Volvo Buses startet Feldversuch Elektrische Gelenkbusse in Göteborg

Volvo_Electric_EL16 Foto: Volvo Buses

In Verlängerung des "ElectriCity"-Projektes um drei Jahre testet der schwedische Bushersteller Volvo eine Gelenkbus-Variante seines elektrischen 7900er Stadtbusses. Zu kaufen wird dieser vorerst aber nicht sein.

Gemeinsam mit 15 Industriepartnern startete Volvo Buses in Göteborg vor drei Jahren das Elektrobus-Projekt "ElectriCity" mit zehn rein elektrischen beziehungsweise Plug-in-Hybrid-Bussen. Auf der Linien-Route 55 legten die grünen Busse rund 100.000 Kilometer im Monat zurück und verbanden die Innenstadt mit dem Forschungsgelände auf dem auch die Chalmers Universität liegt, die das Projekt wissenschaftlich begleitete.

Bisher waren hier nur Solobusse von zehn bis zwölf Metern im Einsatz, jetzt geht Volvo in die dreijährige Verlängerung des Projektes und stellt dazu zwei Gelenkbusse zur Verfügung. Diese sollen außerhalb des normalen Linientaktes auf der Hochfrequenzlinie 16 zwischen Stahlgrenzka und Nordstan eingesetzt werden und so vor allem die Praktikabilität von Elektrobussen im Massentransport unter Beweis stellen. Immerhin denkt das ausschreibende Transportunternehmen Västrafik für die nächsten Jahre nicht nur an eine Seilbahn für die U-Bahnlose Großstadt, sondern auch an ein BRT-System, so Roger Vahnberg, Vice President des Unternehmens. Und Ulricke Frick, grüne Politikerin und  Vorsitzende des Ausschusses für öffentlichen Verkehr der Region Västerland hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 den ÖPNV mit einer Million Fahrten pro Jahr gut zu verdoppeln. Man rechnet bis dahin mit bis zu 200.000 Einwohnern mehr in der Küstenstadt, deren viele Brachflächen massiv verdichtet werden sollen.

Bis zu drei Tonnen mehr Gewicht und 20 Passagiere weniger

Die 18,6 Meter langen Busse in leicht verändertem Außendesign verfügen zwar nur über vier Türen, sind aber anderweitig auf maximalen Passagierfluss und eine maximale Zahl an stehenden Passagieren ausgelegt. Durch den verkürzten Radstand des Vorderwagens, der nunmehr auf dem 12 Meter-Solo basiert, schrumpft der Wendekreis auf 24,6 Meter. Der Wagen dürfte sich daher besser fahren als die Dieselvarianten. Mit 135 Fahrgästen, davon 38 sitzend, ist die Kapazität jedoch um rund 20 geringer als bei den Dieselmodellen, was vor allem am Gewicht der Batterien liegt, die jetzt 250 kWh leisten. Die Gewichtsdifferenz zum Dieselpendant beträgt mit 19,5 Tonnen Lebendgewicht des Elektrobusses rund drei Tonnen. Die beiden PSM-Zentralmotoren leisten zweimal 185 kW und zusammen stolze 31.000 Newtonmetern maximales Drehmoment an den Rädern.

Um ein Vielfaches leichter wirkt das neue Design, das hinten noch deutlicher die immer beliebtere schwarze iPhone-Optik und vorne den vom Volvo Truck bekannten LED-Zacken des Tagfahrtlichts zitiert. Auch wenn der Gelenkbus so schnell nicht in Serie gehen soll, könnte das Design irgendwann bei den Solobussen der Marke Einzug halten, konkrete Pläne hierfür gebe es aber noch nicht. Im Innenraum fallen neben dem großzügigen Platzangebot für zwei Rollstühle und drei Kinderwagen die neuen Anlehnkissen an den Seitenwänden, Infomonitore in den Dachvouten, Info-Touchscreens mit Stadtkarte neben den Türen sowie neue "Kaktus"-Haltestangen mit drei verzweigten Stangen in der Mitte auf. Die radargestützte Fußgänger-Erkennung, die Volvo seit einiger Zeit in seinen Solo-Elektrobussen als reine Warnfunktion anbietet, ist bei den beiden Prototypen nicht verbaut. Welcher Warnton nach gesetzlicher Vorgabe (AVAS) ab 2019 für Geschwindigkeiten von 0 bis 20 km/h eingesetzt werden soll, ist zudem ebenfalls noch nicht entschieden, wie der Leiter Test und Verifikation bei Volvo Buses, Janos Turcsany, uns in einem Interview bestätigte.

Die USB-Anschlüsse an jedem Sitz werden zwar lauf dem Wissenschaftler Pontus Wallgren von der Chalmers Universität, der die Begleitforschung zum ElectriCity 1-Projekt verantwortete, mehrheitlich goutiert, aber wenig genutzt. Ähnliches sei von den modernen Segnungen der aufwendig konzipierten Haltestellen zu vermelden, deren Ladegeräte und WLAN-Abdeckung nicht so sehr geschätzt würden wie die beheizten Sitzbänke – immerhin sind wir in Skandinavien.

Neue Pantografen-Schnellladung mit Stromausfall-Überbrückung

Neu ist auch die Ladestrategie in ElectriCity 2, die sich bei Volvo ja Ende 2017 generell weg von der ausschließlichen Schnellladung auf der Strecke hin zu einem Mix aus Schnellladung und nächtlicher Depotladung gewandelt hat ­– ein allgemeiner Trend bei vielen Herstellern, sieht man von den Elektro-Newcomern MAN und Scania einmal ab, die sich weiterhin Festlegungen in die eine oder andere Richtung leisten wollen. Dabei werden an den beiden Ladestationen die NMC-Akkus (Nickel-Mangan-Cadmium-Oxid-Chemie der Lithium-Ionen Batterie) mit 450 statt wie bisher 300 kW über Pantografen geladen, nachts im Depot dann mittels Combo-Stecker mit sanften 150 kW. Die Schnellladung dauere maximal 10 Minuten und beschere den Fahrern eine zusätzliche Kaffeepause. Die Effizienz des Systems konnte laut Projektmanager Frederik Persson von Göteborg Energi von 85 auf 95 Prozent gesteigert werden, die Ladeverluste liegen ebenso bei nahe null Prozent wie auch der THD-Wert (Total Harmonic Distortion), der zu Spitzenlasten und Überhitzung im Netz führen kann.

Zwar sind die finalen internationalen Standards für die Schnellladung noch nicht abgesegnet, Persson spricht dennoch von dem bisher einfachsten der drei Göteborger Elektrobusprojekte seit 2013 ("Hyperbus") und einem gewissen grundlegenden „Plug and Play“-Standard, nach dem man mittlerweile vorgehe. Die Energie kommt hier in Schweden übrigens zu 95 Prozent aus regenerativen Quellen, was beileibe nicht überall so ist. An den Ladestationen und im Depot sind zudem Batteriepufferspeicher (ESS) installiert, die den Ladevorgang der Busse beschleunigen und auch Stromausfälle bis zu einer Stunde überbrücken können – eine Herausforderung, der sich noch kaum eine Stadt mit elektromobilen Ambitionen gestellt hat. Just einen Tag vor der Präsentation der Busse ist aber genau das in Göteborg Realität geworden. Doch das tut der guten Beziehung der Göteborger zu Ihren Elektrobussen und deren Fahrern keinen Abbruch: Jeder lobt die andere Seite jeweils über den grünen Klee, was sich nun weitere drei Jahre lang bewähren darf.

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