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Liebherr-Kran der Spedition Paule Geklauter Kran von Paule ist in Ägypten

Foto: Paule Spedition, Montage: Monika Haug

Ende einer abenteuerlichen Reise: Der im März gestohlene Liebherr-Kran der Spedition Paule aus Stuttgart ist in Ägypten aufgetaucht.

Der verschwundene Kran der Spedition Paule aus Stuttgart ist wieder aufgetaucht. Statt Weinrot ist er Weiß. Statt einem weißen hat er ein grünes Kennzeichen. Statt „Paule Schwertransporte“ steht „Hamburg krandienst“ auf dem Fahrerhaus – krandienst wohlgemerkt kleingeschrieben. Und statt am Neckarufer, wo Paule seinen Sitz hat, steht der 48 Tonnen schwere Vierachser im ägyptischen Gizeh in der Nähe der Pyramiden.

Paule-Geschäftsführer Rainer Schmid hat Kran zweifelsfrei identifiziert

Die abenteuerliche Reise des am 19. März in Stuttgart gestohlenen Fahrzeugs hat damit ihr vorläufiges Ende gefunden. Obgleich mehr als 4.700 Straßenkilometer und mehr als 2.600 Kilometer Luftlinie dazwischen liegen, haben die Paule-Verantwortlichen keine Zweifel, dass es sich um das Liebherr-Modell LTM 1070 aus ihrem Fuhrpark handelt. „Es ist aufgrund bestimmter Merkmale auf jeden Fall unser Fahrzeug“, sagt Geschäftsführer Rainer Schmid gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell. Er geht davon aus, dass der Kran mit gefälschten Papieren über den Seeweg von Antwerpen aus nach Alexandria gelangt ist.

Ein Kontaktmann vor Ort gab Schmid einen Hinweis auf das Fahrzeug. Daraufhin flog er am 22. Juni selbst nach Kairo, um den Kran in Augenschein zu nehmen. „Dabei habe ich ihn zweifelsfrei identifiziert“, sagt der Paule-Chef. Zum einen erkannte er ihn an den bereits bekannten Kratzern an der Krankabine wieder. Sie seien nicht ausgebessert, sondern nur mit weißem Lack überstrichen worden. Zum anderen – und das sei entscheidend – erscheine im Display die Liebherr-Werksnummer, die mit der des Paule-Krans übereinstimme. Dieser individuelle Code – im speziellen Fall die Zahlenreihe 059526 – lasse sich nicht verändern, außer vielleicht durch Liebherrr selbst. Die Fahrgestellnummer dagegen wurde verändert.

Foto: Matthias Rathmann
Paule-Geschäftsführer Rainer Schmid ist nach Ägypten geflogen, um den gestohlenen Kran in Augenschein zu nehmen.

Der Diebstahl des Fahrzeugs hatte ein für eine mittelständische Spedition ungewöhnlich großes Echo in den sozialen Netzwerken und den allgemeinen Medien ausgelöst. Nachdem Paule den Kran über Facebook als vermisst gemeldet hatte, beteiligten sich unzählige Hobby-Detektive aus ganz Europa an der Suche. „Der Kran wurde sehr oft in Ostdeutschland gesehen, einige Male in Norddeutschland und wenige Male im Ruhrgebiet“, berichtet Schmid. Die Polizei ging den Hinweisen nach, die Fährten erwiesen sich aber fast alle als falsch. Einzig zwei Meldungen, wonach der Kran am 19. März um 3:40 an der Wilhelma – dem zoologischen Garten in Stuttgart – und um 4:20 bei Heimsheim auf der A8 gesehen wurde, dürften korrekt gewesen sein.

