Steuerliches Reisekostenrecht Zur Kasse, bitte

Steuerliches Reisekostenrecht Foto: Jan Bergrath

Der Bundestag hat eine neue Spesenregelung ab 2014 beschlossen. Kein großer Wurf. Er hat aber trotzdem für reichlich Wirbel gesorgt.

Als Jurist ist Bernward Franzky eigentlich ein besonnener Mann. Doch im Dezember des letzten Jahres ist dem Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands Verkehrsgewerbe Niedersachsen e. V. (GVN) bei einer Anfrage des FERNFAHRER zum Thema steuerliches Reisekostenrecht der Ärger über die politischen Entscheidungsträger in der Hauptstadt Berlin deutlich anzumerken: "Es ist für mich völlig unverständlich, dass gerade die rot-grün regierten Bundesländer, die sich für eine Verteilung des Vermögens in Deutschland an einkommensschwache Arbeitnehmer einsetzen wollen, dem Lkw-Fahrer so ungeniert in die Tasche greifen", schreibt Franzky. "Wie soll man jungen Menschen den Beruf des Kraftfahrers nahebringen, wenn der Staat nicht einmal selbst die berufsbedingten Mehraufwendungen akzeptiert und entsprechende Verpflegungsmehraufwendungen steuerfrei stellt? Der GVN wird die niedersächsische Landesregierung bitten, bei ihrer Position, die der des Bundestages entspricht, zu bleiben und jede Kürzung ab­zulehnen. Gleichzeitig haben wir die Spitzenvertreter der niedersächsischen SPD aufgefordert, mäßigend auf ihre Länderkollegen einzuwirken, um dieser unsozialen Kürzungsorgie entgegenzutreten."

Das Gesetz soll das steuerliche Reisekostenrecht vereinfachen

Was war geschehen? Bereits am 25. Oktober 2012 hatte der Bundestag ein Gesetz vorgelegt, um das steuerliche Reisekostenrecht zu vereinfachen. Die Kosten, die jemand, der beruflich bedingt unterwegs ist, für seinen sogenannten Verpflegungsmehraufwand von seinem Einkommen abziehen oder im Fall der Lkw-Fahrer als sogenannte Spesen vom Arbeitgeber netto ausbezahlt bekommen kann, sind seit Jahren dreistufig: Bei Abwesenheit bis acht Stunden gibt es sechs Euro, bei Abwesenheit bis 14 Stunden zwölf Euro und bei 24 Stunden am Kalendertag 24 Euro. Das geht auch noch einmal aus dem beigefügten Spesenheft unseres Sponsors Goodyear hervor.

Der Bundestag wollte eine Verein­fachung und beschloss, die ersten beiden Stufen zusammenzulegen. Bei 8 bis 14 Stunden Abwesenheit sollten demnach zwölf Euro Spesen möglich sein. Die Regelung bei 24 Stunden bleibt gleich.

Keine Erhöhung der Spesen

Wohlgemerkt: Hierbei handelt es lediglich um eine neue zeitliche Definition. Die faktischen Preissteigerungen, die viele Fahrer unterwegs auf Autohöfen und Raststätten erleben, standen bei der Gesetzesänderung noch nicht einmal auf der Agenda. Die Abgeordneten sahen für eine Erhöhung der Spesen keinen Anlass. Kein Wunder, sie sind mit ihren eigenen Diäten bereits jenseits von Gut und Böse angelangt und verpflegen sich in subventionierten Kantinen. Sie verwiesen darauf, dass es keine statistischen Zahlen gäbe, die Preissteigerungen entlang der Autobahnen belegen könnten. Weltfremder kann Politik nun wirklich nicht mehr sein.

