Rallye Aïcha des Gazelles Dabei sein ist alles

Rallye des Gazelles, Eiffelturm Foto: Campbell-Lloyd 30 Bilder

Die 22. Rallye Aïcha des Gazelles führte rund 300 Frauen in die marokkanische Wüste. Mit dabei waren sechs Mitarbeiterinnen von Mercedes-Benz, die sich mit hauseigenen Transportern der Konkurrenz stellen.

Irgendwann am Nachmittag, irgendwo in der Sahara: Daniela Snyders und Julia Salamon sitzen in ihrem Allrad-Vito. Das Fahrzeug bewegt sich keinen Millimeter mehr. Gerade eben ist die Antriebswelle des Transporters gebrochen. Ohne fremde Hilfe kommen die zwei Mercedes-Mitarbeiterinnen nicht mehr weiter. Die beiden kennen sich mit ihrem Fahrzeug zwar gut aus und haben verschiedene Werkzeuge an Bord. Eine neue Antriebswelle gehört allerdings nicht zur Ausrüstung.

Die Werkstatt-Mannschaft ist in Marokko dabei

Helfen kann jetzt nur noch die Werkstatt-Mannschaft, die mit den Damen nach Marokko gereist ist. Müssen die Mechaniker während des Rennens Fahrzeuge reparieren, gibt es jedoch reichlich Strafpunkte von der Rennleitung für das liegen gebliebene Team. Snyders und Salamon bleibt indes keine Wahl. Sie betätigen den Notknopf an der Satellitenüberwachung und warten auf Hilfe.

Erst fünf Stunden später – bei absoluter Dunkelheit – erreichen die Mechaniker das defekte Fahrzeug. Der Vito ist schnell wieder fahrbereit. Bei Dunkelheit fahren ergibt für die beiden Frauen allerdings wenig Sinn, da die Orientierung im Gelände kaum möglich ist. Sie schlagen ihr Nachtlager auf und wollen die Fahrt in der Morgendämmerung wieder aufnehmen.

Für 150 Bewerber waren nur vier Plätze zu vergeben

Begonnen hatte das Abenteuer für Snyders und Salamon gut zwei Monate vorher. Mercedes-Benz schrieb intern die Teilnahme an einer Amateur-Rallye für Frauen in Marokko aus. 150 Bewerbungen gingen bei der Personalabteilung ein, aber nur vier Plätze waren zu vergeben. In einem Wettkampf mussten die Bewerberinnen ihr fahrerisches Können unter Beweis stellen, kleinere Reparaturen am Fahrzeug vornehmen, einen festgefahrenen Transporter aus schwierigem Gelände befreien und sich mithilfe von Landkarte und Kompass zurecht finden. Außerdem standen Flexibilität, Teamgeist und Kreativität auf dem Prüfstand. Mehrere Techniker, Rallyeprofis und Mitarbeiter der Personalabteilung von Mercedes beobachteten das Geschehen und beurteilten die Damen. Snyders und Salamon setzten sich gegen die Konkurrenz durch und mit ihnen Coralie Lejeune und Susanne Ehmer. Zwei weitere Teilnehmerinnen standen bereits vor der Ausschreibung fest: Marie Le Neillon-Quesseveur und Christina Ackermann nahmen schon 2011 im Auftrag von Mercedes an der Rallye teil. In diesem Jahr bot ihnen der Konzern erneut einen Platz im Rallye-Team an.

Der härteste Konkurrent ist der Dacia Duster

Am 17. März stehen alle sechs Damen mit ihren Fahrzeugen und 148 anderen Teams aus der ganzen Welt in Paris, um in Richtung Marokko aufzubrechen. Marie Le Neillon-Quesseveur und Susanne Ehmer fahren auf einem seriennahen Vito Allrad genau wie Daniela Snyders und Julia Salamon. Die vier Frauen starten mit den Kastenwägen in der Crossover-Kategorie für SUVs. Ihr härtester Konkurrent ist der Dacia Duster. Christina Ackermann und Coralie Lejeune sitzen in einem eigens für Rallyes umgebauten Sprinter 4x4 mit verkürztem Radstand, der in der 4x4-Kategorie startet. Chancen auf einen Sieg hat der Sprinter in der Klasse der Geländewagen und Lkw kaum. Vorne weg fährt hier der VW Amarok.

