem gäbe es da noch einen R 620 Longline, der in seinen 15 Jahren allerdings fast 1,8 Millionen Kilometer gelaufen ist. Mehr als die beiden R143 im Angebot von Versteijnen Trucks zusammen. Das in Gilze mit der Sonne um die Wette glänzende dunkelgraue Exemplar dieser Baureihe, das das Aufmacherfoto ziert, hat erst 320.000 Kilometer auf der Uhr. Sein gelbschwarzer Modellbruder, ebenfalls aus 1995, steht bei knapp 930.000 Kilometern.

Auch ein Liebhaberstück: der Volvo FH Classic

Aber genug der Scania-Sause. Auch der in unmittelbarer Nähe der Södertäljer Fraktion geparkte grauweiße Volvo FH der ersten Generation ist schließlich ein Blickfänger. Die Sattelzugmaschine aus 2008 steht trotz ihrer stolzen Laufleistung von 1,2 Millionen Kilometern noch gepflegt da und kann mit ihrem nüchternen Cockpit Fans der Marke regelrecht begeistern. Ja: Manchmal ist weniger mehr. Nur nicht bei den Kranaufbauten, auf die der 40 Jahre junge Gründer von Versteijnen Trucks, Vick Versteijnen, mittlerweile sein Hauptaugenmerk gelegt hat.

"Wir lieben Torpedo-Trucks, sie sind meine Leidenschaft. Wir konnten in der Vergangenheit beispielsweise einige Hauber nach England und Irland verkaufen", erzählt Vick. Mittlerweile sei die Nachfrage aber zurückgegangen. Das Geschäft mit Lkw mit starken Kranaufbauten und Schwerlast-Trailern habe dagegen immer mehr angezogen und ist heute klar die tragende Säule des erst 2018 gegründeten Unternehmens.

Die Versteijnen-Spezialität: Spezialfahrzeuge ohne Wartezeit

Der Vorteil, den Vick Interessenten mit den gebrauchten Spezialfahrzeugen bieten kann, ist schlicht die schnelle Verfügbarkeit. "Wenn der Kunde sich so ein Fahrzeug neu zulegen will, muss er erst auf den Lkw warten und dann auf den Aufbau – da geht leicht ein halbes Jahr ins Land", sagt Vick. Bei Versteijnen Trucks muss es dagegen keine Woche dauern – und das, obwohl die Fahrzeuge vorab aufwendig aufgefrischt werden.

Eine große Waschstation, eine frische Lackierhalle und eine hauseigene Werkstatt stehen für die Reha parat, die sich lohnt im Verkauf von Lkw, deren individuelle Aufbauten das eigentliche Objekt der Begierde sind. Dass hochspezielle Fahrzeuge wiederum den Nachteil haben, teilweise Monate zu stehen, ehe sie den passenden Käufer gefunden haben, nimmt Vick gelassen. In seinem Team werde niemand nervös, wenn ein Truck mal länger steht. Platz immerhin ist genug, allein der Showroom in Gilze misst rund 10.000 Quadratmeter.

Der erste Kontakt mit dem Vlastuin-Volvo VT5 Aero

Vick Versteijnen, der kühle Rechner mit einem Faible für Zahlen also? Nein, nicht wirklich. Sein Herz gehört immer noch Lkw, die eben mehr sind als reine Arbeitsgeräte. Das verrät sein mitten in der Halle stehender Race-Truck, mit dem Vick bereits die Rallye Dakar bestritten hat. Und das lässt sein aktueller Neuwagen-Zukauf erahnen: der erste Volvo FH Aero, den der niederländische Torpedo-Spezialist Vlastuin aus Renswoude zum Hauber umgebaut hat. "Herzlichen Glückwunsch zum ersten Volvo VT5 Aero" steht übersetzt auf seiner schwarz-glänzenden Abdeckung der Sattelkupplung. Und auch auf der Plakette, die mit dem Öffnen der Fahrertür sichtbar wird, ist die "NR.1" verewigt. Der Erste seiner Art also – und ausgerechnet für ihn überreicht uns Vick die Schlüssel. Eurotransport.de darf das Prachtstück exklusiv besichtigen und zur Probe um die Halle cruisen. Eine Ehre!

Die schnittige Aero-Front mit dem Volvo-Emblem auf dem unteren Teil des Kühlergrills passt aus unserer Sicht sehr gut zum Hauber-Look. Klassische, an kleinen Ärmchen aus der Karosserie stehende Positionsleuchten und Luftauslässe über den Vorderrädern prägen die Seitenansicht des 6x2. Auch das Dach ist natürlich mit Zubehör bestückt, konkret mit einer Sonnenblende in der edlen bronze-braunen Wagenfarbe, einem Leuchtschild, zwei Zusatzscheinwerfern und zwei Drucklufthörnern. Fast schade nur: Die bei Volvo ausgesprochen formschönen Außenspiegel sind am VT5 Aero nicht montiert. Das Ding hat die Volle-Hütte-Ausstattung inklusive der Kameraspiegel.

Highpipes und Volvo-Emblem im XXL-Format

Eine Entscheidung, mit der so mancher wohl nicht seinen Frieden machen kann. Dafür dürfte der entzückende Rücken des Vlastuin-Haubers aber auf allgemeine Zustimmung stoßen. Glänzende Highpipes im XXL-Format sind bei diesem Prachtexemplar eines Torpedo-Trucks einfach alternativlos, auch wenn sie nicht angeschlossen sind. Und auch die Custom-Heckblende mit ihren schmalen LED-Streifen passt perfekt zum Auftritt. Als eigentlichen Eyecatcher setzt Vlastuin aber auf ein Volvo-Emblem in Übergröße, das vor der Kabinenrückwand platziert ist und die Anschlüsse beherbergt. Eine geile Nummer.

Nach dem Rundgang heißt es rauf in die gute Stube: Hausbesichtigung. Auch hier ist alles drin und dran, was es bei Volvo für Geld zu kaufen gibt. Über das erst kürzlich überarbeitete Lenkrad schaut man auf digitale Instrumente. Die Mittelkonsole wird getoppt von einem Touchscreen, wichtige Funktionen steuert man aber weiter per Tastendruck. Die schwarzen Ledersitze mit Sitzkühlung und Sitzheizung lassen einen von Fahrten quer durch Europa träumen, ganz romantisch in den Sonnenuntergang. Dank der nach hinten längeren XXL-Hütte lockt aber auch das Leben im Hauber – und das Schlafen auf der breiten Matratze.

Die Maschine: der D17-Diesel mit 780 PS und 3.800 Nm

Erstmal chillen also? Nein, sicher nicht. Wir erwecken stattdessen lieber die D17-Maschine zum Leben, die im VT5 Aero natürlich die vollen 780 PS und 3.800 Newtonmeter bereitstellt. Und trotzdem: Der 17-Liter-Sechszylinder hält sich akustisch vornehm zurück, auch im Vlastuin-Umbau. Überhaupt lässt sich der Koloss ungeahnt locker um die Showroom-Halle zirkeln, vom Fahrersitz aus ist die Haube nur wirklich zu sehen, wenn man sich aus seinem Ledersessel streckt. Ein erhabenes Fahrgefühl stellt sich so oder so aber schon auf den ersten Metern ein. Obwohl die Hütte ja die gleiche ist wie ohne Haube: Man sitzt ganz anders im Torpedo. Vorausgesetzt, man hat das nötige Kleingeld – und kann Vick davon überzeugen, die Schlüssel rauszurücken für seinen neuesten Wahnsinn.

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