JansBlog Branche erwägt Klage wegen Parkplatznot

Meinung

Glücklich kann sich schätzen, wer zur Ruhezeit einen freien Lkw-Parkplatz findet. Die Parkplatznot wird immer größer. Eine Podiumsdiskussion der Zeitschrift FERNFAHRER auf der Messe Nufam bot den Teilnehmern rechtliche Einblicke und Verbesserungsvorschläge. Zu sehen gibt es die Diskussion auch im angehängten Video.

Warum müssen die Lkw-Fahrer selbst dafür bezahlen, dass sie nach Feierabend den Lkw ihres Arbeitgebers auf einem Parkplatzt abstellen ? Würde eine Abbuchung der Parkgebühren über die Maut die Lösung bringen? Und welche Chance hätte eine Klage der betroffenen Fahrer und Verbände gegen den Bundesverkehrsminister? Dies sind nur drei der vielen Fragen, die von den geladenen Gästen der Podiumsdiskussion desMagazins FERNFAHRER auf der Messe NUFAM diskutiert  und auch beantwortet wurden. Wir haben das Ganze auch auf Video aufgezeichnet. Der Dank hierfür gilt Lkw-Fahrer Alexander Scheurer aus Aachen und seinem Bruder Elmar.

Ausgangspunkt war der strittige Fall der Lkw-Fahrerin Stefanie Ebert. Dieser war Thema des Monats im Heft 10 des FERNFAHRER und ist unter dem Titel Tatort Bruchsal in seiner komplexen juristischen Bedeutung dargestellt. Ein Elfmeter für die Podiumsdiskussion auf der mobilen Bühne des FERNFAHRER in Halle 3 der Messe NUFAM. Denn die geladenen Gäste kommen alle aus der Region: Lkw-Fahrerin Stefanie Ebert aus Gengenbach, Matthias Pfitzenmaier, Fachanwalt für Verkehrsrecht  aus Heilbronn, Polizeihauptkommissar Rüdiger Heiler aus Karlsruhe, ebenso wie Dr. Jochen Baier, der an der Hochschule Furtwangen im Fachbereich Logistik lehrt, und schließlich noch Autohofbetreiber Karlheinz Schneider aus Herbolzheim an der A5.

Ebert ist die Woche über unterwegs, und so musste sie ausgerechnet am Samstagvormittag zuerst einen Termin beim Zahnarzt wahrnehmen. Die Diskussion begann deshalb ohne sie und führte dennoch gleich zum Thema: Warum die Polizei in der Nacht Fahrer, die bereits parken, von den Pkw-Stellplätzen vertreiben müsse. Rechtlich ist die Sache klar, dort ist das Parken einfach verboten, aber die Fahrer sind immer öfter in ihrer Not allein gelassen. Heiler, mit den Vorwürfen gegen die Kollegen von der Autobahnpolizei konfrontiert, was er nun noch prüfen wird, plädierte souverän dafür, dass man im Einzelfall immer abwägen müsse, bevor man die Fahrer nach Ende ihrer Lenkzeit wieder auf die Bahn schickt. In Ordnung fand er die Aktion grundsätzlich nicht.

Pfitzenmaier zeichnete die juristische Problematik im Detail auf und gab im Laufe der Runde wertvolle Tipps, wie sich Fahrer korrekt verhalten sollen. Lediglich bei einer Frage zeigte sich das große Dilemma: In Deutschland mag der Vermerk auf dem Tagesausdruck reichen, um bei der nächsten Kontrolle auf Verständnis der Polizei zu hoffen. In Frankreich jedoch nicht, was ein Unternehmer aus dem Publikum eindrucksvoll beklagte. Das führe, so Heiler, zu der unglücklichen Situation, dass sich Fahrer vor der Ausfahrt nach Frankreich lieber freiwillig bei der Polizei in Deutschland selber anzeigen. Hierzulande ist es einfach billiger.

Mangelnder Parkraum führt zu Unfällen

Logistikexperte Jochen Baier lieferte die wichtigen Zahlen über den Mangel an Parklätzen in Deutschland anhand der jüngsten Prognosen aus dem Bundesverkehrsministerium, und er steuerte im Laufe der Runde die Ergebnisse einer aktuellen Studie aus den USA zum selben Thema bei. Deren Fazit sollte jedermann aufschrecken: Mangelnder Parkraum führt letzten Endes zu mehr Unfällen, was bereits 2015 anhand von belegbaren Daten für Deutschland bewiesen ist.

Vor allem Autohofbetreiber Karlheinz Schneider war es, der ein komplettes Umdenken bei der Parkplatzbewirtschaftung der Zukunft forderte: Die Frachtführer selber müssten endlich dafür zahlen, dass der Lkw in der gesetzlich vorgeschrieben Pause des Fahrer ja abgestellt werden muss, die Abrechnung könne über das bereits bestehende Mautsystem erfolgen. Was dann auch jeden Abend einen Gesamtüberblick über die Parksituation ermögliche. Ein spannender Ansatz, der, bis auf einen Unternehmer im Publikum, auf breiten Konsens stieß. Dazu, so Schneider, müsse aber die vorherrschende „Geiz-ist-Geil“-Mentalität der Verbraucher ein Ende finden.

Geringe Verstöße sind nicht von der Rechtschutz abgedeckt

Und schließlich kam sie dann doch, die Stefanie Ebert, in Ruhe schilderte sie den Vorgang, der ihr ein Verwarngeld von zehn Euro eingebracht hatte. Zwei Punkte an dieser Schlussrunde, die auch der Höhepunkt dieser Aufzeichnung ist, waren bemerkenswert: Viele Fahrer würden diese zehn Euro bezahlen, weil ein geringer Verstoß nicht von der Rechtsschutzversicherung gedeckt sei, erklärte Pfitzenmaier, der im Übrigen beklagte, dass sich viele Verkehrsrichter gar nicht vorstellen können, wie die Situation da draußen für die Fahrer wirklich ist, wenn sie Parkplätze suchen müssen.Das spült dann letztes Ende durch Parkraummangel sogar noch Geld in die Staatskasse. Und wenn die Polizei, wie in ihrem Falle, die Lkw wieder auf die Bahn geschickt haben, würden sie ja sicher nicht auf die dann freien Parkplätze aufpassen. Die wären dann bald wieder belegt.

Noch mehr Fahrer und vor allem die Verbände müssten sich noch intensiver dafür einsetzen, dass der Staat endlich ausreichend Parkplätze zur Verfügung stellt, so Ebert. Denn so sind die Fahrer letzten Endes mit dem Problem allein gelassen und müssen es ausbaden. Über ihren wirklich ernst gemeinten Vorschlag, den Bundesverkehrsminister zu verklagen, weil es bei steigendem Verkehrsaufkommen zu wenig Parkplätze gibt, will Pfitzenmaier, der einen Erfolg dieser Klage zwar spontan bezweifelte, nun trotzdem in Ruhe nachdenken.

Video: Alexander Scheurer und Elmar Scheurer

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