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Management 1 x 1 der Ausschreibungen

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

So können Dienstleister ihre Chancen bei der Transportvergabe verbessern.

Die Teilnahme an einer Frachtausschreibung ist für einen Transportdienstleister einer der gängigsten Wege, um Neugeschäft zu genieren. Dennoch werden Ausschreibungen auf Dienstleisterseite meist eher als notwendiges Übel betrachtet, da die Teilnahme aufwendig und die Erfolgsaussichten unklar sind.

Die Kenntnis des typischen Ausschreibungsprozesses, seiner Hintergründe und der darin verborgenen Stolpersteine lässt die Ausschreibung jedoch mehr zur Chance für den Dienstleister werden: "Eine Ausschreibung ist dann sinnvoll, wenn der Verlader eine längerfristige Bindung zu einem oder mehreren Dienstleistern zur Sicherung von Kapazitäten, Qualität und Preisen herstellen möchte", sagt Gerlinde Kunzendorf, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS in Nürnberg. Sie beschäftigt sich intensiv mit den Themen Transportausschreibung und Logistiknetzplanung.   

Für die Auswahl eines Dienstleisters sind die Frachtkosten ein sehr wichtiges, aber nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. "Neben den reinen Frachtkosten ist die Zuverlässigkeit der Dienstleistung relevant." Der entscheidende Punkt ist laut Kunzendorf, ob der Dienstleister die Leistungsfähigkeit besitzt, um die beauftragten Transporte in der definierten Laufzeit mit dem richtigen Equipment dauerhaft zu erbringen.

Problem Preisabfrage

Aus diesem Aspekt heraus sollte sich der Dienstleister vor Teilnahme an einer Ausschreibung fragen, ob die ausgeschriebenen Leistungen im Bereich seiner (geografischen) Kernkompetenz liegen und er eine entsprechende Auslastung seiner Fahrzeuge gewährleisten kann. "Aufgrund des in der Regel erheblichen Bearbeitungsaufwands einer Ausschreibung empfiehlt sich hier die Konzentration auf wenige Erfolg versprechende Ausschreibungen", sagt Kunzendorf. "Diese sollten dann aber auch individuell und qualitativ hochwertig bearbeitet werden."

Bei Dienstleistern sind ihrer Erfahrung nach vor allem jene Frachtausschreibungen berüchtigt, deren Ziel nicht die Vergabe von Transporten an neue Dienstleister ist, sondern die nur der Erhebung des aktuellen Preisniveaus dienen. "Diese Art der Ausschreibungen ist leider häufiger anzutreffen", sagt die Fraunhofer-Mitarbeiterin Das Problem: Der Dienstleister antworte aufgrund der Gefahr einer "Preisabfrage-Ausschreibung" typischerweise mit einem Standardangebot. "Damit reduziert er seine Chancen, tatsächlich nominiert zu werden."

Auf der anderen Seite erhalte das ausschreibende Unternehmen viele Standardangebote, in denen die individuellen Anforderungen der Ausschreibung nicht berücksichtigt sind. Ergebnis: "Ein für beide Parteien unbefriedigendes Ergebnis."

Preisab­frage oder Dienstleisterwechsel

Wie sich die Gefahr der Ausschreibung zur reinen Preis­abfrage vermeiden lässt? "Häufig erkennt man als Dienstleister eine derartige Ausschreibung an formalen Kriterien", weiß Kunzendorf: Wie aussagekräftig und umfangreich ist das Ausschreibungsdokument? Wie knapp sind die Zeitfenster für die Bieterrunden? Bearbeitungszeiten von unter zwei Wochen sind zum Beispiel meist zu knapp für eine qualitativ hochwertige Gebots­abgabe. Außerdem scheuen sich laut Kunzendorf viele Transportunternehmer davor, dem ausschreibenden Unternehmen Fragen zur Ausschreibung zu stellen. "Gerade Fragen zum Verständnis der Ausschreibung sollten als Chance begriffen werden, um mit dem potenziellen Kunden in Kontakt zu treten." Aus der Güte der Antworten lasse sich auch meist die hinter der Ausschreibung stehende Absicht erkennen – Preisab­frage oder Dienstleisterwechsel.

Ihr abschließender Tipp an die Dienstleister: "Man sollte sich zur Sichtung jeder Ausschreibung genügend Zeit nehmen, um genau die Ausschreibungen zu identifizieren, die für das eigene  Unternehmen interessant sind." Zur intensiven Bearbeitung gehören auch die saubere Kalkulation von Kosten und Preisen und ein individuelles Angebot. "Und man sollte die Chance der Ausschreibung nutzen, um mit dem Verlader auch persönlich in Kontakt zu treten".

Die Ausschreibung auf Verladerseite

  • Ausschreibungsdesign: Der Verlader überprüft seine Netzwerkstruktur hinsichtlich Optimierungspotenzialen. "Als nächsten Schritt generiert er ein zeitlich und geografisch valides Mengengerüst, das er an die potenziellen Dienstleister zur Kalkulation übergeben kann", sagt Gerlinde Kunzendorf von der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS. Zum Design gehören auch die Spezifikation der Anforderungen wie Laufzeiten, Equipment und vertragliche Rahmenbedingungen sowie ein aussagekräftiges Ausschreibungsdokument (RFQ-Dokument).
  • Dienstleister-Ansprache: Bei entsprechendem Interesse der Dienstleister wird vor Übergabe von RFQ-Dokument und Mengengerüst eine Geheimhaltungserklärung (NDA) unterzeichnet.
  • Bieterrunde(n): Das verladende Unternehmen sichtet die zu einem definierten Stichtag eingehenden Angebote und erstellt eine sogenannte Short-List der Dienstleister.
  • Nominierung: In der Phase der Nominierung werden letzte Fragen zwischen Verlader und Dienstleister geklärt. Oft trift der Verlader eine so genannte kennzahlenbasierte Dienstleisterauswahl, bei der Kriterien wie Anzahl der zu nominierenden Unternehmen, Transportvolumina oder die Vergabe zusammenhängender geografischer Regionen berücksichtigt werden.
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