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Im Gespräch mit trans aktuell Interview: Fehrenkötter und Theis über den Fahrzeugvergleich

Fehrenkötter, Theis, Bicker, Fuhrparktest, ta2010 Foto: Schöning

Im Gespräch mit trans aktuell schildern Firmenchef Joachim Fehrenkötter und Fuhrparkleiter Robert Theis ihre persönlichen Erfahrungen aus drei Jahren Fahrzeugvergleich.  

Neben den nüchternen Zahlen zu Verbräuchen und Werkstattaufenthalten zählen für die beiden Fuhrparkprofis auch weiche Kriterien bei der Fahrzeugbewertung. 

eurotransport.de: Warum gibt es zwei Sieger beim Fehrenkötter-Test?

Fehrenkötter: Weil der Test einige Dinge nicht berücksichtigt. Von der wirtschaftlichen Seite her haben wir ein Kopf an Kopf-Rennen. Wenn man aber die Fahrzeugkonzepte vergleicht und ein paar weiche Faktoren berücksichtigt, die wir im Testverlauf kennen gelernt haben, muss man einfach sagen, dass der zweite Sieger mit aufs oberste Treppchen gehört.

Theis: Der Renault ist als Lkw nicht 1:1 mit den anderen Fahrzeugen zu vergleichen, er ist schon eine Stufe kleiner vom Fahrerhaus her. Von daher muss er in der Bewertung eigentlich parallel laufen.

eurotransport.de: Könnten Sie sich dennoch vorstellen, den Premium für ihren Fuhrpark zu erwerben?

Fehrenkötter: Auf jeden Fall – das ist ein gutes Fahrzeug. Ein Grund, warum wir den Test gemacht haben, war ja, um festzustellen, was wäre möglicherweise eine Alternative zum bestehenden Hersteller? Und zwar unter Realbedingungen. Denn welcher Spediteur, der ausschließlich eine der hier vertretenen Marken fährt, würde schon zugeben, "dieses oder jenes Fahrzeug bringt’s einfach nicht"? Keiner! 

eurotransport.de: Welche Marken haben Sie im Ergebnis überrascht?

Fehrenkötter: Überraschend waren vor allem die hinteren Plätze, die haben wir eigentlich anders gesehen. Den Volvo beispielsweise kannten wir aus dem Mietfahrzeugbereich, da wussten wir, dass die recht zuverlässig sind. Wir haben uns auf das Thema Wirtschaftlichkeit konzentriert und gewisse andere Dinge ausgeblendet. Wenn man zum Beispiel den 1.000-Punkte-Test heranziehen und gewisse Dinge wie Ausfalltage stärker bewerten würde, dann wären diese Fahrzeuge weiter vorne und andere weiter hinten gelandet. Überrascht hat mich im positiven Bereich der Renault, das hätte ich nicht für möglich gehalten.  

Theis: Erstaunlich ist auch, dass der Iveco auf Rang drei landet, den hätte ich weiter hinten gesehen. 

eurotransport.de: Gab es beim Volvo im letzten Testabschnitt noch Ereignisse, die ihm das Ergebnis verhagelt haben? Bei den Zwischenberichten lag er noch gut im Rennen.

Fehrenkötter: Wir haben ja immer nur Zwischenstände angegeben, die große Abrechnung erfolgte erst am Schluss. Erst aus den vollständigen Drei-Jahres-Werten wurden die Kilometer-Kosten ermittelt. Nur als Beispiel: Würde man die Ausfalltage finanziell stärker berücksichtigen, als wir es ohnehin schon tun, dann hätte das Ergebnis anders ausgesehen. 

eurotransport.de: Welche Faktoren spielen – neben der Wirtschaftlichkeit – in ihrem Unternehmen noch eine Rolle bei der Kaufentscheidung? Sie haben bereits angedeutet, dass ihre Meinung vom Testergebnis abweicht.

