Die Straße wird immer enger, eine Bahnunterführung naht, ernste Zweifel an der Durchfahrtshöhe werden am Steuer laut. Doch nach der Unterquerung der Bahnlinie liegt das Anhängerwerk Chotzen wie ein gelandetes Ufo inmitten der böhmischen Landschaft vor uns. Selten war die Anfahrt zu einem Werksbesuch so spannend wie die Anfahrt zum tschechischen Werk des Trailerherstellers Kögel. Und an nur wenigen Orten findet man ein so harmonisches Miteinander von Tradition und Moderne. Denn das Werksgelände rund 150 Kilometer nordöstlich von Prag beheimatete seit Ende der 30er-Jahre des vorherigen Jahrhunderts die Produktion der tschechischen Avia-Flugzeugwerke. Nach dessen Ende wurden hier tschechische Orlican-Kühlaufbauten gefertigt, bis Kögel 1996 den Standort übernahm und Komplettfahrzeuge wie auch Kühlaufbauten in Sandwichpanelbauweise weiterfertigte.

In Chotzen werden alle Humbaur-Tiefladermodelle gebaut
2010 übernahm die Humbaur-Gruppe Kögel und damit auch den Standort in Tschechien. Neben den altehrwürdigen Hallen der Flugzeugwerft entstehen heute moderne Fertigungsstraßen, auf denen die Grundchassis für alle Kögel-Trailer hergestellt werden. Schweißroboter und lasergeführte Fertigungsanlagen arbeiten hier zusammen mit rund 400 hoch qualifizierten Mitarbeitern an sechs Wochentagen im Zweischichtbetrieb auf rund 14.000 Quadratmeter Produktionsfläche. Ein Großteil der Chassis der rund 18.500 im Jahr 2018 bestellen Kögel-Auflieger haben das Werk Chotzen auf dem Lkw in Richtung Endmontage in Burtenbach verlassen. Mit einer modernen Fertigung nach deutschen Qualitätsvorgaben genießen die Chassisbauer in Chotzen nicht nur am Standort ein hervorragendes Image.
Um dem auch im tschechischen Automotive-Bereich eklatanten Facharbeitermangel kontra zu bieten, haben die Kögel-Manager, allen voran Geschäftsführerin und Personaldirektorin Leona Prendráková, eine Strategie zur Mitarbeitergewinnung entwickelt: Rund die Hälfte der produktiv tätigen Mitarbeiter wird im Ausland rekrutiert. Vor allem aus Vietnam stammen viele der Facharbeiter. Mit Sprachkursen und eigenem Wohnheim werden sie schnell am Standort integriert und bilden zusammen mit den heimischen Kollegen ein starkes Rückgrat für die auf Expansion ausgelegte Firma.
Schon in diesem Jahr will man den Ausstoß von Trailerchassis in einer neuen Werkshalle durch zusätzliche Automatisation steigern. So können bei Bedarfsspitzen auch Komplettfahrzeuge in Chotzen montiert werden. Neben der Trailerchassisfertigung werden vor Ort bereits alle Humbaur-Tiefladermodelle gebaut. Ulrich Humbaur hat mit Blick auf die Zukunft bereits frühzeitig investiert und den angrenzenden Flugplatz erworben. So kann die Produktion weiter durchstarten.