Schließen

Tapa will Ladungsdiebstahl eindämmen Sicherheitsrisiken aus dem Internet

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Das Internet und die zunehmende Vernetzung eröffnen kriminellen Banden neue Wege: Der Ladungsdiebstahl wächst rasant. Im August hat die Sicherheitsvereinigung Tapa einen Anstieg der gemeldeten Fälle um 24,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr registriert.

Die Gefahren für die Sicherheit der Lieferkette nehmen zu. Auch Klimawandel und Migration sind längst ein Risiko, das sich nicht mehr ignorieren lässt, betonten Experten vor rund 500 Teilnehmern einer Konferenz der Industrieorganisation Transported Asset Protection Association (Tapa) in London. Die Organisation will sich 20 Jahre nach ihrer Gründung neu aufstellen, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Während man sich früher gegen jeweils aktuelle Diebstahlpraktiken wappnete, geht es jetzt auch um geopolitische Unwägbarkeiten, Wetterereignisse und Cyberkriminalität.

Bewusstsein für die Risiken in der Logistik fehlt

"Alle sprechen von den Möglichkeiten, die uns die Neuerungen im IT-Bereich bringen", sagte Ronald Kleijwegt, der bei Jusda Europe als Direktor für strategische Entwicklung zuständig ist. "Aber wenn man das Thema Sicherheit nicht angeht, entstehen enorme Risiken." Kriminelle könnten dann beispielsweise Lieferungen und Identitäten manipulieren, sich in Logistikterminals oder Unternehmen einhacken oder sich autonome Fahrzeuge vornehmen. In der Industrie fehle hierfür derzeit das Bewusstsein und die Erfahrung, die Situation werde völlig unterschätzt.

Schadprogramme richten bei Fedex und Maersk Schäden an

Schadprogramme wie die Erpressungstrojaner Petya und Wannacry haben dieses Jahr erhebliche Schäden bei Branchengrößen wie dem US-amerikanischen Kurier- und Logistikunternehmen Fedex verursacht. Bei der angegriffenen Tochterfirma TNT entstanden Ausfälle in geschätzter Höhe von umgerechnet etwa 170 bis 260 Millionen Euro, der Aktienkurs fiel um drei bis vier Prozent, eine Versicherung gab es nicht. Die Ausfallkosen bei der weltweit größten Containerschiff-Reederei Maersk hatten die gleiche Größenordnung, wurde berichtet. Drei Geschäftsbereiche waren in Mitleidenschaft gezogen,17 lahmgelegte APM Terminals verursachten Staus und Verspätungen, besonders betroffen war das voll automatisierte Terminal Maasvlakte II in Rotterdam.

Cybercrime kann ein Unternehmen komplett lahmlegen

"Cybercrime bedeutet nicht nur, dass Waren abhanden kommen, Cybercrime kann auch ein Unternehmen vorübergehend komplett lahmlegen", sagte Tapa-Vorsitzender Thorsten Neumann. Das habe negative Auswirkungen auf die Kundenbeziehungen, könne den Aktienkurs beeinflussen oder sogar den Ruin bedeuten. Beim Ladungsdiebstahl gehe es längst nicht mehr ausschließlich um hochpreisige Ware, sondern alles, was transportiert wird, sei potenzielles Diebesgut. "Wir müssen beim Thema Sicherheit alle gegen die Kriminellen zusammenstehen und voneinander lernen, anstatt miteinander zu konkurrieren", sagte Neumann. "Wir haben ein gemeinsames Ziel."

Transportbranche als Einfallstor für Terroranschläge

Dabei setzt die Organisation auch auf die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen, denn der Transportsektor kann auch als Einfallstor für schwerwiegende Kriminalität wie terroristische Anschläge genutzt werden. Ein gemeinsames Anliegen ist auch die Verhinderung von illegaler Migration, die politisch unerwünscht ist und dem Sektor, gerade auch in Großbritannien, hohe Kosten verursacht. Insgesamt gilt: Wenn derzeit Zwischenfälle und Schadenssummen veröffentlicht werden, ist zusätzlich von einer großen Dunkelziffer auszugehen.

Ein wesentliches Problem bei der Aufklärung und Prävention krimineller Praktiken in der Branche ist nach wie vor der Mangel an Daten. Die Angst der Transporteure vor einer Rufschädigung ist groß, weshalb davor zurückgeschreckt wird, Ladungsdiebstähle zu melden, obwohl sich das auf der Tapa-Plattform IIS in anonymisierter Form erledigen lässt. "Niemand möchte wirklich offenlegen, wie sehr das eigene Unternehmen von Kriminalität betroffen ist", sagt Kleijwegt. Nur so aber lässt sich feststellen, wo Banden aktuell ihren Schwerpunkt haben, nur so können andere gewarnt werden, nur so haben die Strafverfolgungsbehörden eine Chance, effektiver zu werden.

