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Zivile Notfallvorsorge BAG sorgt auch in Krisenzeiten für Bewegung

Zivile Notfallvorsorge: Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) sorgt auch in
Krisenzeiten für Bewegung – mithilfe der Spediteure. Zwei Gesetze geben der
Behörde hierfür weit reichende Befugnisse.

Wenn man etwas plant, steht auch die Hoffnung Pate, dass das mit viel Aufwand erstellte Vorhaben irgendwann in die Tat umgesetzt wird. Nicht so bei Dr. Rainer Weck und Otto Schwegmann. Sie verantworten das Referat 23 des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) mit Sitz in Köln. Dieses zeichnet für die Zivile Notfallvorsorge verantwortlich. Grundlage bilden das Verkehrsleistungsgesetz (VerkLG) und das ältere, mittlerweile in den Hintergrund getretene Verkehrssicherstellungsgesetz (VSG). Während das erste bei Umweltkatastrophen, wirtschaftlichen Krisenlagen oder Terroranschlägen zum Tragen kommt, ist das zweite Gesetz für den Spannungs- und Verteidigungsfall bestimmt. »Aufgrund der politischen Lage, und insbesondere dem Wegfall des Ost-West-Konflikts, hat es natürlich an Bedeutung verloren, behält aber weiterhin seine Gültigkeit«, erklärt Referatsleiter Weck. »Es war aber klar, dass wir das Verkehrssicherstellungsgesetz im Katastrophenfall nicht anwenden dürfen«, ergänzt sein Stellvertreter Otto Schwegmann. Selbst bei Terroranschlägen, bei denen rein rechtlich gesehen kein Verteidigungsfall besteht, hätten die Mitarbeiter des BAG die Hände in den Schoß legen müssen. Dabei sei spätestens seit den Hochwassern an Elbe und Oder aber auch vor dem Hintergrund der potenziellen Pandemien wie der Vogelgrippe klar, dass solche Gefahren allgegenwärtig sind. Daher gibt es seit 2004 das Verkehrsleistungsgesetz, welches in diesen Fällen greift.

Auch die rund 600 Speditions- und Logistikunternehmen, die das BAG für den Notfall mit an Bord genommen hat, hoffen wohl, dass der Ernstfall nie eintritt. Viele davon wurden schon zu Zeiten des VSG in das Notfallnetz aufgenommen. Seit in dem neuen Gesetz aber auch Evakuierungen auf der Agenda stehen, kamen noch eine ganze Reihe an Bus- und Reiseunternehmen hinzu. Bei einer Flut wie in Pakistan oder aber einer Pandemie, also einer länderübergreifenden Epidemie, braucht es schließlich auch Fahrzeuge, um die Bevölkerung zu evakuieren. »Wir nehmen niemandem das Fahrzeug weg. Auch entsteht den Unternehmen kein finanzieller Schaden«, sagt Weck. Denn die beauftragten Leistungen rechnet der Bund zu »marktüblichen Preisen« ab. Dabei geht er sozusagen in Vorleistung. »Erst in einem zweiten Schritt wird dann intern geprüft, wer den Einsatz angefordert hat – und somit auch die Kosten tragen muss«, fügt Weck hinzu. Denn der Katastrophenschutz ist eigentlich Ländersache und dort den jeweiligen Innenministerien unterstellt. Wenn die lokalen Behörden allerdings merken, dass die Probleme ihre eigenen Möglichkeiten übersteigen, haben sie die Möglichkeit, den Bund im Rahmen der so genannten Amtshilfe um Unterstützung zu bitten.

»Zunächst muss allerdings die Bundesregierung das Verkehrsleistungsgesetz für anwendbar erklären. Oder umgangssprachlich ausgedrückt, den Notstand ausrufen«, erklärt Schwegmann. Rein theoretisch müssen dann noch die Firmen einen förmlichen Verpflichtungsbescheid erhalten. »Doch da das im Ernstfall zu lange dauert, reicht auch ein Anruf, eine E-Mail oder sogar einfach nur Fernseh- und Radiodurchsagen«, fügt er hinzu. Den schriftlichen Bescheid reicht das BAG dann nach. Schließlich brauchen die beteiligten Unternehmen einen Nachweis, um ihre Auslagen vom Bund einzufordern.
Doch genau diese Schnelligkeit und der gesetzliche Zwang macht vielen Unternehmen Angst. Zu Unrecht, wie Weck betont. Er vertraut lieber auf ein gemeinschaftliches Miteinander. »Unsere Mitarbeiter in den Außenstellen sind daher ständig vor Ort und halten den Kontakt«, sagt Weck. Denn nur wer weiß, wie dringlich diese Dienste sind und auch den Ablauf kennt, fühlt sich im Ernstfall nicht überrumpelt oder gar hintergangen. Die Hilfe verweigern darf zwar aus gesetzlicher Sicht niemand. »Aber wer uns freiwillig und aus der Dringlichkeit heraus beisteht, leistet sicherlich bessere Arbeit«, ist sich der Referatsleiter sicher. Für die eigentliche Datenerhebung sind die Unternehmensbesuche nämlich nur bedingt nötig. Das BAG nutzt hierfür die Eintragungen im Kraftfahrt-Bundesamt. Dort hat es Zugriff auf die Daten aller Nutzfahrzeuge. Anhand der Schlüsselnummer lässt sich ersehen, um welches Fahrzeug es sich handelt und um welchen Aufbau. Selbiges gilt übrigens auch für die Trailer. Der Halter ist natürlich ebenfalls hinterlegt. »Wir haben demnach eine recht genaue Vorstellung davon, was sich in welchem Fuhrpark befindet«, sagt Schwegmann. Die Daten werden alle drei Monate automatisch überprüft, sind also immer aktuell. »Wobei die Datensicherheit gewährleistet ist«, ergänzt Weck. Das BAG gibt keine Informationen nach außen. »Gelegentlich fragen die Katastrophenschutz-Behörden der Länder an, ob sie ihren eigenen Datenbestand durch unsere ergänzen können. Das lehnen wir natürlich ab«, sagt Weck in seiner Funktion als Datenschutzbeauftragter des BAG. 

