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Ganzzug Per Express zum Genfer See

Foto: Trabandt

Ein neuer Ganzzug verbindet die Wirtschaftsregion Stuttgart mit Genf. Für die Grundauslastung sorgt ein Baustoffgroßhändler aus Rheinland-Pfalz. Dieser musste ziemlich lang warten, bis der erste Zug rollen konnte.

Auch wenn die Region Stuttgart vor allem für die Automobilindustrie bekannt ist - der neue Ganzzug hat keine Fahrzeuge geladen und auch sonst keine klassischen Exportgüter. Zement ist der Stoff, der den Zug zum Rollen bringt: Der Baustoffhändler Pielen aus Panzweiler beliefert damit seine französischen Kunden. Bislang setzte der Großhändler dabei ganz traditionell auf Lkw - zu rund einem Drittel aus dem eigenen Haus, der Rest stammte von Dienstleistern. Was aber zunehmend schwieriger wurde, weil nicht nur das Personal, sondern auch die Zahl der speziellen Silo-Lkw knapper wurden. Deswegen sollte, auch im Hinblick auf steigende Mengen in der Zukunft und einen umweltverträglicheren Transport, eine Lösung im Kombinierten Verkehr her.

Gustav Schulze übernimmt Konzept und Realisierung

Das Konzept dazu und die Realisierung übernahm Gustav Schulze mit seiner Firma AERS Rail Services aus Lörrach. Mehrere andere Dienstleister hatten demnach "dankend abgewunken", weil Schienenverkehre nach Frankreich als schwierig gelten. Schulze kann jedoch auf mehr als 25 Jahre Erfahrung bei der Deutschen Bahn und der Schweizer Gesellschaft Intercontainer-Interfrigo sowie als Geschäftsführer von TX Logistik schauen und ist mit seinem Dienstleistungsunternehmen auf internationale Schienentransporte spezialisiert. Deshalb hat ihn das Vorhaben eher gereizt. "Das ist der erste komplette Zug, der von der Region aus über die Grenze geht", sagt er gegenüber trans aktuell. "Ich finde das schon erstaunlich, denn schließlich ist Stuttgart ein wichtiger Exportplatz."

Der Zug startet seit November

Seit November startet der Zug, der den Namen Genfer See-Express oder Lac Léman express trägt, jeden Freitagabend ab dem Güterverkehrsterminal in Kornwestheim, rund zehn Kilometer vor den Toren Stuttgarts. Die Ware kommt aus Zementwerken, die alle im Nahbereich der baden-württembergischen Landeshauptstadt liegen. Den Vorlauf teilen sich Nahverkehrsunternehmen und eigene Fahrzeuge von Pielen. Transportiert wird der Baustoff in angemieteten, fabrikneuen Containern mit so genannten Domdeckeln und einer Zellradschleuse, die den Zement wieder aus dem Container wirbeln kann. Die insgesamt 32 Silocontainer auf dem Zug fassen laut Schulze etwa 951 Tonnen Zement: "Hierfür wären auf der Straße 40 Silo-Lkw über mehr als 1.000 Kilometer im Rundlauf erforderlich." Hart haben Schulze und sein Kunde um den Zug gerungen. Dabei ging es nicht nur um freie Fahrplantrassen: "Weil in Genf das Ladegleis nicht lang genug ist, müssen wir rangieren", sagt Schulze. Also kamen eigentlich nur das Personal und die Lok von SBB Cargo infrage, weil für das Rangieren Zugpersonal -benötigt wird, das in der Schweiz arbeiten darf und Französisch spricht. 

Schulze startet die ersten Anfragen 2008

Die ersten Anfragen hat Schulze bereits 2008 gestartet, gefragt wurden die jeweiligen Eisenbahnunternehmen der Länder: SNCF in Frankreich, DB Schenker Rail in Deutschland, SBB Cargo in der Schweiz. Zeit zog ins Land - die Antworten kamen zu spät, die Angebote waren zu teuer. Wertvolle Zeit verstrich, es sah nach einem Zug nach Nirgendwo aus. Die Lok, die heute in Kornwestheim die Fahrt antritt, gehört der Gesellschaft Hafen und Güterverkehr Köln (HGK). Sie fährt als Subunternehmen für die Schweizer Privatbahn BLS Cargo, die keine eigene deutsche Zulassung hat, bis Basel. Dort wechselt BLS Cargo - nach SBB Cargo die Nummer zwei im Schweizer Schienengütermarkt - die Lok und führt den Zug weiter. In Genf kommt der Zug am Samstagmorgen gegen neun Uhr an und wird abgekrant. Noch während der Zug wieder mit Leercontainern für den Heimweg bestückt wird, satteln französische Transportdienstleister die neu angekommenen Silocontainer auf und stellen sie per Lkw den Kunden im Umkreis von 30 Kilometern zu. Retour geht es für den Zug am Montagmorgen. Abladetermin in Kornwestheim ist am darauffolgenden Tag. Zunächst bietet der Genfer See-Express eine Abfahrt pro Woche und Richtung."Die Züge stehen aber allen Interessenten zur Mitfahrt offen", sagt Schulze. "Neukunden müssen auch keine Mindestmengen garantieren." Die 16 Tragwagen bieten Platz für insgesamt 48 TEU-Container, die Wagenzuglänge beträgt 320 Meter. Laut Schulze gibt es bereits konkrete Anfragen von Speditionen aus Württemberg selbst, aber auch aus Genf und Frankreich. Damit wäre für eine Rückladung gesorgt. Unter anderem gehe es dabei um den Transport von Granulaten. Dabei sei noch zu klären, ob die Silos so gereinigt werden können, dass der Zement nicht durch Rückstände verunreinigt wird.

Bei Bedarf werden Frequenz und Kapazitäten erhöht

Geplant ist, bei Bedarf die Frequenzen und die Kapazitäten zu erhöhen. Des Weiteren ist angedacht, die Zugverbindung auch für Belieferung von Kunden im Raum Lyon zu nutzen. "Dabei könnten wir ab Genf einen neuen Zug zusammenstellen beziehungsweise einen Teil der Wagengruppe abhängen und bis Lyon fahren", berichtet Schulze. Er sieht den Zug bereits als neue Verkehrsachse zwischen Genf, dem Rhône-Tal und der Mittelmeerregion sowie dem Raum Stuttgart mit Anschlüssen an die deutschen Seehäfen Bremerhaven und Hamburg. Noch sind die Kosten geringfügig höher als beim Transport auf der Straße. "Letztlich sind noch nicht alle Kosten bekannt", sagt Schulze. "Derzeit verhandeln wir beispielsweise noch um das Entgelt für das Abstellgleis in Kornwestheim, auf dem der Zug steht", berichtet der Bahnexperte. Für den Verlader Pielen rechne sich der Umstieg auf die Schiene. "Für die Zukunft ist mit dem Zug die Transportkapazität gesichert, trotz Fahrermangel und Spezialequipment", so Schulze. "Zudem kann er die Mengen erweitern - auf der Straße besteht diese Möglichkeit nicht so ohne Weiteres."

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