15. ADAC TruckSymposium Fahrermangel, Antriebswende, Infrastruktur

Foto: Markus Bauer

Truck-Grand-Prix ist nicht nur Rennsport und Festival – auch ernstere Themen bekommen hier ihre Bühne beim TruckSymposium am Freitag.

2022 haben sich die Organisatoren des ADAC TruckSymposiums nicht weniger als DIE bestimmenden Themen der Branche als Programmpunkte ausgesucht: Wie steht es um unsere Straßeninfrastruktur? Wie kann man mehr Menschen für den Fahrerberuf begeistern? Und wo geht die Reise des Lkw-Antriebs hin?

23.000 Stellplätze fehlen

Auf der Aufgabenliste der Autobahn GmbH stehen zwei Dinge an oberster Stelle: Brücken und Stellplätze. Wie Stephan Krenz, Vorsitzender der Geschäftsführung der Autobahn GmbH in seinem Vortrag erklärt, fehlt aktuell eine enorme Zahl an Lkw-Stellplätzen an den Autobahnen. So seien 80 Prozent der Autobahnen nicht ausreichend ausgerüstet – in Zahlen fehlen 23.000 Stück. Natürlich wolle man das ändern. Doch es gibt einige Hürden. Das Eine ist das Baurecht samt entsprechender Genehmigungsverfahren. Das Andere sind die Kommunen, die „mehr Lkw“ befürchten, aber weitere an sich unbegründete Vorurteile wie eine vermeintlich ansteigende Kriminalität hegen.

Truck-Grand-Prix 2022
Messe trifft Motorsport

Das Kapitel Brücken steht unter einem ähnlich problematischen Stern. Die Brückenbauten seien in der Vergangenheit, beispielsweise in den 1970er Jahren schlicht mit einer viel zu geringen Lastprognose gebaut worden, genauer gesagt gerade einmal der Hälfte, die heutigen Zahl. Entsprechend verringerten sich laut Krenz auch die Betriebszeiten der Brücken. Zwar arbeite man mit Hochdruck daran, eine allzu schnelle Lösung scheitere aber allein an der Verfügbarkeit der nötigen Bauingenieure. Dabei erstrecken sich die Baustellen schon jetzt auf acht Prozent aller rund 13.200 Kilometer Autobahn.

Bei den Kapazitätsproblemen auf und abseits der Autobahn soll auch die Digitalisierung helfen, zum Beispiel mit freigegebenen Seitenstreifen oder dynamischen Tempolimits. So wolle man die Kapazität der vorhandenen Fernstraßen um 20 bis 30 Prozent erhöhen, oder vielmehr besser ausnutzen. Auf den Parkplätzen erprobt die Autobahn GmbH aktuell Laserscanner, die freie Parkflächen erfassen und so helfen, diese besser auszunutzen.

Autonomes Fahren verringert nicht den Bedarf an Fahrern

Die Autobahn will die Infrastruktur auf Vordermann bringen. Der Verein PROFI richtet sich an die, die diese Infrastruktur nutzen – die Lkw-Fahrerinnen und Fahrer. Das Ziel ist klar: Der Fahrerberuf muss attraktiver werden und das Ansehen in der Gesellschaft für diesen essenziellen Job muss verbessert werden. Der Fahrermangel ist schließlich eklatant. Jährlich fehlen laut Experteneinschätzung zwischen 45.000 und 60.000 Fahrer. Und der Stress am Steuer, so PROFI-Vorstandsmitglied Ralf Merkelbach, nimmt kontinuierlich zu. Parkplatznot ist das Eine. Die Wertschätzung an der Rampe und im Verkehr neben Pkw-Fahrern ist das Andere.

