trans aktuell-Chefredakteur Matthias Rathmann veröffentlicht ersten Roman.
Der Tod und das Laufen: Kaum eine Marathon-Saison vergeht, ohne dass die Presse nicht von einem Läufer berichtet, den noch vor der Ziellinie der plötzliche Herztod ereilt hat. Andererseits will eine Studie herausgefunden haben, dass das Laufen – jeden Tag rund 1.700 Schritte in einem mindestens zehnminütigem Stück abgeleistet – deutlich das Leben verlängert. Anders dreht es Matthias Rathmann in seinem Erstlingswerk "Geht aufeinander zu": Ein Mann stirbt, weil andere laufen wollen (Novum Verlag, ISBN: 978-3-99038-943-0, 14,90 Euro).
Ein Krimi also? Eher ein Thriller – der Mord, den es aufzuklären gilt, ist nicht der einzige Spannungsmarker des Buches. Der Leser verfolgt die Organisation eines sportlichen Großereignisses, bekommt die Kooperationsanstrengung zweier Kirchengemeinden, die bis dato nicht viel gemein hatten, mit und erfährt die scheinbar unüberbrückbare Feindseligkeit zweier Zeitungsverlage, die jeder für sich mit einer ungewissen Zukunft hadern.
Und auch jeder der Handelnden in "Geht aufeinander zu" hat eine Entwicklung zu bewältigen – vom alternden Pressefotografen, der sich mit amourösen Fantasien von seinem wenig glamourösen Arbeitsalltag ablenkt, über die Projektleiterin, die loyal ihre Aufträge erledigt, bis zur Hauptperson, einer jungen Gemeindereferentin, die eine gute Idee hat, deren Umsetzung sie aber zuletzt auch moralisch bis zur Belastungsgrenze fordert.
Die Themen Laufen und Moral verknüpfen sich zu einem Ring, der die Geschichte umschließt: Was ist Schuld? Wer ist der Schuldige? Macht sich schuldig, wer dem Schuldigen nicht hilft? Und wie kann die sportliche Betätigung, das Laufen, in dieser Situation helfen? Was passiert mit dem Menschen, der sich sprichwörtlich freiläuft?
Autor Matthias Rathmann kann zumindest zum Thema Laufen viel beitragen: Er ist begeisterter Läufer und hat in den vergangenen Jahren bereits bei zahlreichen Marathon-Rennen die Ziellinie überschritten. In seinem Roman schreibt er also über das, was er kennt: Über die Glücksgefühle beim Laufen etwa, das Auspowern, das Ausloten von eigenen Grenzen.
Auch seine eigenen Erfahrungen über die Organisation sportlicher Großveranstaltungen inklusive das Bangen über ein gutes Gelingen lässt er mit einfließen, ebenso seine Kenntnisse über das Arbeiten der Presse und die teilweise angespannte Situation im Verlagsbereich. Und – ganz persönlich – auch seine Erfahrungen über die Zusammenarbeit in einer Kirchengemeinde finden sich im Plot der Geschichte wieder. Und weil er selbst in der Branche gelernt hat und Chefredakteur einer entsprechenden Fachzeitung ist, ist es auch nicht verwunderlich, dass ein wichtiger Teil der Geschichte auf dem Betriebsgelände einer mittelständischen Spedition stattfindet und nicht irgendeine, sondern gerade die Stückguthalle in Flammen aufgeht.
Als Journalist verpackt er all dies in eine spannende und doch menschliche Geschichte, in der der Spediteur entgegen sonstiger Klischees endlich auch mal ein überaus sympathischer Charakter ist, der nicht nur seinen eigenen unternehmerischen Erfolg durch Menschenkenntnis, Erfahrung und Intelligenz vorantreibt, sondern durch seinen Weitblick sogar anderen hilft.
Natürlich bleibt es nicht aus, dass sich der Mörder letztendlich schuldig bekennt und seiner gerechten Strafe zugeführt wird – wenn auch deutlich erlaubt ist, Mitleid mit ihm zu empfinden. Schuld empfindet der Leser am Ende nur, wenn er nicht endlich auch das Laufshirt überzieht, die Schuhe schnürt und sich der Lust des Laufens hingibt.