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Verkehrsrecht Transparenz sichern

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Auf dem 52. Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar diskutierten rund 1.800 Experten über acht Themenfelder. Darunter die grenzüberschreitende Vollstreckung, die Fahreignung sowie das Nutzen von Fahrzeugdaten.

Die acht Arbeitskreise zu aktuellen Themen des Verkehrsrechts beinhalteten dieses Jahr nicht die großen Aufregerthemen wie etwa im vergangenen Jahr die Punktereform. Dennoch zog es auch dieses Jahr rund 1.800 Experten zum 52. Verkehrsgerichtstag in Goslar, dessen Empfehlungen Einfluss auf die Gesetzgebung haben können.

Fahrverbot als Hauptstrafe

In gerade einmal 21 Zeilen fasst laut Kay Nehm, Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstags und ehemals Generalbundesanwalt,  die Große Koalition in ihrem Programm ihre Pläne für die Justiz zusammen. Ein Punkt davon kritisierte nicht nur Nehm in seiner Eröffnungsansprache, sondern auch die niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz:  ein Fahrverbot als Hauptstrafe auch bei Straftaten ohne Bezug zum Straßenverkehr einzuführen.  "Das wirft vor allem im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verbürgten Gleichheitsgrundsatz Fragen auf", sagte Niewisch-Lennartz. Zudem würden sich die Strafverfahren deutlich verlängern. "Ich stehe dem Fahrverbot daher ablehnend gegenüber", sagte die Justizministerin.

Ähnlich bedenklich wie das Fahrverbot als eigenständige Sanktion hält Nehm auch die Ankündigung, bei Verkehrsstraftaten künftig "auf körperliche Eingriffe zur Bestimmung des Blutalkoholwertes" zu verzichten und sich mit der Atemalkoholmessung zu begnügen. Wie sehr aber die Koalition an den Plänen zweifle, zeige der Umstand, dass den Betroffenen künftig ein Wahlrecht eingeräumt werden soll. Nehm kritisierte zudem, dass in der Diskussion um die Pkw-Maut den seiner Meinung nach tatsächlichen Verursachern von Straßenschäden zu wenig Beachtung geschenkt werde – Lkw, insbesondere überladene Lkw. "Leider bleibt der Koalitionsvertrag darauf eine Antwort schuldig", sagte Nehm.

Welche Fahrzeugdaten stehen in Zukunft zur Verfügung?

Antworten sollen die Empfehlungen liefern, die die Arbeitskreise zu den einzelnen Themen erörterten. Etwa zum Thema Fahrzeugdaten und Datenschutz. Welche Fahrzeugdaten stehen in der Zukunft zur Verfügung und wer kann sie wie nutzen? Spätestens mit der Einführung des automatischen Notrufsystems E-Call im Herbst 2015 drängt sich diese Frage auf.

Ein schmaler Grat: So sind etwa Versicherer an den Fahrzeugdaten des Versicherungsnehmers interessiert,  um darauf ihre Prämienangebote abzustimmen, während nach einem schweren Unfall die Strafverfolgungsbehörden an den Daten zu Aufklärungszwecken interessiert sind. Werden dann die Daten zum "Zeugen gegen einen selbst", wie Fachanwältin Daniela Mielchen aus Hamburg es sagte?

Zumindest braucht es Regeln, die das Recht auf informelle Selbstbestimmung durch Transparenz und Wahlfreiheit von Fahrzeughalter und Fahrer sichern, so die Empfehlung des Arbeitskreises: Etwa sollten Fahrzeughersteller beim Fahrzeugkauf darüber aufklären, welche Daten generiert, verarbeitet und übermittelt werden können, und Fahrzeughalter und Fahrer sollten die Möglichkeit haben, die Datenweitergabe zu kontrollieren und gegebenenfalls zu unterbinden. Ebenso sollten Zugriffsrechte der Strafverfolgungsbehörden spezifisch geregelt werden.

Verstöße grenzüberschreitend auch im EU-Ausland ahnden

Der Austausch von Kfz-Halterdaten innerhalb der EU ist hingegen schon längst festgeschrieben, die entsprechende EU-Richtlinie wird in Deutschland in Form des Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrgesetzes zum 1. Mai in Kraft treten. Damit und mit einem EU-Rahmenbeschluss, der in Deutschland 2010 als Geldsanktionsgesetz umgesetzt wurde, können Verkehrsverstöße grenzüberschreitend auch im EU-Ausland geahndet werden.

Experten berichteten im entsprechenden Arbeitskreis von ihren Erfahrungen mit der Vollstreckung von Sanktionen. "Durch die verbesserte Ahndung vermeiden wir Verkehrsdelikte", sagte Szabolcs Schmidt, Leiter des Referats Straßenverkehrssicherheit bei der Europäischen Kommission in Brüssel. "Das Wissen, dass die Ahndung nicht an der Landesgrenze aufhört, zeigt eine abschreckende Wirkung."

Allerdings sind die beiden Instrumente – der Rahmenbeschluss Geld und die Richtlinie zum Halterdatenaustausch – noch nicht europaweit umgesetzt, was der Verkehrsgerichtstag aber dringend empfiehlt. Zudem schlug der Arbeitskreis vor, "dass bei in den Mitgliedsstaaten der EU begangenen Verkehrsverstößen nicht nur der Halter ermittelt wird, sondern auch der Fahrer". Dafür wären eine Standardisierung der automatischen Kontrollgeräte und eine Unterstützung bei der Ermittlung wünschenswert.

Fahreignung und MPU

Im Vorfeld der Reform der medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) diskutierten die Teilnehmer des Verkehrsgerichtstags auch über die Themen Fahreignung und MPU, insbesondere über die Eignungskriterien und etwaigen Änderungsbedarf.

Die Empfehlungen sollen die Qualität der MPU verbessern: Die Qualifikation von Personen, die die MPU durchführen, soll gesetzlich geregelt sein, um seriöse Anbieter zu garantieren. Zudem soll geklärt werden, 
ob Tonbandaufzeichnungen der Untersuchungsgespräche gesetzlich vorgeschrieben werden sollen. Außerdem schlagen die Experten vor, zur Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis einen bundesweit geltenden Fragenkatalog für die wesentlichen Untersuchungsanlässe zu erarbeiten.

Weitere Empfehlungen betreffen etwa bundesweite Obergutachtenstellen, fachliche Standards auf dem Bereich der ärztlichen und fachärztlichen Begutachtungen, eine angemessenere Vergütung der MPU und bereits die Anordnung eines Fahreignungsgutachtens einer unmittelbaren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen. Die Empfehlungen des Arbeitskreises sollen in  die Beratungen der Projektgruppe MPU einfließen, die von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums geleitet wird und die Ende 2014 ihren Abschlussbericht vorlegen will.

Weitere Themen

Neben den Themen Fahreignung und MPU, grenzüberschreitende Vollstreckung von Sanktionen in der EU sowie der Nutzung von Fahrzeugdaten standen folgende Punkte ebenfalls auf der Agenda des 52. Deutschen Verkehrsgerichtstags: gesetzliche Unfallversicherung, Sachmängelhaftung und Garantie beim Autokauf, "rätselhafte" Verkehrsunfälle und strafprozessuale Aufklärungspflicht, Einhaltung von Sicherheits- und Umweltvorschriften auf See, Problemfeld Schmerzensgeld.

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Markus Werner Fachanwalt für Arbeitsrecht
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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