Auch Rekordmeister müssen sich weiter bewähren, dürfen sich nicht auf den gewonnenen Lorbeeren ausruhen – das zeigt sich nicht zuletzt im deutschen Spitzenfußball anno 2018. Ein paarmal nicht auf der Höhe der Zeit und schon wird man zum medialen Sanierungsfall, so ungerecht das auch sein mag. Dabei ist einem nicht nur Jubel sicher, auch das Gegenteil. Ein echter Gewinner ist auch der Mercedes-Benz Tourismo, ist ihm doch beim IBC-Vergleichstest mit dem MAN Lion’s Coach und dem Irizar i6S im Juni dieses Jahres "ein fulminanter Sieg gelungen" (Heft 9/2018 und 10/2018). Die Mischung aus dezentem Understatement, effizienter Motorentechnik, souveränem Fahrverhalten und der aktuellsten Sicherheitstechnik macht den einzigen verbliebenen Reisebus der Marke aus Stuttgart und Mannheim zu einem Rekordanwärter ersten Ranges. Also muss er auch noch zum Einzeltest auf der schweren lastauto omnibus-Testrunde ran. Er ist dafür eigens ins gelb-schwarze Trikot des Safety Coach der Generation vier geschlüpft, das ihm sehr gut steht.

Sideguard Assist hilft exquisit beim Rechtskurvenfahren
Dabei setzt er nicht etwa auf spektakuläres Grunddesign, das zeigt sich eher zurückhaltend, äußerst windschlüpfrig (Cw-Wert 0,33) und weitgehend zeitlos. Die souveräne Charakterlinie des Travego fehlt ihm zwar etwas, aber die inneren Werte und auch die weiter verbesserte Sicherheit machen den Wagen für den Kunden trotzdem hochinteressant. Schon seit einigen Jahren bietet Mercedes rund 13 Meter lange Zweiachser an – aus gutem Grund. Mit der Länge ist viel Kapazität verbunden: Ansehnliche Stauvolumina für den einzelnen Passagier (maximal 55) von 198 Litern liegen an, also immer nahe am inoffiziellen Referenzwert von 200 Litern. Zudem brilliert der Mercedes aufgrund seines relativ geringen Leergewichtes mit mehr als fünf Tonnen Nutzlast, für echte 19,5 t zGG fehlen dem Testwagen aber die 8-Tonnen-Vorderachse sowie tragfähigere Reifen. Der mit fast sieben Metern extrem lange Radstand sorgt dabei nicht nur für üppigen Stauraum, auch der Wendekreis wächst auf über 23 Meter. Trotzdem bleibt der Wagen immer handlich, nachdem sich der Fahrer auf die Proportionen ausreichend eingelassen hat. Zudem hilft der Sideguard Assist exquisit beim Rechtskurvenfahren. Weitere Sperenzien wie einen Heckeinstieg, erhältlich für einige Setra-Comfort-Class-Modelle, gönnt Daimler dem Allround-Reisebus nicht – praktische Staufächer über den Achsen sind aber selbstverständlich. Die weiteren Features von Karosserie und Konzept haben wir ausführlich schon in Heft 8/2017 vorgestellt.Ähnlich unspektakulär wie das Design, aber immer souverän zeigt sich der kompakte Sechszylinder OM 470, dessen Leistung für den neuen Tourismo auf 456 PS und 2.200 Nm Drehmoment aufgebohrt wurde und haustypisch mit dem eigenen automatisierten Getriebe Powershift 8 garniert ist – der OM 471 mit bis zu 510 PS Leistung ist nunmehr vollends der Premiummarke Setra vorbehalten.
Da die Spreizung der acht Gänge nicht so groß ausfällt wie beim gerade erneuerten 12-Gang-Getriebe von ZF (der Quotient beträgt nur 10,4 statt satter 16,7), tun die Mannheimer gut daran, dem Getriebe einen Dynamikmodus mit auf den Weg zu geben. Der hebt das sonst sehr niedrige, fast schon phlegmatische Drehzahlniveau um 200 Touren an und lässt einen den Bus dann um einiges agiler bewegen. Der Triebstrang ist derart perfekt und fahrgastfreundlich abgestimmt, dass man ihm außer einer kleinen Gedenksekunde beim Anfahren kaum etwas ernsthaft ankreiden kann. Der gute Durchschnitts- und Konstantverbrauch bestätigt obendrein die erfolgreichen Bemühungen der jüngsten Effizienzsteigerung des Motors. Der höhere Gesamtverbrauch auf der lastauto-Strecke gegenüber dem IBC-Test (20,72 l/100 km) ist dem deutlich höheren Landstraßenanteil geschuldet. Doch der Tourismo liegt immer noch sehr gut im Wettbewerberfeld (eine Übersicht über die Verbräuche seit 2014 finden Sie im nächsten Heft). Zudem lassen sich mit dem prädiktiven Tempomaten PPC auf der optimalen Daimler-Hausstrecke auf der hügeligen A 6 enorme Einsparungen von bis zu 15 Prozent rausholen (siehe Tabelle Seite 58). Zumindest dann, wenn wenig Lkw in die Quere kommen. Man darf gespannt sein, wann die nächste Version des PPC-Tempomaten aus dem neuen Actros Einzug hält, die auch auf der Landstraße aktiv sein soll und so noch öfter im Effizienz-Einsatz ist.

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