ZF-Getriebefertigung Harte Schale, weicher Kern

Foto: Volker Hammermeister 16 Bilder

Die AS Tronic ist das erfolgreichste automatische Getriebesystem für schwere Nutzfahrzeuge. Aber wie entsteht es eigentlich? Ein Blick hinter die Kulissen.

Hohe Hallen, Tageslicht, gedämpfte Musik, klimatisierte Luft, teure Produktionsmaschinen und höchste Präzision in der Hightech-Fertigung von Lkw-Getrieben bei ZF in Friedrichshafen – und doch stehen in einer Ecke verbeulte Boxen mit grob geschmiedeten, wie zufällig von Riesenhand hineingeworfenen Scheiben, ein wilder Haufen. Aber so fängt es immer an. Die Rohlinge sind zu Höherem bestimmt. Ihre Gestalt lässt die spätere Form der Zahnräder schon ahnen. Doch davor steht der Veredelungsprozess bei ZF.

Wir sind in der Zahnradfertigung. Hier entstehen im Dreischichtbetrieb jährlich drei Millionen Zahnräder an 150 Werkzeugmaschinen, auch für die AS Tronic, die jetzt gerade mit ­einer Million produzierten Exemplaren Jubiläum feierte. Doch bis zum fertigen ­Produkt ist es ein komplizierter Weg.

Die Drehmaschine macht den Anfang

Als erste Station wartet eine Drehmaschine. Zwei Spindeln schälen aus dem grauen Rohling die spätere Kontur des Zahnrads. Das sieht mit einem Mal schon sehr vorzeigbar aus. Die glänzende Oberfläche spiegelt das Hallenlicht wider. Das Halbfertigteil erhält beim Wälzstoßen die Innen- und beim Wälzfräsen die Außenverzahnung. Öl kühlt den Prozess. Der Flankenkantenbruch entfernt Grate. Nach dem Waschen ist die sogenannte Weichbearbeitung abgeschlossen.

Das Rad wird nun in das Flammenmeer des Druckstoßofens entlassen und bei 930 bis 950 Grad unter Zuführung von Kohlenstoff gehärtet. Nach der Reinigung steht schon die Strahlmaschine bereit, die unerbittlich Tausende Stahlkügelchen auf das Zahnrad abfeuert. Wer bei diesem Prozess Hitze, Lärm oder Geruch erwartet, wird enttäuscht. Der ganze Ablauf ist komplett eingehaust und gekapselt, eine ergonomisch perfekte Lösung.

Nach der Wärmebehandlung wird der Innendurchmesser geschliffen, im letzten Prozess dann auch die Verzahnung. Dies geschieht mit einer Korundschleifschnecke, die mit Hilfe ­eines diamantbeschichteten Abrichtwerkzeugs in Form gebracht wird. Das Zahnrad erscheint jetzt in vornehmem Grau mit glänzend geschliffenen Oberflächen. Es ist durch die Härterei im Kern sehr zäh, außen besitzt das Zahnrad eine sehr harte Schale. Durch die Kombination aus beiden Eigenschaften ist es perfekt auf die Aufgaben im Getriebe abgestimmt.

Präzise Zahnflanken

Die Anforderungen an die Produktion sind sehr hoch. Die Zahnflanken müssen so gefertigt sein, dass die Räder später sauber ineinandergreifen. Die Toleranzen betragen nur wenige µ. Daher kommt auf die Mitarbeiter eine besondere Verantwortung zu. Sie sind neben der Produktion auch für die Qualität verantwortlich. Das ist bei ZF ein durchgängiges Prinzip. Durch die Koppelung von Herstellung und Qualitätssicherung sind die Mitarbeiter in der Lage, schnell zu reagieren, wenn Toleranzgrenzen in Sicht sind, weil etwa Werkzeuge schneller verschleißen, als es ihre Standzeit verspricht.

Doch Zahnräder allein machen noch ­kein Getriebe. Die nächste Produktion liefert die Haupt-, Antriebs- und Vorgelegewellen. Dort sind die Bearbeitungsschritte ganz ähnlich wie bei der Herstellung des Zahnrads. Am Anfang steht das formgeschmiedete Rohteil. Es folgt die Bearbeitung im Weich- und Hartbereich.

In der Wellenfertigung sind sogenannte Inseln wie ein U aufgebaut. „Insel 5.2“ empfängt gerade Rohwellen vom Rohteilbahnhof. Der Mitarbeiter bedient einen Kran mit Greifer, der sie auf einem automatischen Magazin ablegt. Von dort wandern sie rechts in das U: in einen gekapselten Verbund von sieben Bearbeitungsmaschinen, der wie ein Schlauch nach 30 Metern einen scharfen Knick macht und parallel zum ersten Schenkel wieder nach vorne führt. Dort erscheinen die Wellen nach der Weichbehandlung derart in Hochglanz, dass jede Christbaumkugel sofort erröten würde.

Das U hilft bei der Kontrolle

Das U macht Sinn, denn so können die Mitarbeiter den gesamten Prozess kontrollieren und sind bei Störungen schnell zur Stelle. Auch hier ist die permanente Kontrolle Teil des Systems. Die Komponenten werden in allen Dimensionen automatisch exakt vermessen und die Ergebnisse vor Ort grafisch angezeigt. Ein Teil der Qualitätskontrolle findet aber auch außerhalb der Insel innerhalb eines klimatisierten Messraums bei einer konstanten Normtemperatur statt. Aber immer sind es die Mitarbeiter selbst, die für den Check verantwortlich sind. Überhaupt steht bei ZF nicht nur die höchste Qualität der Produkte im Fokus, sondern auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Sie wurden etwa bei der Konzeption von Insel 5.2 in die Planung mit einbezogen. Sie bauten nach ihren Vorstellungen aus Karton und Lego die Vorrichtungen für ihre Werkzeuge, die sie zum Rüsten brauchen. Auch den täglichen Schichtbetrieb organisieren die Gruppen selbst. In der Montage wird schließlich verheiratet, wie die Werker sagen. Zuvor bestückt aber ein Mitarbeiter im Takt des Hauptbandes einen Wagen in der Kommissionierzone mit den nötigen Kom­ponenten für die AS Tronic. An jeder Entnahmestelle leuchtet ein Lämpchen auf. In der Vormontage werden Haupt- und Antriebswelle zusammengesetzt. Es entsteht das Wellenpaket, ergänzt mit den dazugehörigen Schaltungselementen. Am Hauptband ist das mittlere Gehäuse bereit für die Hochzeit. Es dient zur Aufnahme des Wellenpakets. Ist es montiert, kommt an die vordere Seite die sogenannte Glocke, deren Name zur Metapher der Vereinigung passt. Jetzt wird die Anschlussplatte verschraubt und das entstehende Getriebe umgedreht, fehlen nur noch hintere Anbauten wie Planetenträger und Intarder.

Die AS Tronic läuft „end of line“ vom Band Richtung Prüfstand. Es ist eines von hunderten Getrieben, die jeden Tag im Friedrichshafener Werk 2 von ZF entstehen.

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