Die Spedition Wolf aus Sinsheim beschäftigt nur zwölf Mitarbeiter, ist aber sehr umtriebig. Auch die Herausforderung, einen Flüchtling zu einem Mitarbeiter auszubilden, haben sie angenommen.
Das erste Kennenlernen fand im Rahmen eines Freiwilligentags statt, bei dem die Wolf-Mitarbeiter in einem nahe gelegenen Flüchtlingsheim mit den Flüchtlingen zusammen Möbel für den Außenbereich gebaut haben, berichtet Thomas Kersten, Prokurist sowie Leiter Vertrieb und Marketing bei der Wolf Spedition. Die Firma Epal hatte dazu sogar 100 neue Paletten gespendet. Zwei der Flüchtlinge zeigten über die Aktion hinaus Interesse an der Arbeit der Spedition und fragten über eine Betreuerin nach einem Kurzpraktikum.
Das Praktikum im Büro scheiterte an der zu geringen Personaldecke einerseits und den mangelhaften Vorkenntnissen dieses Interessenten andererseits. Im Lager dagegen klappte das Praktikum, Romal Rahimi fand Gefallen an der Arbeit – und das Unternehmen Gefallen an ihm.
Inzwischen festes Ausbildungsverhältnis als Fachkraft für Lagerlogistik
"Zusammen mit unserer IHK vor Ort haben wir die Einstiegsqualifizierung und einen einjährigen Sprachkurs organisiert, den er zweimal pro Woche besuchte", sagt Kersten. Inzwischen hat die Wolf Spedition den 21-jährigen Afghanen in ein festes Ausbildungsverhältnis als Fachkraft für Lagerlogistik übernommen. "Romal fällt unter die
"3 plus 2"-Regelung", sagt Kersten – das heißt, dass er seine dreijährige Ausbildung abschließen kann und danach ein zweijähriges Bleiberecht bekommt.
Mit der Bürokratie, die die Beschäftigung eines Flüchtlings mit sich bringt, kennt sich Kersten inzwischen bestens aus. "Bevor man so etwas angeht, sollte man sich wirklich gut informieren und sich auch von den administrativen Hürden nicht abschrecken lassen. Man muss sich wirklich mit sehr vielen Stellen abstimmen: der IHK, dem Landratsamt, der Krankenkasse, der Bank, dem amtlichen Betreuer."
Der Arbeits- und Verwaltungsaufwand sei nicht ganz trivial – "aber es hat sich rentiert, wir haben einen guten Mann dafür bekommen", sagt Kersten. Daneben habe auch die andere Mentalität anfangs eine Herausforderung dargestellt – der Umgang mit Rechten und Pflichten und auch die Einstellung zur Arbeit mussten erst vermittelt werden: Wenn auf dem Papier 17 Uhr als Feierabend steht, muss das nicht heißen, dass die Arbeit schon getan ist.
2018 soll ein weiterer Flüchtling kommen
Die Vorteile überwiegen aber – deswegen will das Unternehmen 2018 einem weiteren Flüchtling ein Praktikum und danach eine Einstiegsqualifizierung anbieten. Wie alle Unternehmen befinde sich die Spedition auch im großen Wettbewerb um Fachkräfte. Was man hinsichtlich des Gehalts im Vergleich zur Industrie nicht im selben Maß zahlen könne, "versuchen wir mit Sympathie wettzumachen", sagt Thomas Kersten.
Mit Herausforderungen kennt sich das Unternehmen auf jeden Fall aus: 2014 war das Firmengebäude nach einer Fehlfunktion eines Gabelstaplers abgebrannt, die beiden Geschwister Björn Wolf und Frederike Bühring und ihre Mitarbeiter standen quasi vor dem Nichts. Beide arbeiten seit rund zehn Jahren im Familienunternehmen, 2016 übernahmen sie von Vater Volkmar Wolf die Geschäftsführung.
Eine weitere Herausforderung stand Ende 2015 an, als ein langjähriger Mitarbeiter sich selbstständig machte und einen Großkunden mit fast 40 Prozent Umsatzanteil sowie weitere Mitarbeiter mitnahm. Das Team der Wölfe, wie sie sich selbst nennen, krempelte die sprichwörtlichen Ärmel hoch, "und innerhalb eines Jahres konnte der Umsatz um fast 100 Prozent gesteigert werden", sagt Kersten.
Vor allem über Partner wachsen
Das Unternehmen hat demnach die Philosophie, vor allem über seine Partner zu wachsen. Zum einen ist es seit 1999 Partner des Stückgutnetzwerkes ILN, zum anderen seit 2016 bei dem Netzwerk Palletways. Diese Netzwerke nutze die Spedition, die keine eigenen Fahrzeuge hat, als Werkzeug.
Denn das Unternehmen unterhält einige bilaterale Abkommen mit ausländischen Unternehmen – genauer aus Italien, Griechenland und Spanien – die wöchentlich Stückgut für den deutschen Markt nach Sinsheim schicken. Die Spedition Wolf speist die Sendungen über ihre festen Partner im Verteilerverkehr je nach Art und Beschaffenheit dann in eines der beiden Netzwerke ein, so dass die Sendungen anschließend bundesweit verteilt werden.
Eine weitere bilaterale Abmachung besteht mit einer Stahlspedition aus Nordrhein-Westfalen, die jeden Morgen rund zehn Tonnen Stückgut anliefert, die von den Partnern der Wolf Spedition dann im Nahverkehrsradius von Stuttgart über Pforzheim und Heilbronn bis nach Karlsruhe und Heidelberg verteilt werden. Für Teil- und Komplettladungen nutzt das Unternehmen seine guten Kontakte zu anderen Partnern innerhalb der Mittelstandskooperation Logcoop, bei der Wolf ebenfalls seit 2016 Mitglied ist.
Weiteres Wachstum durch ein verstärktes Marketing
Mit Kersten, der seit 2016 dem Unternehmen angehört, setzt die Spedition zudem auf weiteres Wachstum durch ein verstärktes Marketing. "Wir wollen uns attraktiv machen für alle Firmen, die einen Versand haben", sagt Kersten. Dafür schmiss das Unternehmen jedes Lkw-Bild von seiner Webseite – "Menschen machen das Geschäft, und daher ist es wichtiger, dem Neukunden die Personen hinter seinem zukünftigen Auftrag zu zeigen."
Thomas Kersten rechnet genau: Das Budget ist nicht groß, wohl aber hat der kleine Familienbetrieb ein CSR-Programm wie ein Großunternehmen. Soziales Engagement und wohltätige Aktionen wie der kostenlose Weihnachtsbaumtransport für wohltätige Organisationen, das Einpflanzen von 25 Bäumen anlässlich des 25-jährigen Betriebsjubiläums zusammen mit dem Oberbürgermeister machen den Mitarbeitern Spaß und bringen eine kostenlose Presse. Und die gewünschte Aufmerksamkeit.
Die Mitarbeiter kurven inzwischen auch mit ihren privaten Pkw mit Wolf-Branding herum und in Fernsehen und Radio platzierte Kersten das Unternehmen schon mehrfach durch die Teilnahme an Aktionen – kostenlos. Dieses Engagement brachte der Spedition nicht nur eine Anerkennung als beispielhaftes Unternehmen im Rahmen des Mittelstandpreises für soziale Verantwortung in Baden-Württemberg 2017 ein, sondern auch am 4. Dezember den Preis für exzellentes Marketing 2017 des Marketing Clubs der Metropolregion Rhein-Neckar.