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Katharina Tomoff Leiterin der Umweltabteilung DHL im Gespräch

Katharina Tomoff sieht den Logistikdienstleister DHL in seinen Nachhaltigkeitsbemühungen voll im Plan. Die Leiterin der Umweltabteilung betrachtet ihren Konzern vor allem auch als Ideengeber.

Den CO2-Ausstoß bis 2010 um 30 Prozent reduzieren, das ist das Ziel. Die Go Green-Verantwortliche von DHL Katharina Tomoff sprach mit trans aktuell-Redakteur Carsten Nallinger über Pilotprojekte und Zukunftsvisionen.

trans aktuell:
Frau Tomoff, Sie waren unter anderem in der Entwicklungshilfe tätig. Welche Einsichten haben Sie bekommen und wie wirkt sich das auf Ihre heutige Arbeit aus?
Tomoff: Die Zeit in Nepal war in vielerlei Hinsicht sehr wertvoll. Für meine heutige Arbeit sind besonders drei Erfahrung wichtig: Erstens, wie viel man erreichen kann, wenn man ein Ziel ernsthaft verfolgt. Zweitens habe ich dort gelernt, dass es wichtig ist, mit vielen relevanten Partnern wie der Regierung oder anderen Hilfsorganisationen zusammen zu arbeiten und den Einsatz zu koordinieren. Und zu guter Letzt, dass es sich lohnt, an einer Sache dranzubleiben, auch wenn sich der Erfolg nicht immer sofort einstellt.

Warum haben Sie sich jetzt dem Bereich Umweltschutz verschrieben?
Umweltschutz ist für mich das zentrale Thema unserer Zeit, welches uns sowohl global als auch als Einzelnen betrifft. Der Wirtschaft bietet sich an dieser Stelle die Chance, aber auch die Herausforderung, aktiv Verantwortung zu übernehmen.

Und warum gerade bei DHL?
Unser Konzern hat bereits früh damit begonnen, sich ein Ziel zu setzen und sein Geschäftsmodel darauf auszurichten. Ich war zum damaligen Zeitpunkt bereits in meiner Funktion als Beraterin mit diesem Thema befasst und konnte so die Entwicklung nahezu von Anfang an mitverfolgen.

Wie sieht das in Ihrem Konzern aus?
Wir haben uns das Ziel gesetzt, unsere CO2-Effizienz bis 2020 gegenüber unserem Basisjahr 2007 um 30 Prozent zu verbessern. Darin eingeschlossen sind unsere direkten Emissionen, aber auch die unserer Subunternehmer. Darüber hinaus haben wir uns noch ein Zwischenziel für 2012 gesetzt, in dem wir bereits zehn Prozent unserer direkten Emissionen für jeden Brief, jede Tonne und jeden Quadratmeter einsparen wollen. Damit waren wir der erste global tätige Logistikdienstleister mit einem quantifizierbaren Ziel – und wir sind derzeit voll im Plan.

Arbeiten Sie auch hier partnerschaftlich, um ihre Ziele zu erreichen?
Wir arbeiten eng mit relevanten Partnern zusammen: Wir nehmen zum Beispiel bei geförderten Projekten zur Elektromobilität des Bundesumweltministeriums oder des Verkehrsministeriums teil und testen die Fahrzeuge von morgen in unserem Alltagsbetrieb. Wir arbeiten auch direkt mit fast allen Automobilherstellern zusammen, angefangen von Daimler über MAN, Iveco, Renault, Volvo bis zu Volkswagen. In gemeinsamen Projekten zu alternativen Antrieben in den unterschiedlichsten Gewichtsklassen testen wir die Fahrzeuge im Normalbetrieb und können so wichtige Erkenntnisse für eine marktwirtschaftliche Produktion in der Zukunft erbringen.

Welches Ziel verfolgen Sie mit diesen Pilotprojekten?
Wir kooperieren mit den Herstellern und zeigen, dass es einen Bedarf an derartigen Lösungen gibt. Momentan gibt es noch keine serienreifen Fahrzeuge für die Logistik.

Nachhaltigkeit beinhaltet auch eine gesellschaftliche Komponente?
Das stimmt. Auch hier sind wir und unsere Mitarbeiter weltweit aktiv. Unser Corporate Responsibility Programm namens Living Responsibility fußt auf drei Säulen: neben dem Umweltschutz engagieren wir uns insbesondere in den Bereichen Katastrophenmanagement und Bildung. Dabei finde ich es besonders eindrücklich, dass viele Kollegen auf Gemeinde-Ebene Aktionen umsetzen. Aber auch im Alltagsgeschäft gibt es grünes Potenzial und wir müssen hin zu einem stärkeren Miteinander, auch unter Wettbewerbern.

Und wie hat sich Ihr Produkt entwickelt?
Wir haben 2007 mit unserem grünen Paket im Express-Bereich angefangen. 2009 waren es dann 15 Millionen Pakete und mittlerweile sind wir mit unserem Service in 36 Ländern aktiv. Man kann Go Green in den Segmenten Brief, Paket, Expressversand – und inzwischen auch Global Forwarding und Fracht – nutzen. Darüber hinaus bieten wir maßgeschneiderte, umweltfreundliche Lösungen im Bereich Lagerwirtschaft sowie bei der Optimierung der Beschaffungskette an.