Die Neufassung der Spesenordnung

Das sieht auch Franzky so: "Die Spesen sind seit Jahren nicht erhöht worden, obwohl an den Tank- und Raststellen, auf die der Kraftfahrer unterwegs angewiesen ist, die Preisspirale enorm nach oben gedreht wurde. Wenn diese Steigerungsrate weiterhin nicht nur unberücksichtigt bleibt, sondern dem Fahrer noch effektiv in die Tasche gegriffen wird, werden berufsbedingte Mehraufwendungen dem persönlichen Lebensrisiko zugeschlagen und nicht die Tatsache be­rücksichtigt, dass sie zur Berufstätigkeit gehören." Was den Geschäftsführer so aufgebracht hat, sind die Begleitumstände des Gesetzgebungsverfahrens: In Deutschland muss der Bundesrat, die Vertretung der 16 Länder, jedem Gesetz zustimmen, das Länderinteressen berührt. Plötzlich erhob der Finanzausschuss des Bundesrates sein Veto gegen die Neufassung der Spesenordnung. Er wollte ebenfalls eine zweistufige Regelung einführen – mit dem gravierenden Unterschied, dass erst bei einer Abwesenheit von zehn Stunden neun Euro Verpflegungsmehraufwand möglich wären. Diese Definition hätte wiederum bedeutet, dass viele Fahrer gar keine Spesen und damit, je nach Job, bis zu 120 Euro weniger im Monat bekommen hätten. Auch die Gewerkschaften, allen voran Verdi in Berlin, bekamen Wind vom neuen Vorschlag des Finanzausschusses und entfachten, diesmal zusammen mit den Arbeitgebern, einen Sturm der Entrüstung. Nun die gute Nachricht: Das ursprüngliche Gesetz des Bundestages mit der sinnvollen zweistufigen Spesenregelung passierte Ende Dezember den Ver­mittlungsausschuss und tritt damit ab dem
1. Januar 2014 in Kraft.

Die wichtigsten Regelungen

Weitaus komplexer sind dagegen die ­Auslandsspesen geregelt, wie das Begleitheft zeigt. Bei dieser komplizierten Materie muss man höllisch aufpassen. Dies belegt der Fall eines namentlich nicht genannten Transportunternehmers, bei dem FERNFAHRER davor warnte, dass die zuständigen Finanzämter Auslandsspesen bei Fahrten nach Luxemburg mit nur zwei Stunden Aufenthalt nicht anerkennen würden. Diese Unsicherheiten tauchen immer wieder auf. Nach Rück­sprache mit dem Bundesfinanzministerium (BMF) stellen wir hier die wichtigsten Regelungen noch einmal klar:

  1. Sowohl bei eintägigen als auch bei ­mehrtägigen Reisen bestimmt sich das Auslandstagegeld ausschließlich nach der je­weiligen Abwesenheit am einzelnen Kalendertag. Nur in den Fällen, in denen eine Auswärtstätigkeit nach 16 Uhr des einen ­Tages beginnt und vor acht Uhr des darauf­folgenden Tages endet, ohne dass eine ­Übernachtung stattfindet, darf die gesamte Abwesenheitsdauer zusammengerechnet werden. Sie gilt dann als eintägige Aus­wärtstätigkeit.
  2. Für eintägige Reisen ins Ausland ist der Pauschbetrag des letzten Tätigkeitsortes im Ausland maßgebend. Wird während einer Auslandsreise ausschließlich ein ausländischer Staat aufgesucht, können die Reisekostensätze für das jeweilige Land unmittelbar aus der vom BMF veröffentlichten Übersicht abgelesen werden. Sonderregelungen gelten indes, wenn an einem Tag mehrere Länder aufgesucht werden. Hierbei ist für das maßgebliche Auslandstagegeld zwischen eintägigen und mehrtägigen Auslandsreisen zu unterscheiden.
  3. Werden während einer eintägigen Auslandsreise mehrere Tätigkeitsstätten in verschiedenen Ländern aufgesucht, ist der für das Land der letzten Tätigkeitsstätte maßgebende Pauschbetrag anzusetzen. Nach den Lohnsteuer-Richtlinien ergibt sich, dass in diesen Fällen Inlandssätze ohne Bedeutung sind. Das gilt  auch, wenn im Rahmen einer einheitlichen Auswärtstätigkeit die letzte Tätigkeitsstätte im Inland liegt und die überwiegende Zeit an diesem Tag im Inland verbracht wird (R 9.6 Abs. 3 LStR). 

Die erneute Rückfrage beim betroffenen Unternehmer ergab, dass in seinem konkreten Fall der zuständige Sozialversicherungsträger die genannte Reiseabrechnung verworfen hat wegen der sogenannten "doppelten Spesen", die der Arbeitgeber pauschal versteuert: Der Arbeitgeber hatte einen Teil des normalen Bruttolohns umgewandelt und als Nettoauslandsspesen ausbezahlt. Das freut den Fahrer, geht aber zulasten der Sozialkassen. Ob der Sozialversicherungsträger sich allerdings willkürlich über das Reisekostenrecht des BMF als Berechnungsgrundlage hinwegsetzen kann, will der Unternehmer nun in seinem Einzelfall prüfen lassen.

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