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Projekt Log Health Gesundheit hat Vorfahrt

Log Health, Gesundheit in der Logistik Foto: Rathmann, Küppers, Montage: Mannchen

Die Anforderungen an die Fahrer sind gewachsen  – und damit die Belastungen. Es reift die Erkenntnis, dass auch Speditionen nicht mehr ohne Gesundheitsmanagement auskommen.

Die Logistikbranche ist zwar unverzichtbar für den Wirtschaftsstandort Deutschland – nur vergessen das die meisten Menschen immer wieder, sogar die Kraftfahrer selbst. "Ich sage unseren jungen Nachwuchsfahrern bereits zu Beginn ihrer beruflichen Karriere in unserem Unternehmen, dass sie stolz auf sich und ihren gewählten Beruf sein können, denn ohne sie würde kein Auto unserer Kunden vom Band gehen", sagt René Große-Vehne, Geschäftsführer der gleichnamigen Schwieberdinger Spedition.

Das Team fit und gesund, motiviert und leistungsfähig halten

Doch die Wertschätzung der Gesellschaft für die Leistung der Fahrer ist gleichbleibend gering, und so auch deren Selbstbewusstsein. Daran gilt es für den Spediteur zu arbeiten, und zwar dringlicher denn je. "Besonders in der Wachstumsregion Stuttgart fehlen uns Fahrer und Lageristen", sagt Große-Vehne. Eine Entwicklung, die sich mit dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel weiter verschärfen wird. Umso wichtiger ist es für ihn, sein Team fit und gesund, motiviert und leistungsfähig zu halten. Nur – welcher ist der richtige Weg dorthin? Das kann Große-Vehne im Rahmen des Projekts Log Health (Gesundheit in der Logistik) herausfinden. Unterstützt wird er dabei vom IPRI-Institut in Stuttgart als Projektleiterin, als Mitstreiter sitzen diverse Logistiker sowie Cargo-Line-Partner gleichberechtigt am Tisch, etwa Koch International, Zufall, ­Simon Hegele, Albert Craiss und Kaltschmitt.

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM)

Beim zweiten Treffen des Netzwerks in Frankfurt drehte sich vieles um die Theorie: IPRI-Mitarbeiter Sebastian Berlin erläuterte das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) in seinen vielen Facetten. "Wir wollen dieses für Mittelständler in der Logistik greifbar machen", sagt Berlin. Gemeinsam diskutierte die Gruppe den richtigen Weg – weg von Einzelmaßnahmen, hin zu einer langfristigen Gesundheitsstrategie, die beim Chef beginnt und alle Mitarbeiter mit einbezieht. Doch letztlich ist jedes Unternehmen so einzigartig, dass es eigene Inhalte entwickeln und umsetzen muss, von der Checkliste bis zu den Kennzahlen.

Wertschätzung der Menschen im Unternehmen ist selbstverständlich

In der täglichen Praxis suchen viele Personalchefs nach Lösungen, um gegen Burnout, hohe Fehlzeiten, kurzfristig erkrankte Mitarbeiter, Rückenprobleme von Fahrern, Stress und Hektik einen Hebel zu finden. Doch wo drückt ganz genau der Schuh? Ohne konkrete Zahlen stochern Personalleiter letztlich nur im Nebel. Wer eine Vision entwickelt hat, analysiert den aktuellen Stand, erarbeitet Optionen und leitet realistische, strategische Ziele ab. Für deren Umsetzung werden diese mit Kennzahlen operationalisiert sowie mit Maßnahmen und Budgets versehen. Dann geht es an die Kommunikation des Ganzen.
Bei Große-Vehne sollen alle, angefangen bei der Familie und den Geschäftsführern, das persönliche Gespräch suchen und so gemeinsam an dem Ziel arbeiten. Die Wertschätzung der Menschen im Unternehmen ist für den Chef unabdingbar und selbstverständlich. "Wer sich nicht nachhaltig aufstellt, läuft Gefahr, irgendwann den Markt zu verlassen", ist er überzeugt.

Massage, Rückenschulung und frisches Obst für alle

Zentrale Kennzahlen sind für ihn vor allem der Krankenstand und die Mitarbeiterzufriedenheit. "Wir haben bereits einige Projekte mit Erfolg umsetzen können, etwa Massagen für Fahrer, Rückenschulungen, kostenfrei frisches Obst oder Kaffee für alle. Diese einzelnen Komponenten kommen bei unseren Mitarbeitern gut an und werden gerne angenommen", sagt Große-Vehne. Konkrete Erfolge hinsichtlich des Krankenstandes ließen sich sicherlich über einen längeren Beobachtungszeitraum hin ermitteln. "Kurzfristig können wir eine Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit feststellen", was sich in persönlichen Gesprächen zeige, die regelmäßig geführt würden. Wichtig sei dabei, dass alle Probleme offen angesprochen würden, "nur dann kann man diese auch lösen".

