Ford Nutzfahrzeug-Strategie: Mit Ford Pro und neuen Stromern fit für die Zukunft

Ford Nutzfahrzeug-Strategie
Mit Ford Pro und neuen Stromern fit für die Zukunft

Interview: Mit Ford Pro und fünf neuen E-Nutzfahrzeugen bis 2024 wappnet sich Ford für die Zukunft. Claudia Vogt, Direktorin Nutzfahrzeuge in der DACH-Region, und Jörg Pilger, Direktor Kunden-Service, mit ersten Einblicken.

Ford Elektro-Nutzfahrzeuge Elektro-Transporter
Foto: Ford
Frau Vogt, Herr Pilger, bis 2024 werden neben dem E-Transit vier weitere Ford E-Nutzfahrzeuge kommen. Sehen Sie denn, dass sich der Markt so schnell wandelt?

Vogt: Wir verzeichnen schon jetzt kurz nach Verkaufs- und Produktionsstart eine hohe Nachfrage nach dem E-Transit. Der Bedarf ist da: Dank der vielfältigen Aufbau-Möglichkeiten auf das Fahrgestell und der hohen Reichweiten – wir sprechen beim E-Transit von bis zu 317 Kilometern – gibt es viele Anwendungsfälle. Bis 2026 haben wir daher zu jedem Nutzfahrzeug eine elektrifizierte Variante im Markt. Parallel bieten wir konventionelle Nutzfahrzeuge zumindest bis zum Ende der Dekade weiter an.

Haben Sie konkrete Absatzziele in Bezug auf die E-Nutzfahrzeuge? Insgesamt – mit den Ford E-Pkw – sprechen Sie ja von mehr als 600.000 Einheiten jährlich ab 2026.

Claudia Vogt Director Commercial Vehicles Ford
Ford
Claudia Vogt ist seit Januar 2021 als Direktorin für das Nutzfahrzeug-Geschäft von Ford in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich.

Vogt: Wir möchten hier keine konkreten Zahlen nennen, aber wir sehen ja, was im Pkw-Markt passiert. Die E-Mobilität wird in der Nutzfahrzeug-Sparte vielleicht nicht im gleichen Tempo kommen, aber die Nachfrage zieht sicher schnell an. Das Wachstum hängt allerdings weiter von Regularien und Fördermitteln ab. Andere Länder in Europa haben beispielsweise bereits Verbrenner-Verbote in Innenstädten beschlossen. Sollte das auch in Deutschland kommen, wird das Thema an Dynamik gewinnen.

Für Ihre E-Nutzfahrzeuge wollen Sie in einem neuen Joint-Venture in der Türkei eines der größten Werke für Nutzfahrzeug-Batterien in Europa errichten. Werden die E-Nutzfahrzeuge selbst dann ebenfalls aus der Türkei stammen?

Vogt: Transit, Transit Custom und E-Transit fertigen wir im Joint-Venture mit der Koç Holding schon heute in der Türkei. Im Zuge unserer Zusammenarbeit mit VW wird künftig auch das mittlere Nutzfahrzeug von VW aus diesem Werk stammen. Es ist daher nur logisch, angesichts dieses Volumens die Batteriefertigung für die elektrifizierten Varianten ebenfalls mit der Koç Holding in der Türkei anzugehen.

Stichwort Elektrifizierung: Beziehen Sie hier auch den Plug-in-Hybridantrieb ein?

Vogt: Ja, richtig. Wir bringen in diesem Jahr den vollelektrischen E-Transit, 2023 zwei vollelektrische Modelle sowie einen Plug-in-Hybrid und 2024 dann noch ein vollelektrisches Modell. So decken wir das volle Programm ab – vom Diesel über den Hybrid bis zum vollelektrischen Nutzfahrzeug. Der neue Plug-in-Hybrid wird aber nicht zu vergleichen sein mit dem aktuellen Konzept im Transit Custom PHEV, der unseren Einliter-Benzinmotor quasi als Reichweitenverlängerer nutzt. Das neue Modell ist breiter aufgestellt und in einer Vielzahl von Anwendungen effizient einsetzbar.

Neben großen Flottenbetreibern vertrauen auch kleine Handwerksbetriebe auf Ford. Wie wollen Sie im Zuge des Antriebswandels allen Kunden gerecht werden?

