Fahrbericht MAN Lion’s Intercity LE: Das Beste aus zwei Welten

Fahrbericht MAN Lion’s Intercity LE
Das Beste aus zwei Welten

Vorstellung: MAN tat sich beim Thema preiswerter Low-Entry-Busse bisher eher schwer. Der neue Lion’s Intercity LE soll es mit hoher Flexibilität und schicker Schale besser machen. Wir stellen ihn exklusiv vor.

man, lion, intercity, le, bus, überlandbus
Foto: MAN

Früher war alles einfacher: Stadtverkehr bedeutete ab den 1980er-Jahren zumeist Niederflurtechnik. Im Überlandverkehr war der Hochbodenbus, gern mit förderfähigen 860 Millimeter Bodenhöhe, das Beförderungsmittel der Wahl. Doch die Ansprüche wurden höher, die Fördertöpfe kleiner, und die gesetzlichen und ausschreibungstechnischen Forderungen für Barrierefreiheit stiegen zuverlässig. Die Lösung dieser Zwickmühle hieß dann zuerst in Skandinavien und später in ganz Europa immer häufiger: Low-Entry-Busse, die bis zu Tür zwei niederflurig sind, aber im Heck einen Hochbodenwagen abbilden und somit viele Sitze in Fahrtrichtung bieten. Weiterer theoretischer Vorteil dieses konstruktiven Kniffs, der nicht immer auch in der Praxis spürbare Auswirkungen findet, ist die Tatsache, dass im Heck keine aufwendige Portalachse verbaut werden muss – und auch viel Platz für die stehenden Motoren ist, die sich weitgehend gegen ihre liegenden Brüder durchgesetzt haben. Das Fahrzeug sollte also rein theoretisch etwas preiswerter sein als ein reinrassiger Niederflurwagen.

Nicht so bei Mercedes-Benz, wo man den Citaro LE direkt vom Niederflur-Bestseller abgeleitet hatte. Schicke Schale mit Top-Technik – zum Top-Preis. Die Verkaufszahlen alles andere als gut. Das Gegenteil ist bei Setra seit rund fünf Jahren zu betrachten: ein Wagen, der aus einem Hochbodenmodell und der eingestellten NF-Baureihe kombiniert wurde, dazu mit robuster, aber alter Baureihe-400-Technik. Modernes Design? Ist rudimentär vorhanden. Der Erfolg? Grandios! 2019 wurden rund 1.200 Busse abgesetzt, wie man in Wörth am Rande einer Veranstaltung erfahren konnte. 2020 konnte die Ulmer Premiummarke mit dem "entfeinerten" Modell in Deutschland das Überlandsegment (23,8 Prozent aller Buszulassungen, siehe Heft 4/2020) sogar überraschend dominieren.

Effizientes Einstiegsmodell für das preissensible Low-Entry-Segment

Wettbewerber MAN begnügte sich bisher mit dem von uns schon museal geziehenen Lion’s City LE (A78), der seine Wurzeln in türkischer Technik aus den 1990er-Jahren hat, sich aber immer noch anständig verkaufen soll. Der Stadtbus Lion’s City wiederum wurde bis 2019 auf heftige schwedische Avancen des dortigen Vertriebs hin kurzerhand mittels massiven Holzbretts über der Niederflurtechnik im Heck in den LE-Adelsstand erhoben – ein eigentümlich pragmatisches Vorgehen, das allerdings konsequent durch alle Baumuster durchgezogen wurde. Nun musste dringend ein neues Modell her, um den alten A78 abzulösen und einen Fake-Low-Entry wie beim alten Stadtbus zu vermeiden. Was läge da näher, als sich den Erfolg der Ulmer Kollegen mit dem Setra LE Business zum Vorbild zu nehmen und einen vorhandenen Hochbodenwagen mit einem Niederflurvorderwagen zu vermählen? Zumal der nun auf neuer Technik basiert und eine lang ersehnte Einzelradaufhängung verpasst bekommen hat. Auch nach dem Heckteil mussten die Ingenieure in München und Ankara nicht lange suchen: der 2015 auf Chassis-Basis realisierte Lion’s Intercity, dem zumindest in Deutschland bisher kein großer Durchbruch zuteil geworden ist. Seit dem Jahr 2020 versucht der eher schlicht gehaltene Wagen, die Kunden mit dem stärkeren D15-Motor zu verführen – Corona kam dann leider dazwischen. Ziel des gesamten LE-Unterfangens ist es laut Launch-Manager Sebastian Römer, "ein neues, effizientes Einstiegsmodell für das preissensible Low-Entry-Segment anzubieten, das eine größtmögliche Flexibilität bietet". Und nicht nur das. Es soll auch durch sein Design bestechen, das sich nahtlos in die aktuelle MAN-Familie einfügt.

man, lion, intercity, le, bus, überlandbus
Der helle und freundliche Innenraum bietet vorn eine Stehhöhe von mehr als 2,70 ­Metern, hinten steigen die Sitzreihen dezent an – ­beste Aussicht garantiert.

Der neue Low-Entry-Wagen soll in drei Längen, zwei Zweiachser und im Unterschied zu den Basisfahrzeugen auch ein Dreiachser (allerdings erst mit Produktionsbeginn Anfang 2024), verfügbar sein. Das dann jeweils in einer stadtorientierten und einer überlandorientierten Variante, wenn die Modelle auch nicht so benannt werden, sondern nur durch die internen Typkürzel zu unterscheiden sein werden. 2022 laufen zuerst die beiden 12,45 und 13,15 Meter langen Zweiachser des Typs 42 C/43 C in Intercity-Version an, ab 2023 folgt dann mit den City-Modellen auch das Efficient-Hybrid-System, das auch hier über eine Start-Stopp-Automatik verfügt. Immerhin der erste Überlandbus mit einem rudimentär alternativen Antrieb bei MAN – bei aller Batterie-Euphorie im VW-Konzern. Eine rein elektrische Variante dürfte aber noch einige Jahre auf sich warten lassen. Das Überlandsegment wird bisher von vielen Herstellern noch sträflich vernachlässigt. Die konkreten Unterscheidungsmerkmale der beiden Varianten überraschen nicht weiter, die Parameter sind branchenweit gesetzt: Podeste, Türbreiten, Reifengrößen, Gepäckablagen mit Servicesets, Sitztypen. Alles weitgehend frei und flexibel konfigurierbar. Als Besonderheit bietet MAN den Fahrerarbeitsplatz des Lion’s Intercity an (die ellipsoide "Pille" auf Lkw-Basis) oder das neue, VDV-konforme Cockpit aus dem aktuellen Stadtbus. Die Gepäckablagen reichen im Fall von Verzicht auf Podeste weiter nach unten als mit Podesten – durchaus clever!

Ihre Vorteile mit Digitalabo
  • Zugang zu allen Webseiteninhalten
  • Kostenloser PDF-Download der Ausgaben
  • Preisvorteil für Schulungen und im Shop

Sie haben bereits ein Digitalabo? Hier einloggen.

DEKRA Mitglieder0,00 Euro*

* Sie sind DEKRA-Mitglied? Dann loggen Sie sich ein und ergänzen ggf. in Ihrem Profil Ihre DEKRA-Mitglieds-Nummer.

Mitgliedsnummer ergänzen
Digitalabo
ab
1,88 Euro*pro Monat

* Jahrespreis 22,65 Euro, Preis für FERNFAHRER Flexabo Digital in Deutschland,flexible Laufzeit, jederzeit kündbar.

Weiter zum Kauf