Rund überholt eckig

Volvo FH12 und F12 im Vergleich
Rund überholt eckig

Frisch zum Truck of the Year 94 gekürt, löst der Volvo FH die bewährte F-Baureihe ab. Eine gute Gelegenheit für einen Vergleich von F12 und FH12, der im FERNFAHRER 2/1994 erscheint.

Volvo FH12 im Vergleich mit Vorgänger Volvo F12, FF 2/1994, Oldtimer FF 2-3/2024
Foto: ETM Archiv

Um ein neues Fahrzeug besser beschreiben zu können, hilft immer der direkte Vergleich mit dem Vorgänger. Das mag sich auch FERNFAHRER-Autor Gerlach Fronemann gedacht haben, als er das Angebot aus Göteborg bekam, den neuen Volvo FH mit der Vorgängerbaureihe zu vergleichen. Und so treten an einem regnerischen Tag im Winter 1993/94 ein kantiger weißer F12 und ein futuristisch-runder roter FH12 auf der A 1 gegeneinander an: beide mit Kühlaufliegern von Norfig im Schlepp, beide auf 40 Tonnen ausgeladen und beide mit einem 12 bzw. 12,1 Liter großen Reihensechszylindermotor unterm Fahrerhaus.

Es sind jedoch nicht nur die 0,1 Liter, die den Unterschied machen. Der D12A des FH12 ist eine Neuentwicklung mit vier Ventilen pro Zylinder und obenliegender Nockenwelle. Er arbeitet nach dem Pumpe-Düse-System, also einer eigenen, elektronisch angesteuerten Einspritzpumpe für jeden Zylinder. "Mit diesem Motor braucht sich Volvo keine Sorgen wegen strengerer Abgasvorschriften machen", meint Fronemann. Natürlich waren auch weniger Verbrauch und mehr Leistung das Ziel: 420 PS bei 1.700 U/min liefert der neue, 405 PS bei 2.050 U/min der alte Reihensechser.

Auch der größtenteils geschraubte Rahmen unterscheidet sich vom genieteten Rahmen des Vorgängers. Die auffälligste Neuerung ist freilich das Design des FH. Fronemann: "Der Betrachter muß sich bereits beim ersten Blick umgewöhnen. Waren Volvo-Trucks bisher eher eckig und kantig, so weist die neue FH-Generation weiche, abgerundete Linien auf. Die Windschutzscheibe ist aus aerodynamischen Gründen stark geneigt, die Front abgerundet. Die Türen reichen bis unten an die zweite der drei Trittstufen. Die Seitenscheiben sind nach vorn hinuntergezogen."

Der schwarze Kühlergrill ist schmaler geworden und der Volvo-Schriftzug ein Stück nach unten gewandert. Unter der Frontklappe sind die Wartungspunkte zusammengefasst. Statt offener Tritte in der Stoßstange bietet der FH12 zwei ausklappbare Tritte. Und statt drei Scheibenwischern sind nur noch zwei nötig. Optisch wuchtiger, aber strömungsoptimiert sind die neuen Außenspiegel gestaltet.

Beim Erklimmen des Arbeitsplatzes fallen Fronemann die drei gut platzierten Trittstufen und das weit nach vorne verstellbare Lenkrad auf. Der Motortunnel sei spürbar kleiner geworden und die im F12 noch seitlich arg eingeengten Füße hätten nun mehr Platz. Grundsätzlich verbessert worden sei die Kabinenbeleuchtung und die Geräuschdämmung. Gewöhnungsbedürftig ist laut Fronemann aber die stark geneigte Frontscheibe, insbesondere beim Stehen. Die hochklappbare Sitzfläche auf der Beifahrerseite soll hier Abhilfe schaffen. In Summe gebe es dennoch mehr Platz, da die FH- im Vergleich zur F-Kabine nach hinten um 20 Zentimeter verlängert worden sei. Dies ermöglicht nicht zuletzt eine Liege mit 70 Zentimetern Breite. Zum Vergleich: Im Mercedes 1838 mit Eurocab in derselben FERNFAHRER-Ausgabe fällt sie ganze 10 Zentimeter schmaler aus.

Das Lenkrad blieb unverändert, der Scheibenwischerhebel ist jedoch von links nach rechts gewandert. Tacho und Drehzahlmesser sind direkt ins Blickfeld gerückt, rechts davon sitzt der "Bordcomputer" mit einem Drehknopf zur Wahl der einzelnen Punkte. Geschaltet werden die 12 Vorwärts-, 2 Kriech- und 2 Rückwärtsgänge weiterhin per automatisierter Geartronic, bei der nun alle vier Schalter auf einer schmaleren Konsole zusammengefasst sind. "Das verbesserte Schaltsystem gibt dem Fahrer mehr Eingriffmöglichkeiten als vorher", lobt Fronemann. "Es ist wohl die erste halbautomatische Schaltung, die diesen Namen wirklich verdient." Auch für die neue, per Kippschalter bediente Motorbremse VEB (Volvo Engine Brake) gibt es viel Lob. Am Ende der Testfahrten von insgesamt 441 Kilometern Länge steht es 39,6 l/100 km (FH12) gegen 42,4 l/100 km (F12) beim Verbrauch und 80 km/h (FH12) gegen 78,9 km/h (F12) bei der Durchschnittsgeschwindigkeit. Gegenteilige Ergebnisse hätten auch sehr überrascht.