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Kombinierter Verkehr im bayerischen Chemiedreieck Schiene für das Schwergewicht

KV-Terminal Burghausen Foto: Thomas Straub

Wo die Wirtschaft stark ist, ist auch die Bedeutung des Verkehrs groß. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern  hatte daher zu einer Schienenkonferenz in das südostbayerische Chemiedreieck nach Burghausen geladen, um die Bedeutung des Verkehrs auf der Schiene für die Wirtschaft herauszustellen.

Wirtschaftlich stark sind die Regionen entlang der so genannten Technologieachse Süd, die von Karlsruhe und Stuttgart über Ulm, Augsburg und München bis zur österreichischen Grenze bei Salzburg führt. Vor allem im letzten Teil, dem Südosten, mahnen die Verantwortlichen den Ausbau des Schienengüterverkehrs an.
Das verkehrliche Gegenstück zu der Technologieachse ist der Korridor Rhein-Donau im Rahmen der Bahnachse Paris–München–Wien–Budapest, einem Kernnetz-Korridor des Transeuropäischen Netzes (TEN). Laut einer Studie der IHKs Schwaben, München und Oberbayern, Ulm sowie Karlsruhe zur Technologieachse Süd will die EU-Kommission den Rhein-Donau-Korridor bis 2020 zu einer von neun europäischen "Güterzug-Vorrangkorridoren" machen.

"Der Kombinierte Verkehr ist auch für Südostbayern ein attraktives Angebot für die verladende Wirtschaft, von der Straße auf die Schiene zu verlagern", sagt Gerhard Wieland, Referent für Schienenverkehr, Bergbahnen und ÖPNV bei der IHK für München und Oberbayern. Gerade auch deshalb, weil die Region Chemie-Schwergewicht ist, wie es in der IHK-Studie heißt: Die Chemie- und Pharmabranche ist viermal so stark vertreten wie im Bundesdurchschnitt.

Zweigleisig bis Tüßling

Laut der Studie "Technologieachse Süd", an der auch die IHK München und Oberbayern beteiligt war, zählen eine kombinierte Aus- und Neubaustrecke Ulm–Augsburg im Korridor Neu-Ulm–Günzburg–Jettingen–Dinkelscherben sowie die Elektrifizierung zwischen Markt Schwaben und Freilassing zum "Vordringlichen Bedarf" im Bundesverkehrswegeplan 2030, ebenso die Zweigleisigkeit von Markt Schwaben über Mühldorf bis Tüßling. Im weiteren Verlauf bis Freilassing werde ein zweigleisiger "Begegnungsabschnitt" nur als "Potenzieller Bedarf" geführt.
Für Gerhard Wieland ist jedoch klar, dass auch die Strecke Tüßling–Burghausen zeitnah elektrifiziert werden muss. "Hier zeichnet sich ein Flaschenhals aufgrund der zunehmenden Verlagerung auf die Schiene infolge des leistungsfähigen Umschlagterminals ab. Langfristig ist auch ein zweigleisiger Ausbau unumgänglich."

KBT: 42.000 Ladeeinheiten pro Jahr

Besagtes Umschlagterminal ist das Kombi-Terminal Burghausen (KBT), das seit 2015 am Start ist und hinter dem ein Konsortium aus einer DB Cargo-Tochter, der  Deutschen Umschlaggesellschaft Schiene-Straße (Duss) und der Karl Schmidt Spedition steht. 2017 werden dort nach Angaben von Terminal- und Depotleiter Tom Schimmel voraussichtlich 42.000 Ladeeinheiten umschlagen, davon sind 98 Prozent Boxcontainer (20-Fuß und 40-Fuß) und nur zwei Prozent Sattelauflieger – Chemie hat die Nase vorn. Die wichtigsten KV-Relationen führen zu den deutschen Seehäfen Bremerhaven und Hamburg sowie nach Neuss und Triest.

Zweiter Portalkran in Betrieb

Erst vor kurzem hat das KBT den zweiten Portalkran in Betrieb genommen. "Wir gehen von einem starken wirtschaftlichen Wachstum in der Region auch in den kommenden Jahren aus, und auch von einem starken Wachstum vor allem im Bereich des Kombinierten Verkehrs. Der Ausbau der Schieneninfrastruktur muss weiter erfolgen." Nur so sei auch zu erreichen, dass der KV weiter an Marktanteilen gewinne.
Die am Markt befindlichen Techniken für den Umschlag nicht kranbarer Trailer auf die Schiene – von denen zwei, Nikrasa und Railrunner, auf der IHK-Schienenkonferenz vorgestellt worden waren – kennt Schimmel. Wichtig sei, dass der zusätzliche Aufwand im Terminal so gering wie möglich gehalten werde. "Sonst haben wir steigende Kosten, welche wieder vom Markt übernommen werden müssten – und dann würde sich auch das Interesse am Produkt Kombinierter Verkehr reduzieren."

Umschlagtechnologien staatlich fördern

Auch Gerhard Wieland sieht, dass der KV mehrheitlich mit 20- und 40-Fuß-Containern erfolgt. "Allerdings sind weitere systemergänzende Umschlagstechnologien wie Nikrasa für nicht kranbare Sattelauflieger oder Systeme wie Railrunner mit einem verstärkten Auflieger auf Eisenbahndrehgestellen notwendig, um weitere Potentiale für die Schiene zu gewinnen." Um damit mehr Einheiten von der Straße auf die Schiene zu verlagern, seien Fördermaßnahmen des Bundes natürlich sehr hilfreich.

140 Züge auf einem Gleis

Alle Technik nützt aber nichts, wenn das prognostizierte Wachstum nicht auf die Schiene verlagert werden kann, weil die Strecken nicht entsprechend ausgebaut sind. Auf der Zulaufstrecke zum Chemiedreieck, der Strecke Mühldorf (Inn)–Tüßling, teilen sich bislang nach DB-Angaben auf rund elf Kilometer Länge bis zu 140 Züge am Tag ein Gleis. Im Mai dieses Jahres gab es grünes Licht für den zweigleisigen Ausbau.
Verkehrsexperte Wieland sieht weiteren Bedarf:  "Aufgrund des geringen Kosten-Nutzen-Faktors unterstützen wir kurz- und mittelfristig den Bau von einem oder zwei Überholabschnitten auf der Relation Tüßling–Freilassing." Langfristig sei aber aufgrund der zunehmenden Güterverkehre zum Adriahafen Triest der zweigleisige Vollausbau mit Elektrifizierung notwendig. Eine entsprechende Höherstufung in den Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrkehrswegeplans 2030 müsse daher unbedingt bis zum Frühjahr 2018 erfolgen. Die durchgängige Elektrifizierung mit der höheren Achslast auf 22,5 Tonnen sei, wenn auch nur eingleisig, zumindest bereits im aktuellen Plan enthalten.

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