Fehrenkötter: Für uns spielt vor allem das europaweite Servicenetz eine Rolle. Wenn man das bewerten würde, sähe es für den Iveco beispielsweise schlechter aus. Wir haben drei Top-Werkstätten, die für uns tätig sind – eine bereits seit 80 Jahren. Die sind auch regional ungeschlagen – sei es nach Öffnungszeiten, nach Erreichbarkeit oder Flexibilität: Da können wir nach 22 Uhr noch reparieren, da ist 365 Tage im Jahr jemand erreichbar, man braucht keine Notrufnummer, man ruft einfach die Zentrale an und es geht jemand ran. Dann der Vertrieb.  Beispiel Daimler: Besser geht’s nicht! Danach kommt schon Renault – die haben sich extrem ins Zeug gelegt, weil die ein Geschäft gewittert haben, von Anfang an. Es gibt aber auch Firmen, die gesagt haben: Der steigt doch eh nicht um! 

eurotransport.de: Bei einzelnen Marken gab es auffällig häufig Garantie- und Kulanz-Regelungen. Lag das nach ihrer Erfahrung im Rahmen des Üblichen für Fahrzeuge dieses Alters?

Theis: Nach unserer Meinung ging es über das normale Maß hinaus.

Fehrenkötter: Das ist natürlich schwierig zu greifen. Wir als Unternehmer werden natürlich einen Teufel tun und uns zu Wort melden nach dem Motto: "Wir würden gerne bezahlen!" Wir haben das natürlich dankend angenommen. Unter objektiven Testbedingungen war es aber ungewöhnlich. Die Autos sind jung, in drei Jahren darf eigentlich sowieso fast nichts kaputt gehen. In den Kulanzen sind viele Sachen drin gewesen, von denen ich sage: "Hätte nicht kaputt gehen dürfen!" Aber bei anderen Unternehmen gibt es diese Defekte auch – und ich glaube nicht, dass die das alles auf Kulanz kriegen. Wir werden ab jetzt sehen, wo die Reise hingeht. 

eurotransport.de: Das heißt, sie behalten die Fahrzeuge auch weiterhin?

Fehrenkötter: Wir fahren die Lkw wegen der Spezialaufbauten mindestens sechs Jahre und meistens noch das siebte Jahr dazu. Außerdem ist es für uns ja auch interessant zu sehen, wie es weitergeht. Kann sich der Renault Premium an der Spitze behaupten? Verändert sich die Betreuung durch die Hersteller?

eurotransport.de: Gab es Baugruppen, die – herstellerunabhängig – besonders verschleißanfällig waren?

Fehrenkötter: Batterien sind ein Dauerthema. Wir haben vor zwei, drei Jahren gedacht, dass die Qualität der Batterien schlechter geworden ist – das stimmt aber nicht. Es liegt einfach daran, dass heute so viele Verbraucher an Bord eines Lkw sind. Dazu kommen Extras wie Kaffeemaschine, Laptop und so weiter. Der Strombedarf während der Fahrt und im Stand ist bedeutend höher.

Theis: Wenn eine Batterie zwei Jahre beziehungsweise Winter hält, ist das schon gut.   

eurotransport.de: Welcher Posten ist für sie als Unternehmer wichtiger: Fixkosten oder variable Kosten?

Fehrenkötter: Die Gesamtperformance! Natürlich muss man sagen, dass die Fixkosten nach der Abschreibungszeit oder nach der Finanzierungszeit keine so große Rolle mehr spielen. Aber das Hauptleben eines Nutzfahrzeuges spielt sich bei uns in einem Bereich ab, in dem Fix- und variable Kosten im Grunde nur en Bloc bewertet werden können. Klar ist, das ich nur bei variablen Kosten überhaupt Einflussmöglichkeiten habe. Aber die sind vergleichsweise gering – die Verbräuche der Spitzengruppe lagen alle eng beieinander. 

eurotransport.de: Nutzen sie Fahrertrainings oder andere Instrumente, die zur Kraftstoffersparnis führen können?

Fehrenkötter: Neben regelmäßigen Fahrer-Schulungen nutzen wir als Mercedes-Kunde das Telematik-System Fleetboard und bieten entsprechende Incentives an.

eurotransport.de: Wie reagieren ihre Fahrer darauf?

Fehrenkötter: Gut. Unabhängig von der Art der Schulung bekommen wir von den Trainern meist das Feedback, dass unsere Fahrer sehr gut mitarbeiten und intensiv diskutieren. Ich sage immer: Wir wollen keine Hilfsarbeiter mit Führerschein Klasse 2, sondern wir wollen ausgebildete Kraftfahrer. Und wer keine Ausbildung gemacht hat, der wird hier nach und nach herangeführt.

Theis: In unserem Betrieb ist der Fahrer auch Verkäufer.

