Interview mit Meiller-Chef Böhmer Qualität made in Germany

Interview Foto: Jacek Bilski

Produktion für den deutschen Markt – 60 Prozent der Aufbauten des Kipper-Produzenten Meiller bleiben in heimischen Gefilden. Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Meiller Fahrzeug- und Maschinenfabrik, Dr. Daniel Böhmer, erläutert im Gespräch mit der Redaktion trans aktuell unter anderem, warum nur 40 Prozent der Fahrzeuge in den Export gehen.

Herr Dr. Böhmer, was zeigt Meiller auf der IAA in Hannover?

Auf der IAA stellen wir zwei neue Hinterkipper für die Exportmärkte vor. Zum einen zeigen wir einen neuen Hinterkipper für den skandinavischen Premiummarkt. Zum anderen stellen wir einen Hinterkipper für preissensible Exportmärkte vor, bei dem wir auf Aufbaufreundlichkeit geachtet haben, aber auch auf verringerten Materialeinsatz, der zu einem Standardprodukt mit Standardabmessungen führt.

Bleiben Sie dabei Ihrem hohen Qualitätsanspruch treu?

Absolut. Ohne Einbußen bei der Qualität. Qualität kommt bei uns daher, dass wir Stahlbau, Hydraulik und Steuerung aus einer Hand liefern. Und daran ändert sich auch bei den Exportprodukten nichts. Wir sparen Bearbeitungsschritte ein, indem wir beispielsweise Bordwände nur in zwei Höhen anbieten. Die Reduzierung der Varianz spart Kosten, ändert aber nichts an der Qualität des Produktes.

Was zeigen Sie außer den Exportfahrzeugen auf der IAA?

Wir zeigen unsere gewichtsoptimierte Sattelbaureihe 43, die wir in der Vorserie bei ausgewählten Kunden erfolgreich erprobt haben und jetzt in den Markt bringen. Ein Kippsattel steht auf unserem Stand, einen weiteren zeigen wir auf der VDA-Innovationsbühne. An diesen Beispielen zeigen wir den effizienten Einsatz von bewährten, herkömmlichen Materialien. Mithilfe von komplexen Berechnungen haben wir eine halbe Tonne Material bei unserer Stahlvariante im Vergleich zum bisherigen Produkt eingespart, die eins zu eins in Nutzlast übergeht. Wir zeigen außerdem eine Kranvorbereitung für Drei-Seiten-Kipper. Mit einer optimierten Schnittstelle für den Kran begegnen wir den bisher komplizierten Umbauten an Kippern, wenn ein Kunde einen Kran nachrüsten möchte. Wir haben uns bei der Entwicklung der Schnittstelle mit Kran-Herstellern abgestimmt. Außerdem bieten wir hierfür eine dauerlauffähigen Hydraulikpumpe und einen vergrößerten Ölbehälter an. Die seit der Bauma bekannte Fernbedienung Isar-Control ist auf der IAA auch zu sehen. Zudem zeigen wir die überarbeitete Containerverriegelung für Absetzkipper.

Welche Botschaft wollen Sie Ihren Kunden auf der IAA mitgeben?

Eine Botschaft ist sicherlich unser Alleinstellungsmerkmal mit Stahlbau, Hydraulik sowie Steuerung aus einer Hand und dass wir in diesen Bereichen innovativ unterwegs sind. Dazu kommt der Leichtbau, aber auch die Qualität und Zuverlässigkeit unserer Produkte. Wir haben die Bedürfnisse unserer Kunden im Blick und bemühen uns, den Nutzen unserer Produkte stetig weiter zu verbessern. Die IAA ist für uns eine Messe, auf der wir dafür in großem Umfang die Rückmeldungen unserer Kunden einholen können, die uns dabei helfen.

Wie schätzen Sie derzeit die Auftragslage bei Meiller ein, und welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die IAA?

Die IAA ist für uns, genau wie die Ifat oder die Bauma, ein wichtiger Stimmungsmesser. Außerdem bietet die IAA die Möglichkeit, den Stand der Dinge in der Branche an einem Ort zu einem Termin zu überblicken. Unsere Auftragslage kann beunruhigen, wenn man allein die Kennzahlen betrachtet. Wir haben in Deutschland einen Auftragsbestand, der deutlich unter dem von Weihnachten liegt, unserem traditionell niedrigsten Punkt im Jahr. Das hängt aber auch damit zusammen, das die Hersteller ihre Lieferzeiten für Neufahrzeuge weiter gesenkt haben.

Das bedeutet?

