HCCI-Motoren Und er bewegt sich doch

HCCI-Motor von MTU Foto: MTU 5 Bilder

Diesel und Ottokraftstoff arbeiten Hand in Hand bei einem neuen HCCI-Konzept von MTU. Für Off-Highway-Anwendungen gibt es bereits einen Prototyp.

Homogeneous Charge Compression Ignition (HCCI) heißt das Zauberwort: Es steht für eine nahezu schadstofffreie Verbrennung in Motoren, die das Beste aus den zwei Welten von Diesel- und Ottomotor in sich vereinen. Vom Selbstzünder übernimmt der HCCI-Motor die kompressionsgezündete Verbrennung. Vom Benziner stammt die homogene Gemischbildung, die zu fast vollständiger Verbrennung und somit beispielloser Schadstoffarmut führt.

HCCI und Diesel mögen sich nicht besonders

Doch die Sache hat viele Haken. Einer der happigsten ist, dass die Chemie zwischen dem Kraftstoff Diesel und dem HCCI-Verfahren partout nicht stimmen will. Denn HCCI verlangt nach einem Kraftstoff, der einerseits leicht zu zerstäuben und andererseits schwer zu entzünden ist. Genau diese beiden Punkte liegen beim Diesel zu eng beieinander. Die Folge davon ist: Es sind beim HCCI-
Motor nur relativ geringe Mitteldrücke mit Diesel machbar. Für ordentliches Drehmoment aber sind hohe Mitteldrücke unerlässlich.
Ein weiterer Haken am HCCI-Verfahren ist, dass es – der explosionsartigen Verbrennung wegen – bei hohen Lasten tendenziell zu Drücken führt, die der Motor nicht mehr verkraftet. So gestaltet es sich als äußerst schwierig, HCCI-Technik über das gesamte Kennfeld zu praktizieren. Der Teillastbereich galt bislang immer als ausgemachte Domäne dieses schadstoffarmen Verfahrens.

Dass HCCI dennoch auch die Entwickler von Nutzfahrzeug- und Industriemotoren seit Jahren stark fasziniert, liegt vor allem an zwei Dingen: Ein echter und vollwertiger HCCI-Motor könnte all die aufwendige Abgasnachbehandlung zu weiten Teilen überflüssig machen, die Bauraum sowie Nutzlast raubt und obendrein noch einen Haufen Geld kostet. Darüber hinaus tut sich mit HCCI-Technik ein attraktives Türchen für den sinnvollen Einsatz von Ethanol als Kraftstoff auf. Genau das wäre der Industrie als Maßnahme zur Verbesserung der CO2-Bilanz hoch willkommen. Lässt sich Ethanol doch weitgehend CO2-neutral aus pflanzlichem Rohstoff wie zum Beispiel Zuckerrohr gewinnen und läuft ein HCCI-Motor mit Ethanol zudem deutlich effizienter 
als mit Benzin.

Prototyp eines Dual-Fuel-Industriemotors

In genau diese Richtung zielt der Prototyp eines Dual-Fuel-Industriemotors, den die MTU in Friedrichshafen zusammen mit dem Karlsruher Institut für Kolbenmaschinen (KIT) entwickelt und auf dem Wiener Motorensymposium erstmals präsentiert hat. Dieser Motor nimmt sich eine Kombination von Benzin oder Ethanol sowie Diesel dergestalt zur Brust, dass zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: "Die bekannten Nachteile der meisten HCCI-Verfahren entfallen", so MTU-Entwickler 
Dr. Christoph Teetz. "Es wird eine teilhomogene Verbrennung mit kontrollierter Selbstzündung über das gesamte Kennfeld möglich", ergänzt er.

Die Basis des Dual-Fuel-Prototyps aus Friedrichshafen bildet der 408 PS starke 10,5-Liter-Sechszylinder aus der Baureihe 1.600. Modifiziert ist der HCCI-Prototyp in hauptsächlich vier Punkten: Er verfügt im Gegensatz zum Basismotor über gekühlte Hochdruck-Abgasrückführung, über eine zweistufige Aufladung mit Zwischenkühlung sowie über eine Benzin-/Ethanoleinspritzung in den Einlasskanal und ein reduziertes Verdichtungsverhältnis.

Gemischbildung im Saugrohr

So wird es möglich, ein mageres und homogenes Gemisch aus Benzin oder Ethanol sowie Luft per Einspritzung einer kleinen Menge an Diesel zu zünden. Die Gemischbildung geschieht dabei im Saugrohr, der Diesel gesellt sich im Lauf der Kompression dazu. Um übermäßigen Druck zu verhindern, genügt den Forschern zufolge bis zu mittlerer Last ein mager gehaltenes Grundgemisch. In Richtung Volllast werden aber hohe Abgasrückführungsraten nötig (bis hin zu rund 60 Prozent).

Je höher Drehzahl und Last klettern, desto geringer wird dabei der benötigte Anteil von Diesel bei der verwendeten Gesamtmasse an Kraftstoff. Im Leerlauf wiederum läuft das Aggregat ausschließlich mit Diesel und nicht mehr im HCCI-Modus, weil dieser bei sehr geringen Lasten keine mustergültigen Abgasmanieren mehr hat und zu relativ hohen HC- und CO-Emissionen führt.

17 Prozent weniger Drehmoment

Verglichen mit dem Basisdiesel erreicht die HCCI-Maschine bei Benzin als Grundlage für das Gemisch 17 Prozent weniger maximales Drehmoment und 14 Prozent weniger Nennleistung. Kommt aber Ethanol statt des Benzins ins Spiel, dann erreicht der HCCI-Motor in beiden Kriterien nahezu die gleichen Werte wie der Basismotor. Grund dafür: Mit seiner höheren Oktanzahl ist das Ethanol-Grundgemisch weniger zündwillig, läuft die Verbrennung langsamer ab. Genau deshalb sind höhere Lasten machbar, wird weniger Ladungsverdünnung benötigt und kommt es somit zu weniger Ladungswechselverlusten. Daraus resultiert der höhere Wirkungsgrad, den die Forscher auf maximal 
42 Prozent beziffern.

Zumindest für die Praxis im Off-Highway-Bereich rückt damit HCCI-Technik jetzt schon in greifbare Nähe. Das MTU-Team um Dr. Christoph Teetz jedenfalls macht sich derzeit daran, "das Brennverfahren weiter zu optimieren und einen Einsatz im Feld vorzubereiten".

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