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Podiumsdiskussion in Leipzig "Sich verpflichtet fühlen reicht nicht"

Foto: Weltverkehrsforum

Der Transport als Garant für Wachstum, darum ging es beim Weltverkehrsforum in Leipzig. Schnell war klar, dass bei klammen Kassen die Nachhaltigkeit ins Hintertreffen gerät.

Eigentlich hatte alles ganz harmonisch angefangen: Wirtschaftswachstum und Nachhaltigkeit müssen Hand in Hand gehen – so der Tenor der Podiumsdiskussion. Einen schon aufgrund der blanken Zahlen beeindruckenden Rückblick gab etwa der chinesische Vizeminister für Verkehr Zhenglin Feng: „Unser Verkehrsnetz hat sich in den zurückliegenden Jahren schnell entwickelt, sagte er vor dem bis fast auf den letzten Platz gefüllten Plenum in Leipzig im Rahmen der Weltverkehrsforums. 85.000 Kilometer Bahnlinie sowie 4,1 Millionen Kilometer an neuen Straßen wurden in den letzten paar Jahren gebaut. "Unser Netz ist vollendet", resümiert er diese Investitionen. Dieser finanzielle Kraftakt habe aber letztlich auch dazu geführt, dass China heute die Wirtschaftsmacht Nummer zwei in der Welt sei, so Feng.

Bei Sicherheit, Umweltschutz und Energie gilt es Herausforderungen zu meistern

Die Arbeit sei damit allerdings noch keinesfalls getan. Vor allem in den Bereichen Sicherheit, Umweltschutz sowie Energie gebe es noch Herausforderungen zu meistern. Und auch in den ländlichen Gebieten gebe es durchaus noch Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Infrastruktur. Vor allem aber gelte es noch den nahtlosen Verkehr zu stärken. Eben das Thema, das sich auch diese Konferenz auf die Fahnen geschrieben hatte.
Unter derzeit umgekehrten Vorzeichen muss sich der irischen Transportminister Leo Varadkar derzeit seinen Herausforderungen stellen. Dabei schien seit Land zunächst alles richtig gemacht zu haben. „In der Zeit von 2001 bis 20008 haben wir viel Geld in unsere Infrastruktur gesteckt“, erzählte er. Danach kam die Wirtschaftskrise und die neuen Bahn- und Flughafenterminals blieben leer – so leer wie heute die Staatskasse auf der grünen Insel. Nun könne er nur noch vereinzelt Straßen bauen beziehungsweise den Bestand zu erhalten. Bisweilen könne man dann auch noch versuchen, alles miteinander zu vernetzen.
In Sachen Vernetzung sind die Schweizer schon einen Schritt weiter – nicht nur mit der Schienenverbindung von Rotterdam nach Genua. Das verdeutlichte Doris Leuthard, die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt und Verkehr. Natürlich haben auch die Schweizer mit einem schrumpfenden Jahreshaushalt zu kämpfen. "Deshalb setzten wir auf einen Fonds, der unabhängig von dem nationalen ist", erklärte Leuthard. Damit spielte sie auf die Mineralölsteuer sowie die Lkw-Maut an, deren Gelder in der Alpenrepublik in die Straße und die Schiene fließen.

England setzt auf PPP-Modelle

Um an die notwendigen finanziellen Mittel zu kommen, setzt der parlamentarische Untersekretär für Verkehr, Norman Baker, aus England auf sogenannte PPP-Modelle (Private Public Partnership). Dabei arbeitet die öffentliche Hand mit der Privatwirtschaft zusammen. Denn zu tun haben die Briten seinen Ausführungen zufolge noch einiges. Staus, Verspätungen und ineffiziente Vernetzungen sind nur einige Herausforderungen, die er bei dem Treffen nannte. Zwar sei man dabei, rund 1.000 Kilometer an Schiene zu elektrifizieren, der Gleisrückbau der Vergangenheit mache sich aber noch immer erschweren bemerkbar. Um die anstehenden Investitionen zu stemmen, will Baker nun auch Rentenfonds anzapfen. Diese seien auf langfristige Renditen ausgelegt und böten daher eine gewisse Planungssicherheit. Das Problem ist allerdings, dass damit alle Vorhaben etwas teurer werden – schließlich wollen private Investoren immer eine Rendite.
Für den deutschen Markt sah Bahn-Vorstand Rüdiger Grube dahingehend eher wenig Möglichkeiten. „Um private Investoren zu finden, muss man ihnen zusichern, dass sie ihr Geld auch zurück bekommen“, sagte er. Stattdessen konzentriert sich der ehemalige Daimler-Vorstand lieber auf die Bereiche Mobilität und Logistik. „Früher waren Autoteile von Leipzig ins chinesische Shenyang 42 Tage unterwegs“, erzählte er. Schließlich brauche der Schiffsweg einfach seine Zeit. Heute liefert DB Schenker die Teile vom Autobauer BMW auf dem Schienenweg in gerade einmal 21 Tagen an. „Da haben wir 50 Prozent an Zeit und einiges an Kosten gespart“, resümierte Grube. Aber auch der Transport vom Daimler-Werk in Sindelfingen per Bahn und Schiff ins amerikanische Tuscaloosa sei durch nahtlose Transporte wesentlich effizienter geworden.

USA kämpft mit Sparmaßnahmen

In den USA wiederum hat  Susan Kurland, Ministerialdirektorin im Verkehrsdepartment, offenkundig mit Sparmaßnahmen zu kämpfen. Zumindest der sogenannte Tiger-Plan (Transportation Investment Generating Economic Recovery) ist ihr zufolge in trockenen Tüchern. Durch dieses landesweite Förderprogramm sollen in Städten oder Regionen nachhaltige Infrastrukturen geschaffen werden. In der nunmehr zweiten Auflage aus dem Jahr 2010 wurde das Projekt National Gateway Freight Rail Corridor ins Leben gerufen. Ziel ist es, auf ausgewählten Strecken den Verkehr mit Doppelstockzügen zu ermöglichen und so die ökologische und ökonomische Effizienz des Güterverkehrssystems zu erhöhen. Der Frage, wie sich die Etatkürzung auf die US-Verkehrspolitik auswirkt, blieb Kurland allerdings weitgehend schuldig. Zwar schnitt sie alle Verkehrsträger an und ließ auch das Schlagwort Intermodalität fallen – doch auf praktische Beispiele oder konkrete Aussagen hofften die Zuhörer allerdings vergeblich."Wir bleiben den Zielen weiterhin verpflichtet", sagte sie lediglich.

"Sich verpflichtet fühlen reicht nicht aus"

Da hatte sich wohl auch Bahn-Chef Grube mehr versprochen. „Sich verpflichtet fühlen, reicht nicht aus“, konterte er. Insgesamt fehle es ihm in dieser Diskussion teilweise an praktischen Beispielen von erfolgreichen, nachhaltigen Projekten – eine Aussage, die von einem kurzen, aber dennoch stürmischen Applaus der Zuhörer begleitet wurde.
Keine Nachfragen musste hingegen Yoshiyuki Kasai, Vorstand von Central Japan Railways, befürchten. Er berichtete über die Erfolge von Hochgeschwindigkeitszügen für den Personentransport in seinem Land.



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