Profiwissen Motorkühlung So funktioniert der Viskose-Lüfter

Luftmodul, Motorkühlung Foto: Andreas Wolf

Abgasrückführung, indirekte Ladeluftkühlung und Retarder führen zu einem gewaltigen Kühlbedarf. Dreh- und Angelpunkt bei der Kühlung ist der Lüfter eines Nutzfahrzeugs, der den Fahrtwind hilfreich unterstützt.

Geht es um die Kühlung, reagieren Motoren mit hoher spezifischer Leistung fast wie der Darsteller einer Schokoriegel-Werbung: Immer wenn´s zu heiß ist, werden sie zur Diva. Doch nicht nur das, auch bei kühlen Temperaturen reagieren die meisten Aggregate zickig. An die zirkulierende Kühlflüssigkeit stellen sie hohe Ansprüche: Ist der Motor auf Betriebstemperatur, hat die Kühlung dafür zu sorgen, dass so wenig Wärme wie möglich abgeführt wird, allerdings ohne dass das Aggregat dabei überhitzt.

Ist die Maschine hingegen kalt, sollte die Kühlflüssigkeit möglichst schnell auf die optimale Betriebstemperatur kommen, um lange Kaltlaufphasen mit hohem Verbrauch und erhöhten Emissionen zu vermeiden. Bei niederen Umgebungstemperaturen wird daher anfangs elektrisch zugeheizt. Um das Temperaturfenster für einen effizienten Betrieb mit sparsamem Verbrauch zuverlässig zu halten, muss der Motorlüfter die nötigen Kühlluftmengen fein austarieren. Damit er selbst mit seinem Antrieb den Dieselverbrauch nicht erhöht, ist er inzwischen bedarfsgerecht geregelt. Das heißt, dass sich seine Drehzahlen genau am momentanen Bedarf an Kühlleistung orientieren.

Lüfter mit Viskose-Kupplung

Im Lkw sind seit geraumer Zeit Lüfter mit sogenannter Viskose-Kupplung üblich. Die Antriebsscheibe der Kupplung wirkt mit entsprechendem Kraftschluss stufenlos auf das Lüfterrad. Der genaue Kraftfluss läuft über das Antriebsrad der Kupplung, das mit einem Keilriemen vom Motor bewegt wird. Sein Drehmoment überträgt es auf das Lüfterrad über eine Kammer mit zähflüssigem Silikonöl. Das Öl pendelt dabei zwischen einem Arbeits- und einem Vorratsraum. Die Scherkraft des Silikonöls stellt also den eigentlichen Kraftschluss her: Je mehr Silikonöl sich im Arbeitsraum befindet, desto höher der Kraftschluss, umso schneller dreht sich das Lüfterrad.

Eine stabile Steuerung der Kupplung inklusive entsprechend präziser Regelbarkeit und dynamischem Verhalten ist aber erst mit dem Einsatz einer Elektronik möglich. Eine Schaltung mit schnell ansprechenden Magnetventilen bemisst die Verteilung des Öls zwischen Arbeits- und Vorratsraum abhängig vom aktuellen Temperaturniveau des Kühlmittels. Um die Kühlleistung möglichst exakt an den momentanen Kühlbedarf anzupassen, legt das Motormanagement den Zuschaltgrad und die Zuschaltdauer des Lüfters fest. Die Elektronik erfasst also nicht nur die Kühlmitteltemperatur, sondern erkennt auch den richtigen Zeitpunkt, zu dem der Motor Kühlung braucht.

Motormanagement berechnet Kühlbedarf

Den Bedarf an Kühlleistung errechnet das Motormanagement aus Abgasrückführungsrate, Ladeluftkühlungsrate, Drehzahl, Kühlwasser- und Ansauglufttemperatur sowie der Fahrzeuggeschwindigkeit. Gelenkt wird der interne Ölumlauf mit einem von der Fahrzeugelektronik angesteuerten, doppelt wirkenden Magnetventil, das die Silikonölmenge bemisst, die vom Vorratsraum in den Arbeitsraum fließt.

Der große Kühlbedarf künftiger Euro-6-Motoren erhöht jedoch deutlich die an die Lüfterleistung gestellten Ansprüche. Soll der Lüfter seine Leistung verbessern, muss er einen stärkeren Luftstrom erzeugen. Beim Übertragen der dafür notwendigen höheren Antriebsmomente erwärmt sich aber auch das Silikonöl im Arbeitsraum der Visko-Kupplung stärker. Der Effekt, der sich dadurch einstellt, wirkt aber genau in die gegenläufige Richtung: Das Silikonöl wird dünnflüssiger und überträgt weniger Drehmoment. Also versuchen die Motoren-entwickler, auch das Silikonöl selbst zu kühlen.

Der Trick mit den Lamellen

Übrigens: Dem Motorkühler zugeführter Fahrtwind verschlechtert die Aerodynamik eines Lkw. Wenn der Motorlüfter bedarfsgerecht zugeschaltet wird, warum sollte auch nicht die Kühlluft nach Bedarf zugeleitet werden, fragten sich also Entwickler von Iveco und Mercedes. Heraus kam dabei ein System, das auf einer Art Jalousie hinter der Frontabdeckung des Motorkühlers beruht. Im neuen Mercedes Actros ist diese Jalousie zweigeteilt. Eine deckt den größeren Lufteinlass im oberen Bereich des Motorkühlers ab, die andere Jalousie die kleinere Öffnung oberhalb des Stoßfängers. Wenn kein Fahrtwind zur Kühlung benötigt wird, bleiben alle Lamellen geschlossen.

Aus der Zweiteilung im Mercedes Actros ergeben sich vier Jalousie-Stellungen, die eine verhältnismäßig exakte Anpassung ermöglichen. Sind beide Jalousien geschlossen: kein Kühlbedarf. Sind beide Jalousien geöffnet: großer Kühlbedarf. Ist die obere Jalousie (mit größerem Lufteinlass) geöffnet: mittelgroßer Kühlbedarf. Ist die untere Jalousie (mit kleinerem Einlass) geöffnet: kleinerer Kühlluftbedarf.

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