Eine Ausnahme gibt es allerdings: Wenn die Behörde nachweisen kann, dass die dort vorhandenen Informationen im Katastrophenfall nicht mehr zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit genügen, darf das BAG im Rahmen der Amtshilfe die Daten weitergeben. Letztlich haben die Unternehmen aber nicht nur eine Bringschuld. Im Hinblick auf das VSG sind deren Telefonnummern bei der Bundesnetzagentur hinterlegt. Diese Leitungen werden im Spannungs- oder Verteidigungsfall nicht abgeschaltet. Kommt es etwa durch Witterungseinflüsse in Friedenszeitenzu Ausfällen, stehen sie bei der Reparaturliste ganz oben. Ein Mal im Jahr geht es im Referat 23 übrigens trotzdem hoch her. Dann wird nämlich nicht mehr geplant, sondern  es werden die »Einsatzkräfte« koordiniert. Ob Pandemie oder Terroranschlag – es war alles schon dabei. »Zum Glück allerdings nur als Übung«, sagt Rainer Weck während sein Stellvertreter Otto Schwegmann beipflichtend nickt. Denn trotz aller Bemühung der BAG-Mitarbeiter ist keiner der beiden traurig, wenn die Pläne weiterhin in der Schublade bleiben.

Wer darf Hilfe anfordern?
In der entsprechenden Verwaltungsvorschrift zum VerkLG ist geregelt, welche Behörden die so genannten Verkehrsleistungen überhaupt anfordern dürfen. Dies sind:
- das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
- die Bundeszentrale des Technischen Hilfswerks
- die Polizei-Präsidien
- das Bundesamt für Wehrverwaltung
- die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
- das Robert-Koch-Institut
- das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
- die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information

Die Behörde
Das Referat 23, Zivile Notfallvorsorge, ist Teil des Bundesamts für Güterverkehr. Es hat 20 Mitarbeiter, ist jedoch dezentral organisiert: Lediglich fünf davon arbeiten in der Zentrale in Köln. Die restlichen verteilen sich auf sieben lokale Standorte (siehe Karte). In der Zentrale findet die gesamte Planung statt. Die Beschäftigten in den Außenstellen wiederum zeigen regelmäßig Präsenz bei den Unternehmen vor Ort. Sie stehen für Fragen rund um die Zivile Notfallvorsorge und deren Tragweite für die Firmen zur Verfügung. Darüber hinaus treten sie oft auch als Mittler zu anderen Fachreferaten des BAG auf. Etwa dann, wenn es zu Fragen über die Maut kommt.

Der Ernstfall
Egal ob Terroranschlag, Flut oder Pandemie – der Katastrophenschutz liegt zunächst bei den Ländern. Eine entsprechende Stelle gibt es in jedem Innenministerium. Ist es nicht möglich, das Problem selbst zu lösen, informieren sie den Bund. Im nächsten Schritt muss die Bundesregierung den Katastrophenfall feststellen. Ab diesem Zeitpunkt ist unter anderem das Referat 23 für Zivile Notfallvorsorge des BAG aktiv. Es übernimmt als Stabstelle die Koordination und informiert die eingebundenen Unternehmen. Die Firmen wiederum tun in diesem Fall nichts anderes als sonst auch: Sie stellen ihr Know-how in Sachen Speditions- und Logistikdienstleistungen lediglich einem anderen Auftraggeber in Rechnung – dem Bund. Die Unternehmen sind übrigens aufgrund eines so genannten Verpflichtungsbescheids, wie der Name schon sagt, zur Mithilfe verpflichtet. Sie erhalten für ihre Leistungen aber die marktüblichen Preise. Denn ein finanzieller Schaden darf ihnen nicht entstehen.

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