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Punkteregelung in Flensburg Ihr gutes Recht

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Seit anderthalb Jahren gilt die neue Punkteregelung – trans aktuell fasst die ersten Erfahrungen zusammen.

Die Punktereform liegt schon eine Weile zurück – zum
1. Mai 2014 traten die Neuregelungen in Kraft. Wie sich das System jetzt gestaltet, was die Fallstricke sind und was Betroffene tun können, erklärte Rechtsanwalt Helge-Kristian Münkel im Rahmen eines von der Kaufmännischen Schule 1 Stuttgart organisierten Tags des Güterkraftverkehrs. Angehende Kaufleute für Speditions- und Logistikdienstleistungen sowie für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (KEP) informierten sich dabei über die ak­tuelle Rechtslage.

Etwa über das zulässige Verhalten in einer allgemeinen Verkehrskontrolle: Sie erfuhren, dass sowohl der Atemalkoholtest als auch der sogenannte Drug-Wipe-Test freiwilliger Natur sind. „Ein beliebtes Mittel zur Überprüfung der Kraftfahrereignung ist, dass man etwa gebeten wird, die Kuppen von rechtem und linkem Zeigefinger zusammenzubringen – unzulässig“, sagt Münkel. Als Beschuldigter habe man keine Mitwirkungspflicht bei der eigenen Überführung. Heißt also, im Wissen um die eigenen Rechte alle freiwilligen Maßnahmen freundlich und höflich ablehnen.

Seit der sogenannten Punkte­reform reichen jetzt schon acht Punkte zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Behörden. Ein Punkt  ist im Fahreignungsregister des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg schnell verdient: Das kann schon der Verstoß gegen die Winterreifenpflicht, keine oder falsche Ladungssicherung, aber auch ein Verstoß gegen das Handyverbot sein.

"Achtmal telefonieren und schon ist die Fahrerlaubnis weg", warnte Münkel davor, das Handyverbot auf die leichte Schulter zu nehmen. Den Inhalt von Paragraf 23 Abs. 1a StVO sollte man sich daher nach Angaben des Fachanwaltes für Strafrecht immer ins Gedächtnis rufen, wenn das Mobiltelefon sich während der Fahrt im Auto bemerkbar macht: "Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss." Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt gelten als schwerer Verstoß. Grundsätzlich zwei Jahre und sechs Monate ab Rechtskraft der Entscheidung braucht es, bis eine Ordnungs-widrigkeit mit einem Punkt aus dem Register gelöscht wird.

Mindestens zwei Punkte auf einen Schlag verdient sich, wer etwa innerorts 31 bis 70 km/h zu schnell fährt oder sich des unerlaubten Entfernens von ­einem Unfallort schuldig macht. "Auch der berühmte Zettel mit den eigenen Kontaktdaten unter der Windschutzscheibe reicht hier nicht aus", sagte Münkel. Besser ist es, einen Zeugen zu suchen, der den Unfallvorgang beobachtet hat, die Polizei zu rufen – oder tatsächlich auf den Besitzer des beschädigten Fahrzeugs zu warten. Ordnungswidrigkeiten mit zwei Punkte gelten als besonders schwerer Verstoß (Ordnungswidrigkeiten mit Fahrverbot oder Straftaten ohne oder mit Fahrverbot bis zu drei Monaten).  Die Tilgungsfrist beträgt hier fünf Jahre ab Rechtskraft der Entscheidung.

Unfallflucht: zwei Punkte

Drei Punkte sind etwa das ­Ergebnis einer Trunkenheitsfahrt. Wer das kassiert, hat in den Augen des Gesetzes eine Straftat begangen, die auf alle Fälle mit Entziehung der Fahrerlaubnis geahndet wird – zusätzlich zum Bußgeld.  Anders als beim Fahrverbot, bei dem nach Ablaufen der Frist der Fahrer seinen Führerschein wieder zurückbekommt, wird bei der Entziehung der Führerschein ungültig und kann erst nach einer mindestens sechsmonatigen Sperrfrist neu beantragt werden. Meist wird die Neuerteilung von Auflagen – etwa der bekannten medizinisch-psychologischen  Untersuchung (MPU) –  abhängig gemacht. Zudem steht die Tat zehn Jahre im Zentralregister.

Verschärfte Bedingungen also für Punktesünder, auch weil der Punkteabbau im Rahmen eines Seminars nur bei einem Punktestand bis zu fünf Punkten und nur in Höhe von einem Punkt erfolgen kann – und dies auch nur einmal in fünf Jahren. Besser ist es, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, sagt Münkel.

Allerdings lohnt sich nach einem Verkehrsverstoß auch eine Verteidigung: So ist zunächst zu prüfen, ob im Bußgeldbescheid der wesentliche Inhalt nach Paragraf 66 Abs.1 OwiG genannt wird. Auch ein positiver Einlass – "Ich war’s nicht!" – sei gutes Recht. Trifft der Verdacht zu, sei es jedoch besser, zu schweigen oder zumindest niemand anderen zu belasten, so der Fachanwalt für Strafrecht, da sonst unter Umständen ein Strafverfahren wegen falscher Verdächtigung mit weitaus schlimmeren Folgen eingeleitet werden könnte.
Gutes Recht des Betroffenen im Bußgeldverfahren ist auch, Einspruch einzulegen, und zwar innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bußgeldbescheids. Der Betroffene darf zum Vorwurf umfassend schweigen sowie einen Verteidiger konsultieren, der Beweisanträge stellen und Akteneinsicht verlangen kann. Dann kommt es auf die Arbeit des Verteidigers an, etwa bei einem Fahrverbot, sagt der Stuttgarter Rechtsanwalt: "Durch geschicktes Taktieren lässt sich viel Zeit gewinnen – teilweise lässt sich das Fahrverbot bis zu einem Jahr überbrücken."

Fotos: Fotolia, Jüngst

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