Mercedes L 319 und VW Transporter T2 Erfolgsmodelle groß in Fahrt

Mercedes L 319 und VW Transporter T2 Foto: Karl-Heinz Augustin 14 Bilder

Es ist das Jahr 1968. Während die Produktion des Mercedes L 319 ausläuft, beginnt die Zeit des VW Transporter T2. Beide sind seinerzeit erfolgreiche Vertreter der Gattung Transporter. Aber können sie auch heute noch begeistern?

Der eine kommt, der andere geht – zumindest bedeutet das die Jahreswende 1967/68 für die Modellpolitik der Hersteller Mercedes und Volkswagen. Während der Stuttgarter Konzern nach rund zwölf Jahren Bauzeit und rund 125.000 verkauften Einheiten mit dem "Düsseldorfer" den Nachfolger des 3,6-Tonners L 319 präsentiert, führen die Hannoveraner die zweite Generation des ebenso ­erfolgreichen VW Transporter ein.

Fahrzeuge typisch für die 60er

Im Alltag dürften sich die beiden Kasten­wagen aber an der einen oder anderen Ladestelle noch eine ganze Weile lang begegnet sein, so auch im Auftrag von lastauto omnibus anno 2014. Die Redaktion hat die beiden Charakterköpfe stellvertretend für die Gattung der leichten Nutzfahrzeuge ausgewählt, um die für die Ausrichtung von lastauto omnibus so bedeutenden späten 60er-­Jahre Revue passieren zu lassen.

Und die Fahrt zur Ladestelle gelingt heute noch erstaunlich gut. Beide Fahrzeugeigner haben ihre Schätzchen gehegt und gepflegt. Kein Wunder: Beide Fahrzeuge gehören heute wieder ihrem jeweiligen Hersteller und werden dort liebevoll erhalten.

Der L 319 lässt sich entern wie ein moderner Vertreter der Gattung 3,5-Tonner. Dass der ­ge­übte Griff zum Sicherheitsgurt ins Leere führt, ist indes der Beginn zahlreicher neuer alter Eindrücke. Per Zündschlüsseldreh den Motor anzuwerfen, das wäre zu schnöde – und schaltet nur das recht funzelige Abblendlicht ein. Nachdem der Schlüssel also steckt, bitte den Startschalter im Armaturenbrett ziehen. Nun glüht der OM  621 vor. Eine Rudolph-Diesel-Gedächtnisminute einlegen, dann den Schalter ganz durchziehen. Sofort erwacht der 1,9 Liter große Vierzylinder zum Leben – original wäre übrigens der mit 43 PS etwas schwächere OM 636 verbaut. Doch solche Modelle sind laut Hersteller kaum noch aufzutreiben.

Plattnase L 319

Keck lugt die Verkleidung des Motörchens unter dem Armaturenbrett hervor und dehnt sich fast bis zu den Sitzen aus. Mollige Wärme ist den Passagieren so sicher – im Winter wie im Sommer. Weiter vorn hat das Aggregat aber keinen Platz, der L 319 ist eine Plattnase. Wettbewerber setzten in den 60ern dagegen häufig noch auf ­Hauber. Auch Daimler-Benz kehrt beim Düssel­dorfer wieder zur Haube – besser gesagt zur Stupsnase – zurück.

Der kleine Diesel unter der Fahrgastzelle macht ­einen Mordsradau. Der Lieferwagen bietet dafür aber auch einen ordentlichen Resonanzkörper. Der Laderaum misst respektable 8,6 Kubik­meter, keine Trennwand schottet ihn ab oder entkoppelt ihn gar akustisch. Im Gegenteil: Man hat den Eindruck, dass das komplette Blech der ­Karosserie beseelt im Reigen der vier Zylinder mitschwingt. Doch wer will sich schon unterhalten? Jetzt heißt es, Gütertransport nach Art des Jahres 1967 genießen.

Unser L 319 ist eines der späten Modelle aus dem vorletzten Baujahr und besitzt schon einen Schaltstock, der senkrecht aus dem Boden ragt. Flink und überaus präzise lassen sich die vier Vorwärtsgänge damit sortieren. Die Modelle bis 1962 besaßen noch die umständlichere, aber charmantere Lenkstockschaltung aus der Flosse (Baureihe W  110, andere Gene teilt sich der L  319 mit dem Ponton 190 D, Baureihe W 121). Gut, dass die Gangwahl flugs vonstattengeht. Wer den Ersten zu lange ausfährt, wird kräftig durchgeschüttelt. Der Bonanza-Effekt schlägt dann gnadenlos zu. Relativbewegungen von Motor zu Gasbetätigung beeinflussen die Regelstange der Einspritzpumpe. Der Fahrer gibt dadurch unwillkürlich mal mehr, mal weniger Gas. Die Folge: Der Transporter bockt wie ein junger Mustang. Das Problem bekämpfen die Entwickler später mit Dämpfern. Zeitiges Hochschalten zähmt jetzt den L 319.

Mit dem L 319 ist Abbiegen in der Großstadt schwierig

Der Blaumann mit dem Stern zwischen den kugelrunden Augen und den etwas hängenden Mundwinkeln schwimmt leidlich im modernen Verkehr mit. Die Spiegel können als Sichthilfen im dichten Großstadtgewühl des Jahres 2014 nicht mehr überzeugen. Schwupps, wird ein überholender Smart, dem das Oldtimer-Treiben vor ihm viel zu langsam vonstattengeht, vom toten Winkel verschluckt – der Fahrer eines L 319 muss beim Abbiegen und beim Spurwechsel höllisch aufpassen. Klar, der L 319 wurde zwar zum Produktionsstart als Schnelllastwagen angepriesen, gemessen an heutigen Erwartungen lässt er es aber gemütlich angehen.

