Vor Gericht: Aufgepasst bei Falschaussagen

Vor Gericht
Aufgepasst bei Falschaussagen

Ein Fahrer macht dem anderen unnötig das Leben schwer. Erst wird die Straße zum Spielfeld von Wut und Frust, dann der Gerichtssaal.

Aufgepasst bei Falschaussagen
Foto: Autobahnkanzlei

Der Albtraum ist vorbei, das Urteil ist gesprochen. Der Richter räumt seine Akten zusammen. Björn* verlässt mit Autobahnanwalt Alexander Rietesel den Saal. Auf dem Flur steht eine Bank. Björn bricht auf dieser fast zusammen. Sitzend hält er den Kopf zwischen den ­Händen, schaut seinen Anwalt an und fragt mit dem Blick der Verzweiflung: „Was ist nur los in diesem Land?! Kann hier jeder jeden ­anschwärzen?“ Drehen wir die Zeit ein wenig zurück. Das ganze Drama beginnt vor gut einem Jahr: Björn kann sich noch ganz genau an diesen Samstagvormittag erinnern. Mit seiner Familie sitzt er beim Frühstück. Die Ruhe wird unterbrochen, als die Briefträgerin klingelt. Sie hat einen Umschlag für Björn. Von der Polizeiinspektion?! Sein erster Gedanke ist: Die wollen sicher seine Hilfe. Er macht den Umschlag auf und liest, dass gegen ihn ermittelt wird wegen Unfallflucht. Björn atmet durch. Unfallflucht?! Das gibt’s doch nicht! „Warum das denn?“, fragt er laut am Frühstückstisch. „Ich bin doch versichert. Wenn etwas passiert, dann steht man dazu. Das muss ein Irrtum sein!“

Fahrer wird der Unfallflucht beschuldigt

Er ruft sofort bei der Polizeiinspektion an. Der Sachbearbeiter ist nicht da. Björn wird auf Anfang kommender Woche vertröstet. Vom Fußballplatz kennt er mich und hat noch meine Visitenkarte. Wir verabreden uns drei Stunden später in der Kanzlei. Ich schaue mir den Brief an: tatsächlich Unfallflucht. Der Beschuldigte ist Björn. Die Alarmglocken läuten. Unfallflucht ist ein heißes Eisen. Da drohen nicht nur Geldstrafe und Punkte, da droht vor allem eines: Führerscheinentzug. Über den Schadensumfang steht nichts im Brief. Es ist fatal. Auch ich erreiche bei der Polizei niemanden. Ich muss Björn auf Montag vertrösten. Viel Beruhigendes kann ich ihm nicht sagen. Auffallend ist allerdings, dass es zwei Monate gedauert hat, bis das Schreiben kam. Wenn es um einen Fall ginge, bei dem der Führerscheinentzug drohen würde und der Schaden groß wäre, dann hätte Björn mit Sicherheit schon eher etwas gehört. Wir rufen gleich noch bei Björns Chef an. Der kontaktiert seinen Versicherungsvertreter. Ein Schaden ist dort noch gar nicht gemeldet. Der Schaden kann also so groß gar nicht sein. Das ist beruhigend.

Am Montag früh um sechs Uhr kann ich den Polizeibeamten erreichen. Der teilt mir den Schadensumfang mit: 80 Euro, ein Kratzer am Spiegel eines anderen Lkw. Eine Bagatelle, so formuliert es der Poli­zist selbst. „Aber stell dich auf was ein“, meint er zu mir. „Der Erstatter der Anzeige steht alle paar Tage hier und fragt, was bei dem Verfahren herausgekommen ist.“ Ich rufe sofort Björn an, informiere ihn darüber, dass die Unfallflucht im Bagatellbereich liegt. Ich gehe davon aus, dass das Verfahren eingestellt werden wird. Über Führerscheinentzug und andere existenzbedrohende Dinge braucht er sich keine Sorgen zu machen. Auch ein Fahrverbot kommt bei so etwas nicht in Betracht. Ich setze ein Schreiben an die Polizei auf und teile mit, dass eine Stellungnahme erst nach Akteneinsicht erfolgt. Wir werden uns schriftlich gegenüber der Staatsanwaltschaft äußern.

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