Wie hat man sich das vorzustellen?
Wir beraten zum Beispiel unsere Kunden dabei, wie sie ihre Supply Chain, das heißt den Transport und das Lager, umweltfreundlicher oder ihre Prozesse klimafreundlicher gestalten können. Damit geben wir letztlich das Know-how aus unseren eigenen Abläufen weiter.

Zurück zur Fracht – sind die Kunden überhaupt gewillt, mehr für grüne Logistik zu zahlen?
Eine gerade von uns herausgegebene Studie kommt zu dem Schluss, dass 57 Prozent der Geschäftskunden und 51 Prozent der Endkunden einen umweltfreundlichen gegenüber einem günstigeren Logistiker vorziehen würden. Und die Realität unterstreicht dieses Ergebnis: unsere CO2-neutralen Produkte lagen im Jahr 2008 bei 145 Millionen Sendungen, 2009 waren es bereits 700 Millionen – das ist fast fünf Mal so viel. Der klimafreundliche Versand ist aber nur eine Seite unserer Bemühungen, nachhaltig zu agieren.

Und welches ist die andere Seite?

Als Konzern haben wir uns ein eigenes Effizienzziel gesetzt, das wir separat von unserem klimafreundlichen Go Green-Service erreichen wollen. Das eine ist unsere konzernpolitische Entscheidung, das andere eine Dienstleistung.

Wie viel macht der Go Green am Gesamtaufkommen aus?
Das ist bislang noch ein niedriger Prozentsatz unseres Gesamtvolumens, aber die Tendenz ist steigend.

Oftmals werden Kosten sparende Effizienzsteigerungen aber auch als Grün verkauft?

Ideal ist es, wenn diese Entscheidungen Hand in Hand gehen. Zum Beispiel merkt man nach einem Fahrertraining sehr schnell den sinkenden Spritverbrauch. Dadurch sparen wir CO2 ein und können gleichzeitig unsere Kosten senken. Eine ähnliche Win-Win-Situation gibt es auch bei aerodynamischen Anpassungen bei Fahrzeugen. Um aber zum Beispiel ein Lager nahezu CO2-neutral zu gestalten, bedarf es schon eines höheren finanziellen Einsatzes. Das gleiche gilt für alternative Fahrzeuge, die heute noch Prototypen sind. Aber Nachhaltigkeit steht ja auch für beständig und zukunftsfähig – und das erreicht man nur langfristig und mit einem gewissen Aufwand.

Gerade im Bereich Aerodynamik ließe sich doch aber noch viel machen, was an den gesetzlichen Bestimmungen scheitert?

Aus diesem Grund ist es wichtig, mit möglichst allen Beteiligten im Dialog zu stehen. In Großbritannien hat DHL zum Beispiel sogenannte Teardrop-Trailer im Einsatz. In Deutschland sind diese aber aufgrund ihrer Höhe nicht zulässig. Jetzt sind wir dabei, einen Trailer zu entwickeln, der auch den hiesigen Abmessungen entspricht.

Sie arbeiten viel mit Subunternehmern zusammen. Welche Stellschrauben haben Sie dort?

Tatsächlich machen unsere Subunternehmer etwa 75 Prozent unseres CO2-Fußabdrucks aus. Um auch hier eine Effizienzsteigerung zu erreichen, benötigen wir Transparenz bei den Fahrzeugdaten wie zum Beispiel der Fahrzeuggröße und des Verbrauchs. Das ist für uns eine Herausforderung, aber wir sind auf einem guten Weg.

Sie setzen aber auch ein CO2-Kompensationsmodell ein, ist das nicht ein moderner Ablasshandel?

Hier muss man sehr klar trennen: Zum einen haben wir ein klar definiertes, quantifizierbares Effizienzziel, das wir ausschließlich durch die Verbesserung unserer Fahrzeugflotte, unseres Netzwerks, unserer Prozesse, durch alternative Antriebe und durch Mitarbeiterschulungen erreichen. Zum anderen gibt es die Go Green-Produkte, die wir unseren Kunden anbieten und dabei die entstandenen CO2-Emissionen in externen Klimaschutzprojekten ausgleichen. Der Ausgleich erfolgt über den Kauf von Zertifikaten mit dem höchsten Umweltstandard.
Und der wäre?
Wir setzten den sogenannten Gold-Standard ein. Das sind Zertifikate für Projekte, in denen die CO2 Emissionen zu 100 Prozent ausgeglichen werden. Ein Kriterium ist dabei das Zusätzlichkeitsprinzip. Das bedeutet, dass die Projekte tatsächlich von diesem Geld gefördert werden – zum Beispiel ein Biomasseprojekt in Indien, mit dem aus Ernteabfällen wiederum Energie gewonnen wird.

Zur Person:
Seit Januar 2010 leitet Katharina Tomoff die Umweltabteilung von Deutsche Post DHL. In dieser Position verantwortet sie auch das Umweltschutzprogramm Go Green. Zuvor war sie als Beraterin bei Inhouse Consulting – der internen DHL-Unternehmensberatung – tätig. Dort wirkte die 31-Jährige an internationalen Projekten mit, die unter anderem eine Effizienzsteigerung zum Ziel hatten. Weitere Erfahrungen sammelte Tomoff während ihrer Zeit bei Sick, einem Mittelständler, der Sensoren zum Automatisieren von Logistik- und Produktionsprozessen herstellt. Die Diplom-Psychologin engagiert sich ehrenamtlich für Kinder in Nepal, wo sie selbst mehrere Monate als Entwicklungshelferin verbracht hat.

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