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Mindestlohn Tipps zum neuen Gesetz

Geld Münzen Scheine Foto: Thomas Küppers

Das Mindestlohngesetz kommt zum 1. Januar - und mit ihm zahlreiche Fragen. eurotransport.de hat bei Juristen nachgefragt.

Elisabeth Schwartländer-Brand, Rechtsanwältin vom Arbeitgeberverband Spedition und Logistik (AVSL) in Baden-Württemberg, gibt Antworten auf wichtige Fragen:

eurotransport.de: Frau Schwartländer Brand, wie können sich Unternehmen auf den Mindestlohn vorbereiten?

Wichtig sind im ersten Schritt folgende zwei Fragen, die der Unternehmer prüfen sollte:

- Zahle ich selbst Mindestlohn?

Hierbei sind die Vergütungsstrukturen im Unternehmen genau zu prüfen: Wenn beispielsweise ein erheblicher Teil von Sonderleistungen und Zuschlägen nicht eingerechnet werden darf, so kann es in manchen Fällen kritisch werden. Auch ist zu prüfen, was denn jeweils die tatsächlich geleistete Stundenzahl ist – nicht nur die vertraglich geschuldete. Auch hier gibt es oft erhebliche Abweichungen, die sich dann auf die Berechnung des Mindestlohns auswirken. Gegebenenfalls müssen die Verträge angepasst werden.

- Kenne ich meine Subunternehmer?

Kann ich beurteilen, ob sie Mindestlohn zahlen? Weiß ich, ob sie meine Aufträge weitervergeben? Hier sind die Preise zu prüfen, die Vertragspartner sollten entsprechende Erklärungen abgeben, eventuell sollten Arbeitsverträge eingesehen werden, Verträge müssen angepasst werden, zum Beispiel hinsichtlich einer Selbstübernahmeverpflichtung - und all dies ist sorgfältig zu dokumentieren.

Können Verlader und Spediteur mit einer Vertragsklausel eine Haftungsübernahme ausschließen?

Nein. Vertragsklauseln wie eine Haftungsübernahme, Freistellungsklauseln und die Verpflichtung zur Selbstübernahme werden eine wichtige Rolle spielen – die zivilrechtliche Haftung auf den Mindestlohn können sie aber nicht ausschließen. Diese gilt verschuldensunabhängig. Das heißt, selbst wenn Unternehmen A alles ihm Mögliche getan hat, um den Vertragspartner B zu prüfen und rechtlich zu binden, und B dennoch seinen Arbeitnehmern keinen Mindestlohn zahlt, haftet Unternehmen A auf den Mindestlohn der Arbeitnehmer von B.

Bei der bußgeldrechtlichen Haftung ist das zum Glück anders: Wenn Unternehmen A hier alles ihm Mögliche getan hat, um den Vertragspartner B zu prüfen, so kann es kein Bußgeld bekommen, wenn B doch keinen Mindestlohn zahlt. Hier wird es aber mit der einfachen Unterschrift unter eine Klausel nicht getan sein. Man muss davon ausgehen, dass die Behörde schon eine genauere Prüfung des Subunternehmers und seiner Preise fordert.

In der Branche werden in der Praxis sehr verschiedene Lohnsysteme praktiziert, etwa Grundgehalt plus Zulagen. Was geht da künftig, was geht nicht?

Das Mindestlohngesetz selbst sagt dazu nichts. Wir gehen aber nach den Aussagen der zuständigen Ministerien davon aus, dass hier die Bewertung aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz übernommen wird. Danach darf als Lohn nur angerechnet werden, was der Arbeitnehmer als regelmäßige Grundvergütung bekommt. Zulagen und Leistungen, die für besondere Tätigkeiten oder für die Tätigkeit zu besonderen Zeiten
gezahlt werden, können nicht angerechnet werden. Im Klartext: Überstundenzuschläge, Zuschläge für Samstags-, Nacht- oder Feiertagsarbeit, Wechselschichtzulagen, eine Hängerzulage, eine Qualitätsprämie zum Beispiel für spritsparendes oder unfallfreies Fahren oder einen sauberen Lkw – all das kann nicht in den Lohn eingerechnet werden, da es für besondere Leistungen gezahlt wird. Erst recht gilt das für Spesen. Ein durchgehend gezahlter Ortszuschlag oder eine monatliche Betriebszugehörigkeitsprämie könnten eingerechnet werden.

Wichtig ist auch: Zahlungen dürfen nur in dem Monat eingerechnet werden, in dem sie tatsächlich geleistet werden. Ein Urlaubsgeld, welches im Juni ausbezahlt wird, darf also nicht rechnerisch gezwölftelt und auf alle Monaten anteilig anrechnet werden, sondern nur im Juni. Und schließlich: Zahlungen, die unter einem Rückzahlungsvorbehalt stehen, dürfen gar nicht angerechnet werden. Wenn also im Dezember ein Weihnachtsgeld bezahlt wird, dieses aber zurückgezahlt werden muss, wenn der Arbeitnehmer das Unternehmen bis zum 31.03. des Folgejahres verlässt, dann darf dieses Weihnachtsgeld gar nicht bei der Lohnberechnung berücksichtigt werden.

Unternehmen bleibt also nichts übrig, als sich sowohl die Vergütungsstruktur im eigenen Unternehmen, als auch die Verträge mit den Subunternehmern genau anzuschauen und gegebenenfalls zu ändern – unter Umständen mit rechtsanwaltlichem Rat.


Darüber hinaus sind laut Andreas Stommel, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Arbeitgeberverbands Spedition und Logistik (ASL), noch einige Punkte nicht eindeutig und müssen noch geklärt werden:

- Auftraggeberhaftung: Sind die Verlader mithaftungspflichtig? Gibt es wirklich keine Exkulpationsmöglichkeit?

- Bereitschaftszeiten: Bereitschaftszeiten können in der Regel geringer entlohnt werden als Arbeitszeit. Wie ist das künftig im Rahmen des MiLoG zu handhaben?

- Dokumentationspflicht: Zu klären ist, ob wirklich alle Arbeitnehmer – etwa auch die, für die Vertrauensarbeitszeit gilt – Beginn, Ende und Dauer ihrer Arbeitszeit dokumentieren müssen. DSLV und ASL haben laut Stommel einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt.

- Ausländische Arbeitnehmer: Wie werden die Arbeitnehmer ausländischer Arbeitgeber kontrolliert, vor allem vor dem Hintergrund eines möglichen Wettbewerbsnachteils der Arbeitnehmer deutscher Arbeitgeber?

Tipps von Dr. Boris Alles, Rechtsanwalt in der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Frankfurt, für Unternehmen in Vorbereitung auf den Mindestlohn:

•    Subunternehmer sind mit Einführung des MiLoG noch gewissenhafter auszuwählen.
•    Plausibilitätsprüfung des Angebots, ob nicht bereits offensichtlich keine Mindestlöhne gezahlt werden.
•    Durch Implementierung von internen Überprüfungsrichtlinien und Kontrollen beim Subunternehmer sicherstellen, dass die Subunternehmer den gesetzlichen Mindestlohn zahlen.
•    Vertragliche Verpflichtung der Subunternehmer zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns.
•    Verbot der Beauftragung von Nachunternehmern durch den Subunternehmer oder gegebenenfalls Informationspflicht beziehungsweise Zustimmungsvorbehalt
•    Gegebenenfalls Sicherheitsleistung durch Subunternehmer
•    Haftungsfreistellung, gegebenenfalls auch für drohende Bußgelder
•    Gegebenenfalls Vertragsstrafe

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