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Rolf Benzinger Aus Liebe zum Lkw

Rolf Benzinger Foto: Ilona Jüngst

Mit einem gebrauchten Kipperzug für 56.000 Mark hat Rolf Benzinger einst angefangen. Heute beschäftigt der Unternehmer fast 400 Mitarbeiter und hat 200 eigene Lkw.

Dass Rolf Benzinger Transportunternehmer wurde, ist ihm nicht in die Wiege gelegt worden. Eigentlich sollte der Landwirtsohn aus Friolzheim bei Pforzheim den elterlichen Betrieb übernehmen. Benzinger absolvierte tatsächlich auch eine landwirtschaftliche Ausbildung. Sobald er den Gesellenbrief in der Hand hielt, wechselte er aber das Steuer – vom Traktor zum Lkw. Gleichzeitig bahnte sich ein weiterer Karriereweg an – jahrelang arbeitete er nebenher als Weinhändler für Weine aus der Pfalz und aus Cleebronn. "Da hätte ich es auch zu etwas gebracht", ist sich Benzinger sicher.

Die Rolf Benzinger Spedition auf Überholspur

Das Interesse am Lkw siegte. Im vergangenen Jahr bewältigte die Rolf Benzinger Spedition nach eigenen Angaben ein Aufkommen von mehr als 80.000 Sendungen und erreichte einen Umsatz von rund 35 Millionen Euro. Zum Leistungsspektrum zählt das Unternehmen heute Fahrzeugtransporte, Messe- und Eventlogistik, Containertrucking, Maschinen- und Anlagentransporte, Lagerlogistik sowie Just-in-time und Just-in-sequence-Logistik für die Automobilindustrie.

"Hätte mir das damals jemand erzählt – ich hätte ihn für verrückt gehalten", sagt Benzinger, "ich hätte nie gedacht, dass aus der Liebe zum Lkw so etwas wird."  Mit dem Führerschein der Klasse 3 in der Hand begann er zunächst als Kraftfahrer eines 7,5-Tonners bei einem Fleisch verarbeitenden Unternehmen. Zehn Jahre arbeitete er dort und übernahm in dieser Zeit immer mehr Aufgaben, etwa als Fuhrparkverwalter oder in der Versand- und Verkaufsabteilung. Letztendlich war klar, dass er in der Transportbranche seinen Lebensunterhalt verdienen wollte. Also zurück auf die Schulbank: Bei der Stuttgarter Spedition Herbert Niederquell absolvierte er eine verkürzte Lehre als Speditionskaufmann und bewarb sich noch in der Lehrzeit um eine Konzession, um selbstständig Transporte durchführen zu können.

Am 1. April 1971 kaufte Benzinger seinen ersten Lkw

Andere erinnern sich wehmütig an ihr erstes Auto, Benzinger weiß noch genau, wann er sich seinen ersten Lkw gekauft hat: "Es war der 1. April 1971, da habe ich meinen ersten Kipperzug von Seiger in Lippstadt gekauft – gebraucht, für 56.000 Mark. Einen Teil hatte ich zusammengespart, die andere Hälfte musste ich aufnehmen." Über Anrufe und persönliche Kontakte kamen die ersten Kundenaufträge zustande. Mit Transporten von Kies, Sand und Schotter startete Benzinger ins Unternehmertum, eine erste blaue Konzession des Regierungspräsidiums Karlsruhe ermöglichte Transporte in einem Umkreis von 150 Kilometern.

Schnell merkt er nach eigenen Angaben, dass das reine Schüttgutgeschäft nicht besonders lukrativ ist. "Nach und nach habe ich also weitere Betriebe mit Konzessionen aufgekauft, um mehr zu machen." 1973 kaufte er seinen ersten Autotransporter und stellte seinen ersten Mitarbeiter ein, der bis zur Rente im vergangenen Jahr dem Unternehmen Benzinger treu blieb. Weitere Autotransporter und das erste Jumbofahrzeug folgten. Noch 1976 schaffte der Unternehmer den Spagat zwischen Büro, Werkstatt und Fahrerhaus, bis er sich auf die Tätigkeit im Büro und beim Kunden konzentrierte.

Rund 30.000 Qudratmeter Lager- und Logistikflächen betreibt die Firma im Tiefenbronn

Heute beschäftigt das Unternehmen etwas unter 400 Mitarbeiter: Neben der Zentrale in Friolzheim betreibt die Firma im benachbarten Tiefenbronn seit 2004 rund 30.000 Qudratmeter Lager- und Logistikflächen. Außerdem gibt es eine Benzinger-Niederlassung im sächsischen Großschirma, Büros in Karlsruhe, Wörth und Lonsee. Auch im Ausland ist das Unternehmen vertreten: etwa  in Brumath (Frankreich) und in Llucmajor (Spanien), von wo aus das Unternehmen Bewohner und Urlauber der Sonneninsel Mallorca mit deutschen Produkten versorgt. Weitere Niederlassungen befinden sich in Wroclaw (Polen) sowie in Tver (Russland).

Mit der Niederlassung in Russland, die Benzinger mit einem Partnerunternehmen betreibt, verbindet den Unternehmer eine besondere Beziehung. Zustande kam der Geschäftskontakt durch reinen Zufall. Daraus hat sich eine deutsch-russische Freundschaft entwickelt: "Einige der Partner aus Tver haben in Liebenzell im Schwarzwald Ferienwohnungen gekauft, wir besuchen uns regelmäßig gegenseitig", sagt der Chef. Wobei sich die Besuche nicht auf die Chefetage beschränken, sondern auch die Mitarbeiter an dem Freundschaftsprogramm der etwas anderen Art teilnehmen. Einmal in der Woche kommt sogar eine Lehrerin und gibt im Konferenzraum Russisch-Unterricht. Die Schüler: ein Azubi und Unternehmenschef Rolf Benzinger.

95.000 Kilometer Fahrleistung kommen im Jahr zusammen

Dass sein Unternehmen so gut gewachsen ist, liegt sicher nicht nur daran, dass Rechnen und Erdkunde Benzingers Lieblingsfächer in der Schule waren: "Ich war sicher einer der ersten, der den Lkw als eigenes Profitcenter angesehen hat." Unternehmertum bedeute aber auch, "mal nein zu einem Geschäft sagen zu können", meint er.

Langsam plant Benzinger, sich aus dem aktiven Geschäft zurückzuziehen und die Leitung seinen Neffen Alexander Benzinger und Thomas Winkler zu überlassen. Leicht wird es nicht: "Du guckst dir ja nur Industriegebiete an", habe seine Frau im Urlaub mal gesagt. Tatsächlich nutzt Benzinger weiter jede Gelegenheit, um die nationalen und internationalen Kunden zu besuchen. 95.000 Kilometer Fahrleistung kommen so im Jahr zusammen. "Faulenzen muss ich erst lernen", konstatiert der Unternehmer.

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