Zudem näherten sich viele Fahrer langsam aber sicher dem Rentenalter. Nachwuchs ist rar. 2021 kamen über alle drei Ausbildungsjahre weniger als 10.000 junge Menschen zusammen. Dem gegenüber stehen 15.000 Fahrer, die früher jährlich von der Bundeswehr mit einem Lkw-Führerschein versorgt wurden – Vergangenheit. Darum formuliert Merkelbach unter anderem die Forderung, dass das öffentliche Ansehen der Lkw-Fahrer besser werden MUSS, verbunden mit einem Appell an Kunden und Verlader, die Situation an den Rampen signifikant zu verbessern. Zudem müssten auch aus Verkehrssicherheitsgründen mehr Parkplätze geschaffen werden.

Wie fahren wir in Zukunft?

„LNG ist tot.“ Das ist eine markige Aussage aus dem Vortrag von Gerhard Grünig, ebenfalls Vorstandsmitglied bei PROFI, zur aktuellen Antriebswende. Spätestens mit Ende der Mautvorteile verpufften die Vorteile der Gas-Lkw. Bei Betrachtung der TCO auf drei Jahre liegen diese deutlich über den Diesel-Pendants. Beim Blick auf die anderen „alternativen“ Antriebstechnologien scheint der Königsweg noch nicht gefunden zu sein. Den E-Lkw plagten demnach nach wie vor „Probleme wie vor 100 Jahren“. Dabei ist die Technik durchaus vielversprechend und gilt ja auch als einer der favorisierten Wege, wenn auch beim Lkw deutlich differenzierter als im Pkw. Aktuelle Modelle decken in Performance und auch Reichweite sehr viele Einsatzgebiete ab. Batterien haben sich über die letzten Jahre gut weiterentwickelt, was Energiedichte pro Tonne, aber auch Kosten pro Kilowattstunde betrifft. Was hinterherhinkt, ist wie auch beim Pkw die Ladeinfrastruktur. Und, wie Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des BGL und Moderator des Symposiums später noch hinzufügen wird: Um Pkw, Busse und Lkw in Deutschland komplett mit Strom zu versorgen sei eine sechsstellige Menge an Windrädern erforderlich oder 61 Kernkraftwerke vom Kaliber Biblis.

Bis 2030 ein Mix aus verschiedenen Antriebsarten

Doch schließlich wird auch immer wieder die Technologieoffenheit in der Antriebstransformation gefordert. So haben, führt Grünig weiter aus, auch Plug-in-Hybride im Lkw anders als im Pkw durchaus ihren Sinn. Der Diesel bringt den Lkw über die Langstrecke, der Elektromotor lässt ihn dann lärmarm und lokal emissionsfrei durch die Stadt gleiten. Zudem sei mindestens bis 2030 ohnehin eine entsprechende Technologieoffenheit unausweichlich. Der Mix macht’s. Je nach Anforderungsprofil und nötiger Reichweite verlaufen die Grenzen fließend zwischen Batterieelektrik und Brennstoffzelle, Diesel oder auch synthetische Kraftstoffe oder Gas.

Eines hat der Stromer aktuell immerhin dem Gas-Lkw voraus: Mit dem Geld aus aktuellen Fördertöpfen, Mautbefreiung und anständigen Strompreisen liegen die Gesamtbetriebskosten auf drei Jahre ein Stück unter denen eines Diesel-Lkw. Trotz 80 Förderung der Mehrkosten bliebe das Fahrzeug an sich aber deutlich preisintensiver als der Diesel. Als Beispiel sei ein DAF CF genannt, der als Stromer mit zwischen 350.000 und 370.000 Euro zu Buche schlägt.

Und so schließt sich der Kreis. Denn ebenso wie der Stromer den Diesel schlägt, mit dem Zusammenspiel aus Maut, Förderung und Energiepreisen, kann auch für die Transportbranche an sich die Rechnung nur aufgehen, wenn das Angebot an motivierten und qualifizierten Fahrerinnen und Fahrern, einer guten Infrastruktur und den richtigen Antrieben für die Zukunft stimmt.

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