Montagabend: Ich sitze mit Rechtsanwalt Bert Hüttemann noch in der Autobahnkanzlei in Mellingen. Bert muss übermorgen in Sachsen einen Fahrer wegen einer angeblichen Nötigung verteidigen. Der Fall ist ein Klassiker: Pkw bremst Lkw aus, Lkw-Fahrer bringt Ärger via Lichthupe zum Ausdruck, Pkw-Fahrer erstattet prompt Anzeige wegen Nötigung. Während der Kollege und ich diskutieren, geht plötzlich die Tür in der Autobahnkanzlei auf. Es ist 21.00 Uhr. Ein Bär von Mann mit einer MAN-Jacke steht im Eingangsbereich. Timo* heißt er. Man sieht ihm an, dass er unter Zeitdruck steht. Mein erster Gedanke ist, dass der garantiert ein Problem mit den Lenkzeiten hat. Stimmt aber nicht – Parken auf der Autobahn wird ihm vorgeworfen.
Anwalt klärt, was alles Teil der Autobahn ist
Einspruch hat er selber eingelegt, der Gerichtstermin ist übermorgen. Da kann er nicht. Seit heute früh weiß er, dass er übermorgen um 10.00 Uhr in Wien laden soll. Kurz und gut: Er kann den Termin nicht wahrnehmen und fragt mich, ob ich das nicht für ihn übernehmen kann. Ich sage zu. Um 11.00 und 11.30 Uhr habe ich am selben Tag sowieso an genau diesem Gericht zu kämpfen. Nur einen Haken hat die Geschichte. Zwar kann ich in Doppelfunktion auftreten und Timo sowohl verteidigen als auch vertreten. Aber der Richter muss dem zustimmen. Dafür muss ein Antrag auf Befreiung von der Anwesenheitspflicht gestellt werden. Ich lasse mir die entsprechenden Vollmachten unterzeichnen und wir sprechen die Strategie ab. Timo erklärt mir, dass da neben der Autobahn eine Einbuchtung gewesen sei. Die habe er für seine Pause genutzt – das sei immer noch besser, als sich die Lenkzeiten kaputt zu machen. Ich verspreche ihm, dass ich mir die "Einbuchtung" morgen angucke und danach zum Richter gehe, um persönlich den Antrag auf Befreiung von der Anwesenheitspflicht inklusive Vollmacht abzugeben. Um 21.30 Uhr sitzt Timo wieder am Steuer und hat eine große Sorge weniger.
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