Verkehrsminister Alexander Dobrindt hält sich bedeckt, in welche Richtung er mit Toll Collect fahren will. Die Kaufoption wird allerdings immer wahrscheinlicher.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat auch bei seinem Auftritt im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages in der vorigen Woche noch nicht gezeigt, welchen Weg er künftig zur Erhebung und Ausgestaltung der Lkw-Maut gehen wird. Eine Entscheidung ergibt sich auch nicht aus einem Informationspapier »Zukunft der Mauterhebung für Nutzfahrzeuge«, das sein Ministerium den Ausschussmitgliedern vorab zugeleitet hatte und das trans aktuell vorliegt. Vor der Europawahl, so pfeifen es die Spatzen von den Berliner Dächern, werde diese Entscheidung auch nicht bekannt gemacht.
Allerdings habe der Minister, so berichten Ausschussmitglieder, die beiden Leitplanken beschrieben, zwischen denen die Entscheidung voraussichtlich fallen werde. Dies sei zum einen die Verlängerung des Toll Collect-Vertrags um drei Jahre bei gleichzeitiger Neuausschreibung des Mautsystems einschließlich des Neuaufbaus eines Erhebungssystems. Oder – zum anderen – die sofortige Ziehung der so-genannten Call Option, also die Übertragung der Gesellschaft Toll Collect auf den Bund.
Recht zur Übernahme besteht bis 28. Februar 2015
Ein entsprechendes Angebot hatten die Toll Collect-Eigentümer bei Abschluss des Betreibervertrages bereits abgegeben. Die Angebotsannahme verpflichtet den Bund zur Zahlung eines Kaufpreises, der sich nach dem Unternehmenswert für die Restlaufzeit des Vertrages bemisst und durch einen Wirtschaftsprüfer ermittelt wird. Das Recht des Bundes zur Übernahme von Toll Collect besteht bis zum 28. Februar 2015.
Kaufoption durch den Bund "nun doch ernsthaft diskutiert worden"
In dem Zusammenhang ist in Berlin ein vor kurzem stattgefundenes Spitzengespräch der Toll Collect-Gesellschafter Deutsche Telekom und Daimler Financial Services mit Minister Dobrindt bekannt geworden. Dabei sei, so verlautet aus Regierungskreisen, die Ausübung der Kaufoption durch den Bund "nun doch ernsthaft diskutiert worden". Dies würde sich auch mit der Position des Koalitionspartners SPD decken, deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Sören Bartol sich wiederholt für eine zeitlich begrenzte Übernahme von Toll Collect durch den Bund ausgesprochen hatte.
Technische Anpassung des Mautsystems erforderlich
Denn, so begründet es auch das Ministeriums-Papier, für die Ausdehnung der Maut auf alle Bundestraßen sind umfangreiche technische Anpassungen des Mautsystems erforderlich. Dies betrifft unter anderem neue Kontrollkonzepte sowie Anpassungen der zentralen Systemkomponenten, wie zum Beispiel der On Board Units (OBUs). Die Beauftragung dieser Leistungen kann "aus vergaberechtlichen Gründen" nicht im Rahmen des geltenden Betreibervertrages erfolgen. Der Zeitbedarf für die Aufrüstung des Systems bis zur Betriebsbereitschaft beträgt "voraussichtlich dreieinhalb Jahre". Eine Mauterhebung für das gesamte, etwa 30.000 Kilometer lange, außerörtliche Bundestraßennetz könne in dieser Legislaturperiode deshalb nicht mehr erreicht werden.
EU-Recht beachten
Beachtet werden muss in diesem Zusammenhang aber auch das EU-Recht, das den Bund zur Anerkennung zusätzlicher Anbieter von Mautdienstleistungen in Deutschland und damit zur Einrichtung eines Europäischen Elektronischen Mautdienstes (EEMD) verpflichtet. Laut Verkehrsministerium hat erst ein Unternehmen einen Antrag auf Registrierung beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) als EEMD-Anbieter vorgelegt. Es soll sich dabei um das deutsche Unternehmen Ages handeln, das bereits mit Toll Collect zusammen arbeitet.
Laufende Schiedsverfahren zwischen Bund und Toll Collect beachten
Ebenfalls beachtet werden müssen bei der Neujustierung des Mautsystems womöglich die zwischen dem Bund und Toll Collect noch laufenden Schiedsverfahren. Eine erste mündliche Verhandlung mit einem neuen Vorsitzenden Schiedsrichter soll es noch im Mai geben, eine weitere ist schließlich für September/Oktober geplant. Wann die Verfahren abgeschlossen werden können, ist zurzeit nicht vorhersehbar.