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Interview mit MAN Finance-Chef Mandel "Alle Dienstleistungen aus einer Hand"

Foto: Carsten Nallinger

Unter dem Dach von Volkswagen Financial Services soll sich der Münchner Nutzfahrzeug-Dienstleister MAN Finance zum internationalen Rundum-Anbieter mausern. Für die Umsetzung der Strategie will der neue Geschäftsführer Holger Mandel mit Leidenschaft sorgen.

Pünktlich zur IAA Nutzfahrzeuge dieses Jahr präsentiert Volkswagen seinen Nutzfahrzeugkunden einen MAN-Konzern, der als führende Marke die Welt erobern will. Der Weg zum erfolgreichsten Lkw-Hersteller führt in vielen Ländern über die Finanzierung. Warum das so ist, erklärt Holger Mandel, der seit wenigen Monaten die Geschäfte der Finanzierungssparte bei MAN leitet, im Interview mit trans aktuell-Redakteurin Claudia Wild.

trans aktuell: Herr Mandel, Sie sind ein alter Hase im Lkw-Geschäft.

Mandel: Ja, ich bin ein ­Truckie mit Diesel im Blut, und das mit voller Leidenschaft. Selbstverständlich habe ich einen Lkw-Führerschein und fahre sehr gerne selbst. Bei Besuchen unserer Niederlassungen nutze ich jede sich bietende Gelegenheit, unsere Produkte zu testen. Am liebsten fahre ich große Sattelzüge mit genügend PS und vorzugsweise mit manueller Schaltung.

Ist Sprit sparen so möglich?

Die MAN Tip-Matic ist effizienter und im täglichen Einsatz nicht zu ersetzen. Ein Profi-Fahrer schafft das jedoch auch manuell – besonders nach einem guten Training. Unsere Experten von MAN Profi-Drive schulen umweltbewusstes, wirtschaftliches Fahren und zeigen so auch erhebliches Einsparpotenzial auf. Das zeigt, wie sehr es auch auf den Fahrer ankommt. So unterstützen wir unsere Kunden bei der Aus- und Weiterbildung ihrer Berufskraftfahrer.

Was war Ihre erste Aufgabe bei MAN?

Im Vordergrund stand zu Beginn, das Unternehmen, Produkte, Dienstleistungen und vor allem die Mitarbeiter kennenzulernen. Wichtig war für mich, die MAN Finance- und Euro-Leasing-Mitarbeiter in die große VW-Familie aufzunehmen. Außerdem ging es um die Nutzung vorhandener Strukturen sowie das Schaffen von Kundennutzen in neuen Märkten.

Wo liegen denn die Stärken von MAN Finance?

Eine Finanzierungsgesellschaft lebt von drei Dingen. Erstens einem soliden, finanziellen Hintergrund, der durch Volkswagen Financial Services langfristig gesichert ist. Zweitens kundenorientierten Produkten, die durch stabile, aber flexible Systeme reibungslos administriert werden. Und drittens hoch motivierten Mitarbeitern, die täglich daran arbeiten, für unsere Kunden und Partner das Beste zu geben. Unser Ziel ist es, mit MAN Financial Services innerhalb der VW Financial Services Truck & Bus Division – dazu gehören auch MAN Rental und Euro-Leasing – der Benchmark der Branche zu werden. Das schaffen wir auch, mit sehr viel Leidenschaft. 

Was gewinnen Sie und Ihre Kunden aus dem Zusammengehen von VW und MAN bei Finanzdienstleistungen?

Der Zusammenschluss aus Größe, Wissen und Erfahrung ermöglicht uns globale Präsenz. Wir können das Produktportfolio von VW Financial Services für unsere Kunden im Bereich Truck & Bus kontinuierlich erweitern und ihnen perspektivisch einen umfassenden Mobilitätsservice bieten – mit Finanzierung, Leasing, Versicherung, Direktbank und mehr. Und alles in höchster VW-Qualität. So werden wir unsere Kunden und den Absatz unterstützen – weltweit von São Paulo über Peking bis Tokio.

Was ändert sich für Ihre Kunden inhaltlich?

Wir wollen weltweit ein nachhaltiger, verlässlicher Partner für alle Geschäftszyklen sein. Dafür soll die Zusammenarbeit der Kunden mit uns so unkompliziert wie möglich sein. Alle Dienstleistungen, einfach und aus einer Hand, in allen Lebenslagen und über den gesamten Fuhrpark heißt unsere Philosophie. Der Kunde hat einen festen Ansprechpartner bei MAN Truck & Bus und erhält alle betriebswirtschaftlichen Eckdaten und Auswertungen durch uns. Dafür bieten wir mit Fleet Truck ein neues Modul an.  Die MAN-Telematik-Auswertungen gewährleisten zudem für unseren Kunden einen Gesamtüberblick zur Optimierung seiner Flotte.

Was ist das Neue? 

Der Kunde kümmert sich um seine Fahrzeugauslastung und sein Kerngeschäft, wir übernehmen den Rest und entlasten ihn bei allen administrativen Tätigkeiten, zum Beispiel im Bereich Maut, Tanken, Service, Reparatur, Pannenservice – und das flächendeckend in ganz Europa.

Bei Ihrem Stuttgarter Mitbewerber wird rund jedes zweite Fahrzeug finanziert. Bei Ihnen?