50 DIN-PS bei 4.000 Touren und 108 Newton­meter Drehmoment bei 2.200 Umdrehungen sind nicht die Welt.

Die defensive Fahrweise passt auch zur nicht vorhandenen Sicherheitsausstattung. Die Bremsen packen zwar zu, verlangen aber nach ­einem strammen Fußdruck. Bremskraftverstärker? Fehlanzeige. Die Knautschzone will kein Insasse wirklich ausprobieren – nicht nur weil ­Gurte fehlen. Auch das Volant verlangt nach einer starken Hand. Davon abgesehen ist es leicht, den L  319 zu steuern. Vor allem beim Rangieren erweist er sich als überraschend handlich.

Das ändert sich beim Umsteigen auf den VW Transporter nicht. Denn auch 1967 war das Thema Lenkhelfpumpe noch nicht en vogue bei Kastenwagen. Dafür wartet der VW T2a (a steht für die erste Generation des T2) mit einer Trennwand zum Laderaum auf, die Geräuschemissionen in der Fahrgastzelle merklich verringert.

T2: Heckmotor sorgt für Ruhe auf dem Fahrersitz

Für etwas mehr Ruhe auf dem Fahrersitz sorgt aber auch der beim VW Transporter bis einschließlich zum T3 verbaute Heckmotor. Die Idee, den Motor hinten zu verbauen, entstammt Ben Pons Feder. Der niederländische VW-Händler hatte in der Nachkriegszeit die Entwürfe für den ersten VW Typ 2 gezeichnet, also den Bulli. An dieser Bauweise ändert sich beim Übergang von T1 zu T2 nichts. So werkelt nach Betätigen der Zündung der 1.584 Kubikzentimeter kompakte Vierzylinder-Boxer direkt über der Hinterachse mit Doppelgelenk-Antriebswellen.

Die Fahrleistungen des T2 sind im Vergleich zu seinem Vorläufer nicht allzu üppig. Mit 47 PS und einem Drehmoment von 106 Newtonmetern lässt sich die Fahrzeugmasse von rund 1.200 Kilogramm zwar bewegen, aber spätestens bei voller Zuladung von einer Tonne wird der T2 im modernen Straßenverkehr zum Hindernis. Dass die Fahrer der überholenden Autos dennoch lächeln, hupen und winken, liegt am charmanten Äußeren des VW. Wer könnte diesem Transporter mit seinen ­Kulleräuglein schon ernsthaft böse sein?

Doch beim T2 ging es natürlich nicht vornehmlich ums Aussehen – transportieren war seine Hauptaufgabe. Dazu bietet er einen Laderaum mit rund fünf Kubikmeter Fassungsvermögen. Allerdings gibt es aufgrund der Heckmotorisierung keinen ebenen Ladeboden. So ragt über der Hinterachse ein etwa 40 Zentimeter hoher Buckel ins Frachtabteil. Erst mit Einführung des T4 wandert der Motor nach vorn und der Laderaumboden komplett in die Ebene.

T2 liebevoll von Klaus Esser restauriert

Den damaligen Besitzer des T2, Klaus Esser, ­dürfte das kaum gestört haben. Der hat rund 30 T2 im Unternehmen als Montage- und Botenfahrzeuge eingesetzt und wohl nur kleinere Waren transportiert, die keinen ebenen Lade­boden benötigt haben. Die Interessengemeinschaft Volkswagen T2 hat den zur Probefahrt angerollten Transporter 1998 aufgekauft und liebevoll restauriert. Und da ging es dann doch ums Aussehen. Die Aufmachung des Esser-T2 hat 1973 den ersten deutschen Marketingpreis gewonnen. Nachdem das Fahrzeug seinen Dienst bei Esser verrichtet hatte, ging es in den Besitz der Feuerwehr Norf über und rückte dort bei sogenannten Kleinalarmen aus.

Restauriert und im Ruhestand macht der damals 7.595 Deutsche Mark teure Kastenwagen aber immer noch eine gute Figur und könnte auch heute so manche Transportaufgabe erledigen. Natürlich müsste der Fahrer etwas Rücksicht nehmen auf die nicht ganz so effektive Wirkung der Trommelbremsen, die beim T3 Scheibenbremsen weichen mussten. Auch die Gemischaufbereitung per Solex-Fallstromvergaser ist tendenziell etwas wartungsanfälliger als moderne Einspritzsysteme. Dafür gibt es aber immerhin eine Tonne Nutzlast und die nicht zu unterschätzende Haltbarkeit der Fahrzeuge vergangener Tage.

Dass der VW T2 schon damals eine hohe Wertschätzung erfahren hat, zeigen die Absatzzahlen. Im Produktionszeitraum von 1967 bis 1979 hat Volkswagen insgesamt 2,2 Millionen Fahrzeuge abgesetzt – als Kastenwagen, Pritsche, Kombi und natürlich als Campingfahrzeug. An der Beliebtheit des VW Transporter hat sich bis heute nichts geändert. Immer wenn einer gegangen ist, kam ein anderer, der den Markt für sich erobern konnte.

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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