Die Kunden können sich für ihre Investitionsentscheidungen mehr Zeit lassen und bestellen entsprechend später. Gleichzeitig verzeichnen wir eine rege Anfragetätigkeit auf Kundenseite. Positiv für uns ist auch das Wiederanlaufen des russischen Marktes. Das ist abhängig vom Ölpreis. So lange das Barrel mehr als 100 Dollar kostet, können wir weiter mit einer starken Konjunktur in Russland rechnen. Daran und an der Konjunktur in Deutschland hängt das Meiller-Geschäft.

Wie hoch ist der Exportanteil bei Meiller?

60 Prozent unseres Geschäfts machen wir in Deutschland. Darin sind auch einige Exportprodukte enthalten, also Fahrzeuge, die an einen deutschen Kunden gehen, der diese dann exportiert. Direkt exportieren wir rund 40 Prozent. Davon entfällt etwa die Hälfte auf Russland. Dort unterstützen wir westliche Hersteller bereits an drei Standorten. Das könnten wir auch überall sonst auf der Welt tun.

... etwa in Indien und China?

Dort sehen wir bisher keine Notwendigkeit. In beiden Ländern gibt es Produkte, die zur Kostenstruktur dort passen. Für Fahrzeuge in Meiller-Qualität spüren wir dort bisher wenig Bedarf.

Ein Anteil von 60 Prozent ist doch überraschend hoch. Wie kommt es, dass Sie so stark auf den deutschen Markt setzen?

Meiller ist zunächst einmal ein deutscher Aufbauhersteller, und das Aufbaugeschäft ist ein ganz regionales. Aus der Historie heraus ist die Dominanz des deutschen Markts zu erklären. Bis 2008 haben wir nahezu alle unsere Rechnungen noch in Deutschland gestellt. Wir haben in deutschen Werken aufgebaut und in Deutschland ausgeliefert. Natürlich hatten wir auch da schon eine bedeutende Exportquote, weil wir optimal auf den Einsatzfall abgestimmte Produkte haben. Deshalb können wir mit großen Stückzahlen alle Exportprojekte der westlichen Lkw-Hersteller unterstützen.

Können Sie Beispiele für Ihre Auslandsaktivitäten geben?

Heute bedienen wir Kunden in Märkten wie Russland, Polen oder auch Frankreich, die uns aus der Zeit vor 2008 kennen und schätzen. Die fordern von uns aber lokalisierte Lösungen und setzen dann weiter auf die bewährte Meiller-Qualität. Je nach Volumen bauen wir dort auch eine eigene Infrastruktur auf.

Wie breit sind sie derzeit in Europa aufgestellt?

In Europa sind wir in fast allen Ländern selbst oder mit Partnern vertreten. Der einzige noch weiße Fleck ist England. Das haben wir jedoch auf der Agenda. Der englische Markt hat an Kippfahrzeuge aber sehr spezielle Anforderungen, auf die wir uns erst einstellen müssen.

Kögel hat Ihnen einst das Kippergeschäft verkauft. Nach einer Pause sind die Burtenbacher nun mit einem neuen Produkt in den Markt wieder eingestiegen. Wie bewerten Sie das? Welche Rolle spielt Schmitz-Cargobull im Wettbewerb?

Schmitz ist der dominante Wettbewerber im Anhängermarkt. Bei Kippsatteln verfügt Schmitz über ein intelligentes Produkt, das er zu attraktiven Preisen anbietet.

Gibt es Pläne, Ihr Produktportfolio in den Bereichen Bau und Entsorgung breiter aufzustellen?

Nein, gibt es nicht. Wir haben in unseren heutigen Arbeitsfeldern, nämlich Kipper und Container-Wechselsysteme als Aufbauten und Anhänger, noch viel zu tun. Jenseits davon gibt es andere Anbieter, die sich ihre branchenspezifischen Stärken auch hart erarbeitet haben. Wir müssen da Respekt haben vor Leuten, die ihr Handwerk verstehen. Wir wollen uns nicht verzetteln.

Zur Person Dr. Daniel Böhmer

Dr. Daniel Böhmer (49) ist seit zweieinhalb Jahren Vorsitzender der Geschäftsführung beim Fahrzeugbauer Meiller in München. Zuvor war er Vorstandssprecher bei dem auf Blechverarbeitung spezialisierten Zulieferer Läpple in Heilbronn. Böhmer studierte und promovierte in der Fachrichtung Maschinenbau an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Seine erste Station war der Heiz- und Kühlsystemanbieter Webasto, wo er 14 Jahre lang beschäftigt war. Böhmer ist verheiratet und hat drei Kinder.

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