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Unfall im Ausland Einfacher regulieren

Wer im Ausland in einen Unfall verwickelt ist, muss seine Ansprüche bei der gegnerischen Verischerung geltend machen. Foto: Karl-Heinz Augustin

Wer im Ausland in einen Unfall verwickelt wird, muss seine Ansprüche bei der gegnerischen Versicherung  geltend machen. Dabei gibt es einiges zu beachten.

Wohl selten wird ein Unfall ein so harmonisches Ende finden, wie es die Allianz-Versicherung in einem Werbespot der 80er-Jahre glauben machte: ein Auffahrunfall in Neapel. Menschen drängen sich wild gestikulierend um das Auto. Der sprachlose deutsche Autofahrer zeigt die Karte seiner Versicherung vor – alles wird gut. Wie in den 80er-Jahren muss auch heute der Geschädigte seine Ansprüche aus dem Unfall direkt bei der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners im Ausland machen – nur ist das heute ein bisschen einfacher.

Ermöglicht haben dies die 4. und 5. KH-Richtlinien (in Kraft seit 2003 und 2005) zur außergerichtlichen und gerichtlichen Regulierung von Auslandsunfällen. Sie treffen zu, wenn der Geschädigte seinen Wohnsitz in Deutschland hat und der Unfall sich innerhalb der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums (Island, Norwegen, Liechtenstein) oder in der Schweiz ereignet hat. Sie gelten auch bei Unfällen  außerhalb der EU oder des EWR, wenn das Verursacher-Kfz im EU-oder EWR-Raum versichert ist und dort seinen gewöhnlichen Standort hat und wenn der Unfallstaat dem System der Grünen Karte angehört. Der Gerichtsstand ist dabei am Wohnsitz des Geschädigten.

Bei Schadensersatzansprüchen kommt nach der Rom-II-Verordnung in aller Regel das Rechts des Staates zur Anwendung, in dem der Schaden eingetreten ist. "Aus diesem Grund sollte man mit der Erhebung von Schadefolgekosten sehr vorsichtig sein", rät Rechtsanwalt Oskar Ried­meyer von der Münchener Kanzlei Dr. Eick & Partner. "Anders als in Deutschland übernehmen die Versicherungen etwa in Frankreich oder den Niederlanden keine Anwaltskosten, wenn lediglich Sachschaden entstanden ist." Ähnliches gelte auch bei den Themen Gutachten, Mietwagen oder auch Wertminderung – nicht in allen Landesrechten ist der Ersatz bei der Unfallregulierung vorgesehen. Auf der sicheren Seite ist man mit anwaltlicher Unterstützung, »so kann man mehr geltend machen".


Europäischen Unfallbogen unbedingt mitnehmen

Riedmeyer rät außerdem dazu, die eigenen Fahrer unbedingt zur Mitnahme des europäischen Unfallbogens zu verpflichten und diesen im Schadensfall unbedingt einvernehmlich auszufüllen und vom Unfallgegner unterschreiben zu lassen. In Ländern wie Frankreich, Spanien oder Italien würden viele Versicherer auf diesen Bericht bestehen – der Unfallschein gelte als Bestätigung, dass tatsächlich ein Unfall stattgefunden hat. In Osteuropa sollte zudem unbedingt die Polizei gerufen werden. "Kann man den Unfallbericht oder ein Polizeiprotokoll vorweisen, sind viele ausländische Versicherer auch schneller zur Zahlung bereit", sagt der Fachanwalt für Verkehrsrecht.

Die Unfallregulierung nach den 4. KH-Richtlinien hat drei Säulen: Der Zentralruf der Auto­versicherer ist die nationale Auskunftsstelle für ausländische Kennzeichen. Er ermittelt anhand des Kennzeichens den verantwortlichen Kfz-Haftpflichtversicherer und dessen Schadensregulierungsbeauftragten in Deutschland und gibt diese Informationen an den Geschädigten weiter. Dieser kann mit dem Schadensregulierungsbeauftragten dann die Regulierungsverhandlungen in deutscher Sprache führen.

Kann die ausländische Versicherung innerhalb von zwei Monaten nicht ermittelt werden oder gibt es kein deutsches Korrespondenzbüro, übernimmt die Verkehrsopferhilfe in Berlin als nationale Entschädigungsstelle die Regulierungsverhandlungen. Wenn auf deren Bemühen nach weiteren drei Monaten keine Stellungnahme der Versicherung oder des Schadenregulierers erfolgt, kann der Geschädigte sich wieder an die Verkehrsopferhilfe wenden, die nach dem Ablauf einer letzten Fristsetzung von zwei Monaten an das ausländische Versicherungsunternehmen die Regulierung nach Sach- und Rechtslage selbst übernimmt.

Rechtsanwalt Riedmeyer hat einen weiteren Tipp aus seiner verkehrsrechtlichen Praxis: "Bei einem Unfall unbedingt das vollständige Kennzeichen fotografieren." Wer etwa versuche, ein griechisches oder lettisches Kennzeichen abzuschreiben, lade den Fehlerteufel geradezu ein. "In vielen Ländern bekommt man die Versicherung nicht über den Halter, sondern allein über das Kennzeichen."

Tipps der Kravag-Versicherung zum Thema erhalten Sie hier.

Zeitrahmen der Regulierung

  • Anfrage bei Zentralruf: zwei Monate Zeit zur Ermittlung
  • Anmeldung des Schadens: drei Monate Zeit für begründete Stellungnahme
  • Anmeldung bei Verkehrsopferhilfe: zwei Monate Nachfrist zur begründeten Stellungnahme
  • Regulierung durch Verkehrsopferhilfe

Quelle: Riedmeyer

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Matthias Pfitzenmaier Matthias Pfitzenmaier Fachanwalt für Verkehrsrecht
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