Vogt: Der Vertrieb läuft bei uns traditionell fast ausschließlich über den Handel, auch in puncto Großkunden. Daher ist es eine große Aufgabe, den Handel fit zu machen für die Zukunft. Dafür stellen wir uns auch in der Zentrale personell neu auf. Die Händler müssen alle Details zu den Fahrzeugen kennen und die Kunden auch in Bezug auf die Ladeinfrastruktur beraten. Und da sind wir schon bei Ford Pro. Mit diesem neuen, ganzheitlichen Ansatz verkaufen wir neben dem Fahrzeug auch ein umfassendes System. Mit Ford Pro decken wir alle Bereiche ab: vom Fahrzeug – gleich ob Verbrenner oder E-Modell – über die Finanzierung, den Service und die Telematik bis hin zur Ladeinfrastruktur. Diese kann vom Depot-Charging bis zu öffentlichen Ladesäulen reichen. Wir werden Lösungen für alle Kunden im Programm haben: vom Handwerksbetrieb mit eigener, kleiner Wallbox bis zum vernetzten Ladepark für große, auch gemischte Flotten.

Mit dem Start von Ford Pro haben Sie einige Händler mit Transit ausgestattet, die zu mobilen Werkstätten umgebaut wurden und Service-Arbeiten beim Kunden ermöglichen. Wie managen Sie das – und zu welchen Kosten?

Jörg Pilger Director Customer Service Ford
Ford
Jörg Pilger wurde Anfang 2018 zum Direktor der Ford Service Organisation berufen und verantwortet das Aftersales-Geschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Pilger: Das Pilotprojekt des mobilen Service-Vans gehen wir seit Ende 2021 an – und es läuft schon jetzt sehr erfolgreich. Immerhin 70 bis 75 Prozent der Arbeiten können wir vor Ort erledigen: vom Service über die Bremsenwartung und den Ersatz anderer Verschleißteile bis hin zu Software-Updates. Und dies grundsätzlich zu den bekannten Teile- und Lohnpreisen des jeweiligen Händlers, wenngleich wir in der breiten Anwendung später vielleicht Anfahrtspauschalen in Rechnung stellen müssen. An dieser Stelle wird klar: Ford Pro kaufe ich nicht als Produkt, Ford Pro ist ein Ecosystem, in dem viele Zahnräder ineinandergreifen und so einen Mehrwert schaffen. Der mobile Service ist so ein Zahnrad.

Wenn Ihre Werkstätten in diesem Zuge auf die Fahrzeugdaten zugreifen, stellen Sie diese auch den Kunden zur Verfügung?

Pilger: Ja, der Kunde nutzt grundsätzlich die gleiche Datenbasis wie wir oder der Händler. Damit sind alle auf dem gleichen Stand – wir als Hersteller, der Händler und der Betreiber. Das proaktive Fuhrpark-Management, das so entsteht, ist ein riesiger Schritt nach vorn. Der Kunde kann selbst einsehen, wann die nächsten Ölwechsel anstehen, wann Adblue nachgetankt werden muss und ein Service fällig wird. Kleine Handwerksbetriebe wissen das auch so, aber gerade bei großen Flotten mit wechselnden Fahrern hilft das ungemein, den Überblick über den Zustand der Fahrzeuge zu behalten und Werkstattaufenthalte besser zu planen. Wir stellen den Kunden drei Vernetzungspakete zur Wahl: Die Ford Pro Pass-App mit Nachrichten auf das Handydisplay ist kostenfrei. Dies gilt auch für die Telematik-Basisanwendung, die für mittlere Betriebe ausreicht. Nur für die komplette Telematik fällt eine überschaubare monatliche Gebühr an. Mit diesem Paket kann der Kunde dann auch das Fahrverhalten seiner Mitarbeiter analysieren und somit gegebenenfalls Betriebskosten besser managen.

Sind da „Mobility as a Service“ oder „Pay per Use” nicht der logische nächste Schritt?

Vogt: Mit den Finanzierungslösungen von Ford Pro gehen wir schon heute in die Richtung von „Mobility as a Service“. Für die Zukunft ist da manches noch nicht genau definiert, aber wir arbeiten ganz klar auch an weiterführenden Leasing-Ideen.