Nicolas Tractomas TR 8x8 D75 Das Drehmomentmonster

Tractomas TR 8x8 D75 Foto: Volker Hammermeister 9 Bilder

Es kann nur einen geben. Mit dem Tractomas TR 8x8 legt sich niemand an: 900 PS, Zwölfzylinder, 4.000 Newtonmeter, 1.000 Tonnen am Haken.

Sieht aus wie ein Spielzeug. Natürlich nicht der Tractomas TR 8x8, aber die Renault-Kerax-Kabine, die zierlich wie ein Sahnehäubchen über der martialischen Basis thront. Darüber ein massiver Überrollbügel. Ob dieses Haus auf Rädern überhaupt umfallen kann? Egal. So sind nun mal die Vorschriften in vielen Minen dieser Welt. Eine Gangway führt wie bei einer Jacht auf die Galerien in der ersten Etage. Gitterstufen zeigen schon: Dieser Kerl ist fürs Grobe gemacht. Dreck und Matsch, der von den Stiefeln tropft, kann direkt durchfallen, wie praktisch. Dann mal rein in die gute Stube. Nein, nicht linksrum, die andere Seite: Rechtslenker. Geht nach Australien. Ach so.

Der Koloss produziert unglaubliche 4.000 Newtonmeter

Der Weg führt vorbei an dem massiven Gehäuse einer Klimaanlage, nicht für den Fahrer, aber für den Motor, der Schwerarbeit leistet: ein Caterpillar-Zwölfzylinder, der aus gut 27 Liter Hubraum 900 PS einschenkt, gezähmt von gleich zwei Getrieben, Marke Allison. Doch ist die Leistung nicht alles. Der Koloss produziert unglaubliche 4.000 Newtonmeter Drehmoment bei gerade mal 1.400  Umdrehungen. Damit kann er bis zu 1.000 Tonnen ziehen – Weltrekord.

Türe auf. Hoppla, was ist das? Jede Menge Kunstleder in Rot, das sicher auch Rosemarie Nitribitt für ihren Mercedes SL gefallen hätte, schön gepolstert und abgesteppt. Ein Extra auf Kundenwunsch, das aber an der Größenordnung des Preises für den Tractomas nicht mehr viel ändert: je nach Ausstattung bis zu einer Million Euro. Andere kaufen dafür locker zehn Sattelzugmaschinen. Die machen aber bestimmt nicht so viel Eindruck wie dieser gewaltige Gallier.

Bei konstantem Tempo bleibt der Tractomas stoisch

Doch will der Bock erst noch gestartet werden. Das ist erstaunlich simpel dank vertrautem Renault-Ambiente: Wahlschalter auf N, Schlüssel drehen, läuft, laut und deutlich. Bremse lösen, Schalter auf D, Verteilergetriebeübersetzung wählen, heute "high", weil ohne Last. Und los geht’s. Bei konstantem Tempo bleibt der Tractomas stoisch in einem Gangbereich. Erst bei Vollgas schaltet er weiter hoch, etwas unsanft, weil, eben, ohne Last. Im sechsten Gang sind maximal 63 Stundenkilometer drin. Die Fuhre läuft völlig unproblematisch sauber geradeaus. Auch das Wendemanöver gelingt auf Anhieb. Ist der Wahlhebel auf "R", tut’s allerdings einen Schlag, bis der Gangbereich drin ist. Das ist aber immer so und scheint beim Tractomas ganz normal zu sein. Der mitfahrende Geschäftsführer von Nicolas Industrie, Sébastien Porteu, zeigt auf jeden Fall keinerlei Regung und schaut völlig ungerührt geradeaus beziehungsweise in die Spiegel. Ihn interessiert mehr, ob der Redakteur alle Ecken auf dem Werksgelände dort lässt, wo sie hingehören. Und das neue Design des Tractomas soll ja vor der Auslieferung möglichst auch nicht mehr verändert werden. Die Dimensionen dieser Zugmaschine sind mit einer Höhe des Gefährts von 4,68, einer Breite von 3,48 und einer Länge von 10,65 Metern schon Respekt einflößend. Aber keine Panik, nach ein paar Metern sind sie verinnerlicht. Kunden aus der ganzen Welt ordern das Monster: Süd­afrika, China oder Australien.

Tractomas im Einsatz für den Schwertransport

Der Tractomas wird vorzugsweise in Minen beim Tageabbau eingesetzt oder für den Schwertransport. Es liegen bereits 90 Bestellungen vor. Für Porteu ein sicheres Geschäft. Er kann in Frankreich 20 Fahrzeuge pro Jahr herstellen. Design und Entwicklung des aktuellen Modells haben rund eineinhalb Jahre in Anspruch genommen. Der Erste rollte 1979 aus der Halle in Champs-sur-Yonne bei Auxerre in Frankreich. 2005 schaffte es Nicolas Industrie ins Guinnessbuch der Rekorde mit dem längsten Semi-Truck der Welt für Südafrika: 140 Meter, vier Tractomas D100 10x10 mit je 912 PS. Drei zogen vorne, einer schob hinten, an Bord ein 333 Tonnen  schwerer Transformator von Siemens.

Nicolas Industrie produziert auch Kesselbrücken in allen möglichen Dimensionen, ausgestattet teilweise mit lenkbaren Achsen und eigenen Antrieben. Die Geschichte der Firma, die 1855 gegründet wurde, ist reich an Rekorden. Kein Wunder, wenn sie in dieser extremen und spektakulären Liga antritt. Nicolas Industrie gehört mit Scheuerle in Pfedelbach und Kamag in Ulm seit 1934 zur Transporter-Industry-International-Gruppe (Tii), im Familienbesitz von Otto Retten­maier, Heilbronn. Der Firmenverbund transportiert auf der ganzen Welt so ziemlich alles, was groß und schwer ist, von 40 bis 15.000 Tonnen: Windräder, ganze Bohrinseln, Brückenelemente, U-Boote, Frachter, Fregatten, Kessel, Tagebau-Bagger, Lokomotiven, Flugzeugrümpfe, Raumfähren, Raketen oder den Service-Tower in Cape Canaveral. Das steht heute, Gott sei dank, nicht auf dem Programm. Da wären dann auch wirklich Spezialisten gefragt.

Je nach Einsatz fällt die Ausstattung aus

Je nach Einsatz stehen für den Tractomas unterschiedliche Ausstattungen zur Wahl, beispielsweise eine Halterung für Ersatzräder oder ein 18 Tonnen schwerer Klotz als Ballast für die hinteren Achsen. Es lässt sich auch eine Wohnkabine für den Fahrer bestellen. Dann zeigt sich der "Boss" von seiner fürsorglichen Seite als das vermutlich stärkste Wohnmobil der Welt.

Technische Daten
Nicolas Tractomas TR 8x8
Außenlänge 10.870 mm
Außenhöhe 4.520 mm
Leergewicht 36.000 kg
Kraftstoff Diesel
Tankinhalt 1000.00 l
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