Gesundheitsmanagement gewinnt an Gewicht

Gute Lkw-Fahrer, Lagermitarbeiter oder Disponenten sind immer schwerer zu finden. Damit gewinnt das Gesundheitsmanagement weiter an Gewicht – davon ist auch Uwe Fieselmann überzeugt. "Wir müssen wieder mehr Profis in die Branche lotsen", fordert der Geschäftsführer der Spedition Koch International. Dafür will er am Image der Speditionsbranche feilen, auch über das Bewusstsein der Fahrer für ihre Außenwirkung.
Das Unternehmen aus Osnabrück hat das Betriebliche Gesundheitsmanagement 2014 als oberstes Unternehmensziel ausgerufen. Ein klares Bekenntnis zu einer Strategie, für die alle – Mitarbeiter und Geschäftsleitung – einen langem Atem benötigen werden.
"Wir haben viele gute Einzelmaßnahmen aufgegriffen, aber nichts dauerhaft etabliert", blickt Fieselmann kritisch zurück. Er ist mit Personalchefin Jana Schützchen zu dem Netzwerktreffen angereist. Zeitlichen Spielraum haben die Speditionen seiner Meinung nach nicht mehr, sie müssten jetzt handeln. Bei einer Gesundheitsquote von 95 Prozent soll es im Hause Koch nicht bleiben. "Vor allem die 25- bis 40-Jährigen sind jedoch schwer zu erreichen", sagt der Spediteur. Hier geht es auch um eine bessere Kommunikation der gemeinsamen Visionen – im Führungsteam und mit allen Mitarbeitern.

Bei Koch ist mit der Datenerhebung der erste Teil des Projekts bereits abgeschlossen, und damit 60 bis 70 Prozent des Aufwands geleistet. "Das ist immens wichtig und aufwendig", sagt IPRI-Berater Sebastian Berlin. In Gesprächen, Workshops, Arbeitskreisen würden viele Probleme diskutiert, das sorge bereits für Aufmerksamkeit im Unternehmen. Ein Steuerkreis ist eingerichtet. "Jetzt muss es losgehen", sagt  Schützchen.

Langfristige Ziel mit den entsprechenden Maßnahmen hinterlegen

Im September folgt ein interner Strategie-Workshop. Die Aufgabe: langfristige Ziele mit den richtigen Maßnahmen hinterlegen und deren Effektivität in Zahlen messbar machen. Um zu erfahren, was die Mitarbeiter für ihre Gesundheit bereits tun, hat Koch eine Umfrage durchgeführt, deren Ergebnisse jetzt einfließen. Seit acht Jahren lädt Koch die Mitarbeiter zum Sportfest Truck Stop ein, das sich um Suchtprävention bemüht. Alles schön und gut, aber was bringt das konkret? Das soll jetzt das Projekt Log Health zeigen. Koch-Personalchefin Schützchen will auch erkrankte Mitarbeiter verstärkt ins Boot holen sowie gute Ernährung zum Thema machen.

"Die Bereitschaft für gesunde Ernährung ist da, man muss nur gute Angebote machen", ist auch Große-Vehne überzeugt. Mit Mut zum Experimentieren, um den richtigen Hebel zu finden, will er vor allem die Fahrer aus der Reserve locken. Und ihnen auch mal gesunde Angebote für die Füllung ihrer Kühlbox machen. Zum Beispiel könnte man an einem Tag Kühlboxen mit verschiedenem Inhalt füllen und darüber mit den Fahrern ins Gespräch kommen. Wer noch weitere Ideen für oder Interesse an Log Health hat, kann sich auch in das laufende Projekt einklinken – denn Quereinsteiger sind willkommen.


DAS PROJEKT

Die Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums reicht für zweieinhalb Jahre, von Oktober 2013 bis März 2016. Betreut wird das Projekt vom Stuttgarter Forschungsinstitut IPRI unter der Leitung von Sebastian Berlin. Unterstützung erhält Log Health durch Studenten der Hochschule  Kempten. Im Rahmen ihrer Bachelor­arbeiten bei Prof. Marcus Zinsmeister (Fakultät für Soziales und Gesundheit, Bereich Prävention) sollen diese spezifische Ziele für einzelne Berufsgruppen entwickeln. Wer in das laufende Projekt einsteigen will, ist willkommen. Infos im Netz gibt es unter http://sustainability-control.org/loghealth/



ERSTE SCHRITTE

Auf dem Weg zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement:
- Checkliste für eine Gesundheitsstrategie entwickeln
- Kennzahlen für gezielte Steuerung und Kontrolle finden
- Handlungsleitfaden mit Maßnahmen zur gezielten Gesundheitsförderung von - Mitarbeitern verschiedener Berufsgruppen festlegen
- Anreizsysteme für ein gesundheitsbewusstes Verhalten der Beschäftigten einführen
- Gesundheitsmanagement im Unternehmen verankern
Quelle: IPRI Institut

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