Risiken durch Geisterfirmen nehmen zu

Eines der neueren Risiken sind Geisterunternehmen, Frachtführer, die in der realen Welt gar nicht existieren. Hier hat Tapa bereits seit 2015 einen merklichen Anstieg festgestellt, seit Herbst 2016 sind die Zahlen noch einmal hoch gegangen. Bereits von 2011 bis 2015 wurden 600 solcher Fälle registiriert, der Schaden je Ladung lag zwischen 50.000 Euro und 2,5 Millionen Euro. Inzwischen hat der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ein Papier erstellt, in dem vor den häufigsten Praktiken bei der Unterschlagung von Sendungen gewarnt wird, Vertragsbetrug steht dabei obenan.

Ladungsdiebstahl ist verkehrsträgerübergreifendes Problem

In den Anfangszeiten von TapaEnde der 90er Jahre hatten sich eine Handvoll High-Tech-Größen zusammengetan, um sich zu schützen. Im wesentlichen ging es darum, Luftfracht zu sichern. Später kamen Straßentransporte hinzu, inzwischen sind mehr als 1.000 Mitglieder bei Tapa organisiert und der Ladungsdiebstahl ist längst ein verkehrsträgerübergreifendes Phänomen. In jüngerer Zeit ist gerade auch mit neuen Verbindungen über Land nach China die Schiene in den Fokus gerückt. Hier soll es in nächster Zeit in Zusammenarbeit mit Bahn-Operateuren eine neue Tapa-Sicherheitszertifizierung geben. Für Parkplätze gibt es diese inzwischen mit dem Standard Parking Security Requirements (PSR).

Die Organisation und die Schäden

  • In der Transported Asset Protection Association (Tapa) haben sich weltweit Produzenten, Versender, Frachtführer, Versicherer, Dienstleister und Strafverfolgungs- sowie Regierungsbehörden zusammengeschlossen, um Cargo-Kriminalität in der Lieferkette gemeinsam zu bekämpfen. Sie teilen Daten und Informationen und entwickeln Sicherheitsstandards. Diese gelten für Lager (Facilities Security Requirements/FSR), Fahrzeuge (Trucking Security Requirements/TSR) und Parkplätze (Parking Security Requirements/PSR). Die Plattform Incident Information Service (IIS) dient als Alarmsystem, das Zwischenfälle bekannt macht. www.tapaemea.org
  • Im August hat die Industrievereinigung Tapa einen Anstieg der gemeldeten Fälle von Ladungsdiebstahl um 24,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr registriert. Der Wert der entwendeten Waren lag bei annähernd fünf Millionen Euro, wobei die Erhebungen lediglich zehn europäische Staaten und Südafrika erfassten. Von insgesamt 144 Delikten ereigneten sich 92 in Großbritannien, Deutschland lag mit 23 Fällen an zweiter Stelle. Im September sind die Diebstähle um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen. Das ist aber nur vordergründig ein Grund zur Freude, denn der Verlust lag bei rund 6,9 Milliarden Euro. Großbritannien und Deutschland blieben mit 114 und 23 Fällen Spitzenreiter, rund Dreiviertel der Zwischenfälle ereigneten sich auf ungesicherten Parkplätzen.
Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)
Aktuelle Fragen Bullenfänger illegal? Sind Bullenfänger in Deutschland erlaubt? Arbeitszeit: Anfahrt zum Stellplatz Ist die Anfahrt zum Lkw-Stellplatz Arbeitszeit? Digitacho (Nachrüstpflicht) Gibt es eine Digitaltacho-Nachrüstpflicht für alte Lkw?
Betriebsstoffliste 2023
Mehr als 2.500 Produkteinträge

Immer auf dem neuesten Stand: Die DEKRA Betriebsstoffliste 2023

Kostenloser Newsletter
eurotransport Newslettertitel Jetzt auswählen und profitieren

Maßgeschneidert: Die neuen Themen-Newsletter für Transportprofis.

Who is Who
Who is Who Nutzfahrzeuge 2019 WHO IS WHO Nutzfahrzeuge

Alle Hersteller, Zulieferer und Dienstleister für Nutzfahrzeugflotten.

eurotransport.de Shop
Web Shop Content Teaser Der Shop für die, die es bringen.

Zeitschriften, Bücher, Lkw-Modelle, Merchandising und mehr.