Dr. Helmuth Marcov im Gespräch Die Kunden müssen die Kosten tragen

Dr. Helmuth Markov Portrait Foto: Mdf Brandenburg

Dr. Helmut Markov war von 1999 bis 2009 Mitglied des Europäischen Parlamentes. Auch als Finanzminister von Brandenburg verfolgt er die Entwicklung in der Transportbranche.

Als Berichterstatter für das EU-Parlament waren Sie zuständig für die Neufassung der EU-Verordnung 561/2006 über die Lenk- und Ruhezeiten. Haben sich Ihrer Meinung nach die verschärften Sozialvorschriften bewährt?

Markov: Wenn man die Fachpresse verfolgt, werden die neuen Lenk- und Ruhezeiten sowie die Einführung des digitalen Tachografen in der Branche kontrovers diskutiert. Ich glaube aber, dass das Grundanliegen richtig war. Es wurde klar geregelt, wie lange man fahren darf und wann man Pause machen muss.

Mein Eindruck ist, dass die Umsetzung der Sozialvorschriften mit der zeitgleichen Einführung des digitalen Tachos im Großen und Ganzen funktioniert und die meisten Fahrer davon profitieren, weil sie wissen, dass sie sich an die Gesetze halten können.

Die Wirtschaftlichkeit der Flotten hat aber nachgelassen, heute sind 130.000 Kilometer das Maximum im nationalen Fernverkehr, wenn sich ein Fahrer an die Vorschriften hält. Der verladenden Wirtschaft ist das aber egal.

Markov: Leistung muss bezahlt werden. Wenn alle für ihre Leistung höhere Gelder verlangen, dann wird der Kunde bezahlen. Niemand kann sich eine Maschine auf den Rücken laden und zu Fuß von Berlin nach Hamburg tragen. Demzufolge werden die Kunden bezahlen. Das ist die einzige Möglichkeit, auskömmliche Erträge in den Unternehmen zu erwirtschaften und dann den Kraftfahrern den entsprechenden Anteil davon zu bezahlen.

Es gibt in Deutschland nach wie vor ein hohes Lohngefälle zwischen West und Ost. Westdeutsche Speditionen kämpfen gegen Dumpinglöhne, etwa aus Osteuropa, und müssen die Gehälter eher senken als erhöhen.

Markov: Lohnsenkungen sind genau der falsche Weg, obwohl ich das betriebswirtschaftlich verstehen kann. Es müssen Erträge erwirtschaftet werden. Und deswegen sage ich, dass die Transporte höher bezahlt und die Kosten auf die Kunden umgeschlagen werden müssen. Der Beruf, der überwiegend von gut qualifizierten Leuten wahrgenommen wird, ist enorm anstrengend und beinhaltet eine hohe Verantwortung. Das muss einfach honoriert werden.

Wird der Euro auf Dauer zu retten sein?

Markov: Der Euro ist einmal eingeführt und er wird auch bleiben. Er wird nicht zerbrechen, man muss nur die Rahmenbedingungen verbessern. Und wenn man eine gemeinsame Währung hat, dann muss man sich auch über ein Solidarprinzip einigen. Sollte der Euro zerbrechen, wäre das für die Wirtschaft der Bundesrepublik eine Katastrophe.

Haben Sie einen Tipp an die Bürger, wie sie besser mit ihrem Geld umgehen sollen?

Markov: Sich möglichst nicht verschulden. Verschulden ist immer Mist. Man muss dafür einen Zins bezahlen und Schulden muss man irgendwann auch tilgen. Im privaten Haushalt ist das ähnlich. Wenn ich immer einen Dispokredit aufnehme, wird das am Ende unendlich teuer. Ich muss auf das Niveau kommen, dass ich mit dem, was ich einnehme, auch auskomme. Ich empfehle den Leuten immer, Kredite nur dann aufzunehmen, wenn sie sie sicher tilgen können.

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