Liebherr-Kran hat einen Restwert von etwa 270.000 Euro

Das Paule-Team hat rekonstruiert, dass der Kran gegen 3.30 Uhr am Betriebshof in Stuttgart-Obertürkheim gestohlen wurde. Zu Arbeitsbeginn bemerkten es den Verlust und verständigte die Polizei. Per GPS ließ sich das Fahrzeug nicht mehr orten, die Diebe deaktivierten es oder brachten ein Störsignal an. „Wir gehen von einer organisierten Bande aus, die wahrscheinlich bundesweit unterwegs ist“, sagt Geschäftsführer Schmid. Er ist überzeugt, dass die Diebe gezielt zugeschlagen haben. Der zehn Jahre alte Kran habe noch einen Restwert von mehr als 200.000 Euro und sei trotz des einen oder anderen Kratzers in einem Top-Zustand gewesen. Für den Schaden kommt bei Paule nun die Versicherung auf.

Das Modell steht bei Diebesbanden hoch im Kurs. Das wird daran deutlich, dass Ende Juni ein weiteres baugleiches, aber etwas jüngeres Fahrzeug entwendet wurde. Den Schaden hat das Unternehmen Hess aus Düsseldorf, dessen Kran aber noch nicht wieder gesehen wurde. Ob ihn die Diebe auch nach Ägypten verschifft haben? Das nordafrikanische Land ist offenbar ein beliebter Absatzmarkt. „Weil es für die Einfuhr älterer Maschinen so gut wie keine Auflagen gibt“, berichtet Paule-Chef Schmid. Gefälschte Papiere, ein neues Kennzeichen oder eine veränderte Fahrgestellnummer waren beim Import offenbar keine K.-o.-Kriterien.

Einfuhr von Gebrauchtfahrzeugen in Ägypten nicht an hohe Auflagen gekoppelt

Doch nachdem das Fahrzeug aufgetaucht ist, ist es noch längst nicht wieder bei seinem rechtmäßigen Eigentümer. Ob es dorthin jemals zurückkommen wird? Schmid will keine Prognose abgeben. „Die Mühlen der ägyptischen Behörden mahlen sehr langsam“, sagt er, womit er eine gewisse Skepsis andeutet. Von Anfang an waren das Landeskriminalamt (LKA) Baden-Württemberg, später das Bundeskriminalamt (BKA) und Interpol mit dem Fall betraut. Das könnte einen gewissen Druck auf die ägyptischen Ermittler ausüben und möglicherweise verhindern, dass das Fahrzeug weiterverkauft wird.

Wie es nun weitergeht, wollen auch die Medien wissen, die die Odyssee des weinroten Vehikels über Wochen hinweg begleitet haben. trans aktuell ist hier in guter Gesellschaft: Als die Redaktion bei Paule zu Besuch ist, meldet sich um 10 Uhr der Südwestrundfunk (SWR). „Wir sind erst einmal froh, dass wir wissen, wo das Fahrzeug ist“, berichtet Schmid am Telefon gegenüber dem SWR-Redakteur. Auf seinem Schreibtisch liegt ein druckfrisches Exemplar der Stuttgarter Nachrichten, die an dem Tag titeln „Gestohlener Kran eindeutig identifiziert“.

Geklauter Paule-Kran löst riesiges Medienecho aus

Während Schmid von der Suche nach dem Fahrzeug erzählt, trifft eine Mail einer Produktionsfirma ein, die sich einen Beitrag für das ARD-Magazin Brisant vorstellen kann. Um 10:25 bittet schließlich die Deutsche Presse-Agentur (dpa) um Rückruf. Schmid beantwortet die Anfragen souverän und freut sich über das große Interesse der Medien, die allesamt fair berichteten und sich für Paule einsetzten.

Seit März hat er Dutzende Anfragen beantwortet und zwei Fernseh-Interviews gegeben. Auch in Arabien sei über den Diebstahl berichtet worden – was wahrscheinlich dpa als Multiplikator zu verdanken sei. Was im Wirbel um den verlorenen Kran etwas unter geht, ist eine ganz andere Nachricht: dass das Familienunternehmen dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. Ein Geburtstag, bei dem die Paule-Mitarbeiter in jedem Fall reichlich Gesprächsstoff haben und auf das Auftauchen ihres Krans anstoßen können.

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