Nachdem der durch die Lokführergewerkschaft GDL ausgerufene Streik bei der Deutschen Bahn am Freitagmorgen beendet wurde, steht offenbar eine zweite Streikwelle bevor.
Bis Dienstag ist erst einmal Ruhe angesagt, dann will die GDL gemeinsam mit dem DBB Beamtenbund am Firmensitz des Unternehmens in Berlin demonstrieren. Das Bahnmanagement solle diese Aktion sehr ernst nehmen, drohte GDL-Chef Claus Weselsky. „Die Wut der Eisenbahner über dieses Management wächst stündlich.“ Wenn sich der Konzern nicht bewege, solle es in Kürze wieder zum Arbeitskampf kommen.
300 Güterzüge ausgebremst - Lieferketten aus dem Takt
Der GDL-Streik habe dem Schienengüterverkehr und seinen Kunden in Deutschland stark geschadet, bilanziert die Deutsche Bahn nach den Streiks von Mittwoch bis Freitag. „Rund 300 Güterzüge von DB Cargo wurden ausgebremst und damit die Lieferketten aus dem Gleichgewicht gebracht.“ Auch hätten Züge aus dem Ausland teilweise nicht an den Grenzen übernommen werden können. „Der Streik hat somit auch auf das europäische Ausland ausgestrahlt“, betont der Konzern. Er sei ein Rückschlag für den klimafreundlichen Schienengüterverkehr, da er Kunden verunsichert habe und damit eine Rückverlagerung von Transporten auf die Straße drohen könnte. DB Cargo arbeitet mit Hochdruck daran, den Rückstau an Zügen abzubauen.
GDL: Bahn lehnt Corona-Prämie ab
Der GDL-Chef verlangte der Bahnkonzern müsse sich von seiner Eskalations- und Täuschungsstrategie schnell verabschieden und ein verhandlungsfähiges Angebot auf den Tisch legen. Die bisherigen Angebote lägen immer noch weit unter dem Schlichtungsergebnis vom vergangenen Jahr. Die GDL fordert mehr Lohn ab April 2021 und nicht erst im Jahr 2022, eine zweite Erhöhung biete die DB nicht 2022, sondern ein Jahr später an. Außerdem werde eine Corona-Prämie in Höhe von 600 Euro abgelehnt und es stünden Einbußen bei den Betriebsrenten um bis zu einem Drittel an.
Staatssekretär vermutet politische Ziele
Den Vorwurf eines in Deutschland untersagten politischen Streiks hat die Gewerkschaft „aufs Schärfste“ zurückgewiesen. Das „direkte Personal“ kämpfe für verbesserte Entgelt- und Arbeitsbedingungen und für nichts anderes. Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann (CDU) sieht das nicht so. Man könne der GDL unterstellen, dass es ihr nicht um eine höhere Bezahlung der Mitarbeiter gehe, sondern um politische Ziele, hatte er tags zuvor gesagt. Er befürchte, dass es keine kurzfristige Entschärfung bei den Streiks geben wird, betonte Ferlemann bei einer virtuellen Pressekonferenz.
BMVI will kein anders Tarifrecht
Es gehe nur formal um Tarife, und in Wahrheit um andere Themen, hielt er fest. Die Gewerkschaft wolle einerseits das Tarifrecht wieder zum ursprünglichen hin verändern und dringe außerdem auf eine Trennung von Netz und Betrieb bei der DB. Man werde eine Linie finden müssen, bei der beide im DB-Konzern vertretenen Gewerkschaften ihre Rechte hätten. „Es kann nicht sein, dass jeweils eine Spartengewerkschaft ein ganzes System stilllegt“, sagte der Staatssekretär. Das BMVI plane keine Änderungen des Tarifrechts.