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Lkw-Unfälle Petition fordert Verkehrsminister zum Handeln auf

Foto: Autobahnpolizei Köln

Eine Serie schwerer Lkw-Unfälle erschüttert Europas größtes Transitland. Besorgte deutsche Fahrer werden nun aktiv. 

Die Bremsspur ist keine fünf Meter lang. Die Verzögerung hat nicht gereicht. Der Unfall ist bereits im September 2015 auf der A 4 bei Aachen passiert, der junge Fahrer aus Polen ist ungebremst in das Heck eines Lkw aus Spanien gerast und im Lkw verstorben. Er hatte beim Aufprall noch seinen Laptop in der Hand. Wenn die Verbände des Gewerbes seither davor warnen, dass die Zahl der Lkw-Unfälle im Vergleich zu gestiegenen Transportleistung gesunken ist, dann ist das nur die halbe Wahrheit. Seit 2015 ereignet sich beinahe jeden Werktag eine Serie von schweren Lkw-Unfällen, die statistisch kaum noch nachzuhalten sind. Besonders dramatisch ein Unfallauf der A 1 bei Hamburg mit vier Toten in einem Pkw. 

Brutale Zerstörungskraft

In den verschiedenen Gruppen der sozialen Netzwerke geben selbst hartgesottene langjährige Profis am Steuer zu, dass sie mittlerweile Angst haben, wenn sie sich einem Stauende nähern. Denn sie können nicht nach links ausweichen. Mit welcher brutalen Zerstörungskraft ein Lkw in ein Hindernis am Stauende einschlägt zeigt ein Bild von einem dramatischen Lkw-Unfall ebenfalls auf der A 1 – diesmal bei Köln, am Dreieck Bliesheim. Auch über die Unfallursachen wird spekuliert: Zunehmende Ablenkung am Steuer, zu geringer Abstand, zu hohe Geschwindigkeit, Eintönigkeit auf langen Strecken, zumal im Überholverbot. Zu enge Termine. Und, so scheint es, viele Fahrer schalten den Notbremsassistenten, der sie in einer solchen Situation retten könnte, offenbar aus. Über die komplexen Zusammenhänge dieser Unfälle hat bereits die Zeitschrift trans aktuell berichtet. Der Artikel ist zum Nachlesen als PDF am Ende des Textes angehängt.

Zwei Arten von Auffahrunfällen

Natürlich gibt es auch die entsprechenden Schuldzuweisungen. Einige deutsche Fahrer beklagen sich immer öfter über rücksichtsloses Verhalten vieler Fahrer aus Osteuropa. Andere weisen darauf hin, dass auch deutsche Fahrer keine Unschuldsengel sind. Es fehlt hier leider an konkreten Statistiken der Verkehrs- und Innenministerien der 16 Bundesländer, die etwa belegen würden, aus welchen Ländern beispielsweise die Abstandsünder kommen. Außerhalb des Protokolls sagen Autobahnpolizisten jedoch, dass sich die Vergehen im Ländervergleich etwa die Waage halten. Ebenso fehlt eine offizielle Statistik, aus welchen Ländern die Fahrer kommen, die am Ende in einen Stau rasen.

Allerdings kristallisiert es sich mittlerweile heraus, dass es zwei Arten der Stauende-Unfälle gibt: zum einen aus einer Kolonne von mehreren Lkw heraus, bei der der erste Lkw das Hindernis erkennt und ausweichen kann, der zweite gerade noch mit einem gewagten Manöver reagiert und der dritte dann ins Hindernis kracht. 

Als Beispiel für die zweite Variante kann dieser schlimme Unfall auf der A 4 bei Dresden gewertet werden. Hier ist der Verursacher nach den Ermittlungen der Autobahnpolizei ungebremst in ein Stauende gerast. Der Lkw, ein in Polen zugelassener Renault T, wurde bis zur Unkenntlichkeit zerdrückt. Besonders das letzte Foto dokumentiert die geballte Energie. Warum der Fahrer den Stau nicht gesehen hat, wurde noch nicht ermittelt. Aber immer öfter wird Ablenkung als Ursache angeführt. 

Fahrer werden aktiv

Nun werden deutsche Fahrer aktiv. Aus dem Kreis der neu gegründeten Kraftfahrerkreise wurden nun, auch mit Unterstützung des FERNFAHRER, Flyer und Poster in Druck gegeben, mit denen die Fahrer aus dem In- und Ausland sensibilisiert werden sollen, auf keinen Fall den Notbremsassistenten manuell zu deaktivieren. Verteilt werden sie unter anderem beim Verkehrssicherheitstag der Autobahnpolizei Hannover Ende Juli auf der Raststätte Garbsen. Wie das Verkehrsministerium in Niedersachen auf eine Serie von schweren Lkw-Unfällen auf der A 2 reagiert, beschreibt FERNFAHRER in Heft 9, das Anfang August erscheint.

Doch für Roman Jansen, Fahrer bei der AZ in Kempen, reicht das nicht. Er hat jetzt aktuell eine Online-Petition an das Bundesverkehrsministerium auf den Weg gebracht. Darin fordert Jansen unter anderem mehr Kontrollen auf den Autobahnen. FERNFAHRER unterstützt diese Initiative. 

Dringende Aufgabe für Alexander Dobrindt 

Der Blick des Bundesverkehrsministers ist derzeit allerdings mehr in die Zukunft gerichtet, er will baldmöglichst ein Gesetz für autonomes Fahren verabschieden. Dabei sollte er allerdings die Probleme der Gegenwart nicht aus den Augen verlieren. Im größten Transitland Europas, wo die Marktanteile der ausländischen Frachtführer laut der aktuellen Mautstatistik immer weiter zulegen, sollte er, zusammen mit seinen Länderkollegen, baldmöglichst ein Maßnahmenpaket vorlegen, um die schweren Lkw-Unfälle wieder einzudämmen. Denn obwohl sich die EU-Kommission eine deutliche Senkung der Verkehrstoten auf die Fahne geschrieben hat, passiert, jedenfalls in Deutschland, genau das Gegenteil. Doch in der EU, so heißt es aus dem Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments, hat die Verkehrssicherheit derzeit bei all den vielen Problemen derzeit nicht die allerhöchste Priorität.

Download aus trans aktuell 13/2016 (PDF, 0,12 MByte) Kostenlos
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