Unser strategisches Ziel ist noch etwas ehrgeiziger: Wir möchten der Partner unserer Kunden sein und individuelle Lösungen aus einem modularen Mobilitätspaket anbieten. Erste Erfolge sind bereits sichtbar, so konnten wir die Pene­trationsrate in den ersten sechs Monaten 2014 um über zehn Prozent steigern. Da ist neuer Drive drin. Gefragt ist heute eine bilanzneutrale Fahrzeugbeschaffung. Nur eine Handvoll Unternehmen finanziert den Fuhrpark selbst.  

Wie schaffen Sie sich Ihren Finanzspielraum?

Bei VW Financial Services müssen mehr als 100 Milliarden Euro jährlich refinanziert werden. Das gelingt uns zum Teil über das Einlagegeschäft der Direktbank mit knapp 24 Milliarden Euro. Aber auch über verbriefte Forderungen für Autos, bei denen die Ausfallquoten gering sind. In der Krise haben uns vermehrt Kunden ihr Geld anvertraut und die EZB hat uns als bedeutende Bank eingestuft, daraus erwächst auch Verantwortung. Wir wollen langfristig die Nummer eins werden.

Welche Rolle spielt die Finanzierung künftig?

Sie ist nur noch ein Produkt von vielen. Es geht um Mobilität oder ganzheitliche Transportlösungen. Es ist doch so: Die jährlichen Unterhaltskosten für einen Lkw bestehen nur zu einem geringen Teil aus Abschreibung- oder Finanzierungskosten. Der Aufwand für Treibstoff, Versicherung, Maut wächst kontinuierlich. Wir wollen daher unsere Partner und Kunden ganzheitlich unterstützen und nicht nur bei einem kleinen Teil.

Was passiert jetzt mit den einzelnen Marken?

Die bisherigen Bereiche – MAN Rental, Euro-Leasing und MAN Finance – werden unter dem Dach der Volkswagen Financial Services zu einer Marke, der MAN Financial Services, gebündelt. Diese stellen wir zur IAA dem Publikum vor. Den Service und die Produkte, die wir von VW kennen, mit Finanzierung, Leasing, Versicherung und Rental, setzen wir maßgeschneidert für unsere Lkw- und Buskunden bei MAN um.

Was folgt daraus für Ihre Münchner Mitarbeiter?

MAN Financial Services verbleibt in München und wird zukünftig aus unserer Holding in Braunschweig gesteuert. Einige Mitarbeiter verlagern ihren Dienstsitz nach Braunschweig.  Die Zusammenarbeit mit MAN Truck & Bus wird vor Ort in München nochmals intensiviert.

Wie verändert sich die Flotte, etwa von Euro-Leasing?

Für ein vollständiges Miet-angebot werden wir unsere Flotte in den nächsten Jahren kräftig ausbauen. Spezialfahrzeuge gehören dabei ebenso zum Wachstumspotenzial wie Baufahrzeuge und weitere Spezialsegmente, die wir heute als Euro-Leasing noch nicht voll umfänglich bedienen. Dazu kommt die geografische Expansion nach ganz Europa – heute offerieren wir "Miete" nur in ausgewählten Ländern, das wird sich unter MAN Finan­cial Services ändern. Den Anteil ziehender Einheiten wollen wir nach oben anpassen.

Ist der Trend zur Langzeitmiete ungebrochen?

Ja, damit lässt sich besser planen. Doch stehen wir unseren Kunden in allen Situationen mit Mietlösungen zur Verfügung. Der Kunde liefert just in time und wir liefern die Mobilität just in time.

Wie stark wird Telematik in der Mietflotte nachgefragt?

Im Bereich Rental sind alle Fahrzeuge und Trailer mit Telematik ausgestattet. Das ist selbstverständlich, im Lebensmitteltransport teilweise notwendig und trägt auch wesentlich zur Sicherheit bei.

Setzen Sie hier neue Anreize?

Ja. Wer als Kunde etwa in eine Rückfahrkamera investiert, sollte künftig dafür auch bei der Versicherungsprämie belohnt werden. Dafür wollen wir mit unseren Partnern sorgen, und zwar flächendeckend. Damit wollen wir auch für mehr Verkehrssicherheit sorgen, das ist mir persönlich wichtig. Wer ab und zu einen Lkw fährt, weiß um dessen Dimensionen und ist dankbar für jede technische Hilfestellung.

Wo sehen Sie international noch Potenzial?

Der brasilianische Markt ist groß, aber auch die Märkte in Indien und China sind wichtig. Von den weltweit drei Millionen verkauften Nutzfahrzeugen pro Jahr wird fast eine Million in China gekauft. Doch auch dort achten die Kunden neben dem Kaufpreis zunehmend auf die Nebenkosten. Finanzierung ist dort oft elementar für den Kauf. Wir entwickeln uns auf unseren bayrischen Wurzeln zu einem internationalen Unternehmen mit globalen Lösungen.

Und wie steht es um den heimischen Markt?

Die Lage stabilisiert sich in einem schwierigen Marktumfeld. Der Wettbewerbsdruck verschärft sich zunehmend. In dieser Situation wollen wir ein verlässlicher Partner sein. Wo MAN draufsteht, ist künftig die Qualität von MAN und Volkswagen drin.

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