Fehrenkötter: Und zwar nicht nur für uns, sondern auch für unsere Auftraggeber. Wir fahren ja viele Maschinen direkt zum Endkunden. Bei den Werten, den diese Geräte repräsentieren, muss der Auftritt des Fahrers einfach dazu passen. 

eurotransport.de: Wie sieht der Lebenszyklus ihrer Fahrzeuge aus?

Fehrenkötter: Nach sechs, sieben Jahren können sie ein Daimler-Fahrgestell immer noch zu ordentlichen Konditionen verkaufen. Aufbau und Anhänger weg halten meist zwei Fahrgestell-Leben. 

eurotransport.de: Wohin verkaufen sie die Fahrzeuge?

Fehrenkötter: Unsere Fahrgestelle gehen meist nach Russland, heute auch wieder vermehrt in den nahen Osten. Zum Thema Restwert wäre übrigens noch zu sagen, dass es uns nicht um den Schlaf bringt, ob wir ein Fahrgestell nach sieben Jahren für 9.000 oder 7.000 Euro verkaufen. Ärgerlich wäre nur, wenn es überhaupt nicht zu vermarkten wäre. Künftig werden wir aber festgeschriebene Rückkaufwerte zum Tag X - nach drei, fünf oder sechs Jahren - in die Verträge mit aufnehmen, unabhängig vom Hersteller. Obwohl man es jahrelang nicht gebraucht hat, werden wir uns diese Restwertgarantien geben lassen, sozusagen als Reißleine.   

eurotransport.de: Wie lautet ihr persönliches Testfazit?

Fehrenkötter: Die Alternative ist da! Was die eigenen Prozesse angeht, mussten wir zur exakten Kostenermittlung einige Dinge noch komplizierter machen, als wir es ohnehin schon tun. Dazu kommt, dass mehrere Marken im Fuhrpark immer einen höheren Aufwand bedeuten. Eine Zwei-Marken-Strategie ist eigentlich das Maximale, was man vom Aufwand her vertreten kann.

Theis: Es gibt heute keine schlechten Autos mehr. Es gibt  zwar Fahrzeuge, die punktuell ein Problem haben oder Anfangsschwierigkeiten. Aber man kann beim Einkauf nicht mehr völlig daneben greifen.

Das sagen die Hersteller

DAF:
"Vergleichstests aus dem Alltag eines Speditionsbetriebes wie der Firma Fehrenkötter bieten eine ausgezeichnete Chance, viele aufschlussreiche Erkenntnisse zu sammeln. Dabei sollte nicht nur das Endergebnis im Fokus stehen. Neben den harten Fakten und Zahlen sind letztlich auch die sogenannten weichen Faktoren von Bedeutung, die dafür maßgebend sind, ob sich ein Kunde bei einer Marke aufgehoben fühlt oder nicht. Über die Laufzeit des Tests haben wir deshalb auch Wert darauf gelegt, eine gute Kommunikation mit dem Kunden zu pflegen und viel daraus zu lernen. Wir werden jedenfalls auch nach dem Test weiterhin dazu beitragen, mit unserem Fahrzeug für den Kunden eine hohe Wirtschaftlichkeit im Betrieb sicherzustellen. Das entspricht im Übrigen der Firmenphilosophie von DAF." 

Daimler:
"Drei Jahre lang wurden Daten akribisch erfasst und ausgewertet. Weiche Faktoren wie Betreuung und Service der Hersteller waren dabei erlebbar, aber nicht in Zahlen zu werten. Insgesamt war dies für die Beteiligten aus Spedition und Verlag mit riesigem Aufwand verbunden. Profitieren wird davon die Transportbranche insgesamt. Wir bei Mercedes-Benz freuen uns, dass der Total-Performance-Sieger aus dem Test Mercedes-Benz Actros heißt – der Beste in der Summe aller Eigenschaften über Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit bis hin zur Betreuung. Ein unauffälliges Fahrzeug, das arbeitet und keine Arbeit macht. Das unterstreicht unser Versprechen »Trucks you can trust«. Wir wollen für unsere Kunden der rundum zuverlässige Partner sein. Das gilt für den getesteten Actros 2 und erst recht für den nochmals verbesserten Actros 3."