Ziel der Reise ist für die Teilnehmerinnen ist die nördliche Sahara, die bis an das marokkanische Atlas-Gebirge an der Grenze zu Algerien verläuft. Von Reisen in diese Region rät das Auswärtige Amt wegen Entführungsgefahr dringend ab. Während der Rallye muss sich laut Veranstalter deswegen allerdings niemand Sorgen machen. Das Rennen steht unter dem Schutz des marokkanischen Königs. Außerdem sind alle Teilnehmerfahrzeuge satellitenüberwacht und verfügen über eine Funkverbindung zum Veranstalter für medizinische und technische Notfälle. Das Wohlwollen der Bevölkerung haben die Teilnehmerinnen der Rallye Aïcha des Gazelles ohnehin. Denn jedes Jahr fährt zeitgleich zum Rennen auf Kosten des Veranstalters ein Team von Ärzten und Helfern durch die Wüstenregionen Marokkos und versorgt bedürftige Menschen mit dem Nötigsten. Von der humanitären Hilfe werden Snyders und Salamon während dem Rennen nur wenig mitbekommen. Fahren, orientieren und navigieren lastet sie von der ersten bis zur letzten Rennminute voll aus.

Die Checkpoints sind zwischen Dünen oftmals schwer zu finden

Für den richtigen Weg ist Julia Salamon zuständig. Die 24-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin hat dafür einen Kompass im Fahrzeug, topografische Karten aus den sechziger Jahren und die zurückgelegte Wegstrecke laut Tacho Mehr Hilfsmittel erlaubt das Reglement nicht. Ziel der Rallye: alle Kontrollpunkte zwischen Start und Ziel auf dem kürzesten Weg erreichen. Einen Wettbewerb auf Zeit gibt es nicht, nur die Vorgabe, bis wann Fahrzeuge einen Kontrollpunkt spätestens erreichen müssen. Das ist oft knapp, denn die so genannten Checkpoints sind zwischen Dünen oftmals schwer zu finden.
Für Daniela Snyders ist das Fahren aber auch ohne Zeitdruck eine Herausforderung. Sie muss den Vito Kastenwagen möglichst unbeschadet durch die Wüste manövrieren und dabei alle Fahrzeugfunktionen im Blick behalten. Flüssigkeiten sollten immer auf dem richtigen Stand sein und der Luftdruck in den Reifen zum Untergrund passen – niedriger Druck bei weichem Boden und normaler auf steinigen Pisten.

Auf den ersten beiden Etappen der Rallye schlagen sich Snyders und Salamon gut: Platz zwei nach zwei Tagen. Erst am dritten Tag leisten sie sich einige Fehler, die sie zurück werfen. Aber die Beiden bleiben dran, bis zur sechsten Etappe – bis die Antriebswelle bricht und sie Strafpunkte für den technischen Service bekommen.

Alle drei Fahrzeuge haben das Wüstenrennen überstanden

Versöhnliches Ende: Alle sechs Mercedes-Frauen erreichen nach einer Woche in der Sahara das Ziel. Alle drei Fahrzeuge haben das Wüstenrennen überstanden. Am Ende ist es für Snyders und Salamon Platz acht von 13 Teams in ihrer Klasse. Ihre beiden Kolleginnen Marie Le Neillon-Quesseveur und Susanne Ehmer landen mit ihrem Vito auf dem vierten Platz und bekommen außerdem einen Sonderpreis für besonders wirtschaftliches Fahren. Die Sprinter-Mannschaft kommt in der 4x4-Kategorie auf den 60. Rang in einem Feld von 129 Teams.

Auch wenn die 22. Rallye Aïcha des Gazelles keinen Sieg eingebracht hat, will Mercedes im nächsten Jahr wieder in Marokko an den Start gehen, wieder mit Vito und Sprinter und vielleicht auch wieder mit Snyders und Salamon.

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