Gewichtskontrolle Schweren Jungs auf der Spur

Weightwatchers, Übergewicht Foto: Kühnl

Die Polizeidirektion Waiblingen ist Lkw mit Übergewicht auf der Spur. Eine neue Waage vereinfacht ihre Aufgabe.

Donnerstagmorgen, ein Parkplatz an der B 29 zwischen Stuttgart und Aalen: Bereits seit sieben Uhr liegen der Leiter der Verkehrspolizei Waiblingen, Manfred Kühner, und sechs weitere Polizisten auf der Lauer. Sie halten Ausschau nach Transportern und Lkw mit Gewichtsproblemen. "Gerade am frühen Vormittag sind hier sehr viele Gütertransporte unterwegs", sagt Kühner. Potenziell am häufigsten überladen sind dabei Transporter bis 4,6 Tonnen sowie Schutt- und Kiestransporte. Kühners Kollege Felix Schmitt erklärt: "Die Kleintransporter bieten für ihr Laderaumvolumen wenig Nutzlast – da kommt man schnell an die Grenze." Ebenso sei es mit zweitgenannten, aufgrund des hohen Gewichts kann man das Volumen meist nicht voll ausschöpfen.

Polizisten mit Augenmaß

Mittels Vorposten am Straßenrand vor dem Parkplatz und einer Motorradstreife werden verdächtige Fahrzeuge identifiziert und auf den Parkplatz gewunken. Das geübte Auge der Polizisten enttarnt überladene Transporter meist zuverlässig.

Einen solchen Kleintransporter hat der Polizist am Straßenrand für verdächtig befunden und sofort herausgewunken. Das Fahrzeug kommt in den Parkplatz, wo Schmitt und die neue Radlastwaage der Polizeidirektion Waiblingen ihn erwarten.

Neue Waage spart Zeit beim Wiegen

Diese neue Waage ist seit Anfang des Jahres bei der Polizeidirektion Waiblingen im Einsatz und erleichtert die Arbeit der Polizisten. Sie wird in einer Vertiefung im Parkplatz installiert und ist so auf einer Ebene mit dem Straßenbelag. "Bei der Vorgängerwaage mussten wir die Fahrzeuge auf Ausgleichsmatten stellen, damit sie gerade sind", erzählt Kühner. Das spart viel Zeit beim Wiegen. Doch nicht nur das: Mit dem neuen Gerät ist auch eine dynamische Wiegung möglich. Dabei kann das Fahrzeug mit Schrittgeschwindigkeit über die Waage rollen und der Polizist im Fahrzeug erhält sofort die Achs- und Gesamtgewichte. Dadurch können  nun jeden Tag deutlich mehr Fahrzeuge kontrolliert werden.

Doch zurück zu dem weißen Sprinter, der verdächtig weit in den hinteren Federn hängt. Schmitt lässt sich Führerschein und Fahrzeugpapiere geben. Aus denen entnimmt er die maximalen Achslasten, die er seinem Kollegen am PC im Polizeiauto weitergibt. das Wiegen bei Schrittgeschwindigkeit bestätigt den Anfangsverdacht: Der 3,5-Tonner ist deutlich überladen. "Diese Gewichtsangabe ist zwar sehr präzise, aber rechtskräftig ist erst die statische Verwiegung", erklärt Schmitt. Soll heißen: Liegt das Gewicht hier im Rahmen, darf der Fahrer weiter. Bevor  aber bei einer Überladung ein Bußgeld verhängt wird, muss eine statische Wiegung vorgenommen werden. Dafür muss der Fahrer achsweise auf der Waage stehen bleiben. Das endgültige Ergebnis ist in diesem Fall eine Gesamtmasse von 4,6 Tonnen.

Lecker - Dönerfleisch wird ohne Kühlung transportiert

Nun ist bei den Beamten das Interesse geweckt. Bernd Oehlschläger ist der Leiter des Überwachungsteams Schwerlastverkehr der Bereitschaftspolizei Göppingen, die Kühner und seine Kollegen heute unterstützt. Er erklärt: "Meist handelt es sich nicht nur um ein einzelnes Vergehen." Daher beginnt nun eine umfassende Kontrolle des Sprinters. Ergebnis: Er transportiert Dönerfleisch und weitere Lebensmittel ohne Kühlung, hat illegal pfandfreie Getränkedosen geladen und darüber hinaus funktioniert die Beleuchtung nicht ordnungsgemäß. Die Strafe wird hoch, wie hoch entscheidet das Landratsamt: Berechnet wird die Überladung übrigens nicht anhand der Überschreitung der Gesamtmasse, sondern der Nutzlast. Damit werden die Strafen noch empfindlicher.

Weiterfahren darf der Transporter so auf keinen Fall. Die Spedition muss ein zweites Fahrzeug schicken und die Last im Rahmen der zulässigen Gewichte verteilen. Nach zwei Stunden ist der Parkplatz deshalb voll mit Transportern, die auf einen zweiten Lkw warten, um das Gewicht ordnungsgemäß aufzuteilen.

Gründe dafür sind bei den Kleintransporten neben der geringen Nutzlast auch die Schulung der Fahrer: Da man diese Fahrzeuge meist mit dem Pkw-Führerschein fahren könne, sind die Fahrer nicht für die Gewichte und deren Folgen sensibilisiert: drastische Veränderungen der Fahreigenschaften, des Bremsweges und  damit eine Verringerung der Sicherheit.

Positive Resonanz bei den Fahrern

Trotz Strafen mit Punkten und einer mehrstündigen Zwangspause ist die Akzeptanz bei den Fahrern laut Oehlschläger groß. "Sie überladen die Fahrzeuge ja nicht freiwillig – der Fahrer befolgt nur die Anweisungen seines Disponenten", erklärt der Beamte. Daher sei es gerecht, dass auch der Disponent in diesem Fall die selbe Anzahl an Punkten auf seinen Führerschein bekommt.

Darüber hinaus verstoßen überladene Fahrzeuge nicht nur gegen die Verkehrsregeln sondern können bei Vorsatz auch zivilrechtlich geahndet werden: Schließlich handelt es sich hier um einen illegalen Wettbewerbsvorteil. Als Schwerlastverkehrsexperten ist es für Oehlschläger und sein Team nicht nur unter Sicherheitsaspekten kritisch, mit Überladung zu fahren. "Im vorliegenden Fall hätte man die Lebensmittel mit zwei Fahrzeugen transportieren müssen", erklärt er. "Dieses Unternehmen hat sie mit der Hälfte der Kosten transportiert."

Und deshalb betreiben die Beamten auch weiterhin einen großen Aufwand, um Fahrer und Spediteure für das Gewicht sensibilisieren. Die vielen Fälle an diesem Tag zeigen laut Oehlschläger, dass die Polizei mit Gewichtskontrollen gar nicht präsent genug sein kann.

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Matthias Pfitzenmaier Matthias Pfitzenmaier Fachanwalt für Verkehrsrecht
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