Iveco:
"Der Test war sehr gut organisiert und aufwendig genau durchgeführt. Die Praxis ist eben unschlagbar. Zunächst freuen wir uns über das gute Abschneiden des Iveco in der Betriebskostenrechnung. Sehr gefreut hat uns aber das Kompliment, das uns der Stralis-Fahrer gemacht hat.  Er war hoch zufrieden mit dem niedrigen Geräusch, dem Komfort und der Bissigkeit des Motors. Zu Testbeginn hatten wir einen unmittelbar bevorstehenden Modellwechsel zur Stralis-AS-Baureihe. Weil wir nicht drei Jahre mit einem Auslaufmodell dabei sein wollten, haben wir das Testfahrzeug vorfristig ins Rennen geschickt, das noch nicht dem endgültigen Serienstand entsprach. Das bedingte leider einige Ausfalltage, die sicher im Serienstand nicht zustande gekommen wären." 

MAN:
"MAN Nutzfahrzeuge nimmt die Ergebnisse des Fehrenkötter-Tests sehr ernst. Der beim Test eingesetzte MAN TGA hat insbesondere in Bezug auf den Kraftstoffverbrauch enttäuscht. Bereits seit 2008 ist der Nachfolger TGX auf dem Markt, der gegenüber seinem Vorgänger in Bezug auf den Verbrauch deutlich optimiert wurde. Die Vergleichstests der europäischen Fachmagazine und die Rückmeldungen unserer Kunden zeigen, dass ein vergleichbarer TGX beim Kraftstoffverbrauch erheblich besser abschneidet und kein Vergleich mit den Wettbewerbern scheuen muss. Bei den aufgetretenen Fehlern gibt der getestete TGA unseres Erachtens kein repräsentatives Bild wieder. Hier ergibt sich im Vergleich zu den Ergebnissen unserer Feldbeobachtungen sowie den Rückmeldungen unserer Kunden, dass der Test-TGA einen negativen Ausreißer darstellt – was wir bedauern. Die Ergebnisse bezüglich der Leistungen der Werkstätten werden wir im Detail analysieren und gegebenenfalls Verbesserungsmaßnahmen einleiten." 

Renault Trucks:
"Wir von Renault Trucks freuen uns sehr, dass der Renault Premium Route den ersten Platz im Betriebskosten-Ranking erreicht hat. Das beweist die Wirtschaftlichkeit der Baureihe. Der Fehrenkötter Transport & Logistik wünschen wir weiterhin gute Fahrt mit dem Renault Premium." 

Scania:
"Der Fehrenkötter-Test hat wieder einmal gezeigt, wie wichtig das Thema Fahrtraining im Zusammenhang mit Kraftstoffeffizienz ist. Der Unterschied resultiert unter anderem aus den Verbrauchszahlen, die sich bei entsprechendem Fahrtraining bis zu zehn Prozent oder sogar mehr reduzieren können. Das von Scania angebotene Fahrtraining konnte in der Testphase nicht durchgeführt werden. Und: Wir meinen, dass der im Markt bekannte Scania-Restwert hier nicht widergespiegelt wird. Zudem hat Scania mit der Einführung der neuen R-Serie in 2009 eine Vielzahl technischer Weiterentwicklungen präsentiert, die für höhere Produktivität und noch mehr Fahrerkomfort sorgen. Mehr Wirtschaftlichkeit bringen etwa das neue Scania-Fahrer-Eco-Modul und das neue Opticruise-Getriebe." 

Volvo Trucks:
"Ein Praxisvergleichstest über einen Zeitraum von drei Jahren, mit jeweils einem Fahrzeug aller sieben europäischen Hersteller: Das war zunächst eine Herausforderung für alle Beteiligten. Wir bei Volvo Trucks haben diese Herausforderung gerne angenommen. Wir wissen, dass unsere Kunden in höchstem Maße mit Volvo Trucks zufrieden sind. Und wir möchten, dass sich auch Transportprofis für die Marke Volvo interessieren, die dies bisher noch nicht getan haben. Entsprechend unseren Erwartungen hat sich der Volvo FH 400 in diesem Test hervorragend behauptet. Dass er in den zum Ende des Tests angestellten Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht so gut da stand, im Gegensatz zur den zuvor erschienenen positiven Berichten, hat uns verwundert. Dass er in der Gesamtwertung dann doch einen guten Platz einnimmt, hat uns gefreut."

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