Fahrbericht VW Crafter 4Motion in schwerem Gelände

Foto: Andreas Wolf 11 Bilder

Konzipiert ist er für Einsätze in schwerem Gelände ohne Straßeninfrastruktur, das aber mit ordentlich viel Last. Bis zu fünf Tonnen schultert der VW Crafter 4Motion – über Stock und Stein.

Hinter uns geht’s abwärts und vor uns steil bergauf: Das Offroad-Gelände, durch das wir den VW Crafter 4Motion schinden, hat es in sich. Wenn jetzt auf halbem Weg die Traktion verloren geht, blüht ein nervenaufreibendes Tasten rückwärts den gefühlsmäßig fast senkrechten Abhang wieder hinunter. Vorbeugend ist das gesamte Register der verfügbaren Sperren und die Getriebereduktion gedrückt. Geschaltet werden sie über die Tastenreihe links vom Lenkrad. Ein kurzes Drücken quittieren sie mit dem Leuchten einer LED, die der jeweiligen Taste hinterlegt ist.

Pneumatik sorgt für schnelle Ansprechzeiten

„Für die Aktivierung der Sperren sorgt ein elektro-pneumatisches System, das mit Überdruck arbeitet“, erklärt Andreas Reich, Kundenberater beim österreichischen Allradspezialist Achleitner in Wörgl, von dem das Allradsystem im VW Crafter stammt. Dies soll laut Achleitner schneller und stabiler arbeiten als diverse Unterdrucksysteme. Mit etwas Anlauf kriecht der VW Crafter schließlich im zweiten Gang mit der Beharrlichkeit einer Bergziege unbändig den Berg vorwärts hinauf.

Ein Bergabfahr-Assistenzsystem ist verzichtbar

Oben angekommen kippt das Fahrzeug über den „Gipfel“, danach kommt eine Wand, die etwa über dieselbe Distanz nach unten fällt. Beim alpinen Ski-Laufen in solchen extremen Gefällen löst nur eine minimale Gewichtsverlagerung einen Schwung aus – keine gute Idee für die Überwindung des Abhangs mit einem selbst leer über 2,5 Tonnen wiegenden Transporter. Die weitaus sicherere Variante ist in diesem Fall die direkte Falllinie: Fuß von der Bremse und die Fuhre rollt bergab – ebenso bedächtig, wie sie vor wenigen Minuten den Berg hinaufzog. Das 4x4-System sorgt dafür, dass sich der Crafter kontrolliert in Richtung Tal bewegt. Ein Bergabfahr-Assistenzsystem mit Bremseingriff ist dabei verzichtbar, der Fahrer kann sich auch ohne ausschließlich aufs Lenken konzentrieren.

Verschiebbare Gelenkwelle mit Rundlauf im Kreuzgelenk

Im Auslauf windet sich der Weg in engen Spitzkehren. Kurz vor extremen Biegungen empfiehlt es sich, das Verteilergetriebe offen zu lassen, um Verspannungen bei der anschließenden Kurvenfahrt zu vermeiden. Solche Bewegungen im Gelände wollen verkraftet sein. Eine verschiebbare Gelenkwelle mit einem Rundlauf im Kreuzgelenk mit sechs Kugeln verhilft dem Allrad-Crafter auch auf der Straße zu zivilen Eigenschaften, sprich dezenten Antriebsstranggeräuschen auch noch oberhalb von Tempo 80. Bei anderen Geländefahrzeuge ist das nicht selbstverständlich.

100-Prozent-Sperre für die Vorderachse auf Wunsch

Der VW Crafter mit der Etikette 4Motion besitzt eine permanente Kraftverteilung an beiden Achsen von 50 : 50. Differenzialsperre im Verteilergetriebe und an der Hinterachse sind serienmäßig. Allein damit eignet sich der Transporter für die Fahrt in unwegsamem Terrain. Es geht aber auch noch geländegängiger: Auf Wunsch gibt es noch eine 100-Prozent-Sperre für die Vorderachse. Mit allen zugeschalteten Sperren lässt sich dann das volle Motor-Drehmoment auf ein einzelnes Rad konzentrieren. Der Crafter bewältigt selbst Wege mit hüfttiefen Schlaglöchern, sofern alle Sperren eingelegt sind. Der Fahrer ist dann allerdings kaum noch in der Lage, sich in vernünftiger Position hinter dem Lenkrad zu halten.

Allradantrieb nur in Kombination mit dem TDI-Biturbo

VW bietet den Allrad-Crafter ausschließlich mit der stärksten Version des Crafter-Diesels an, dem TDI-Biturbo mit zwei Liter Hubraum und vier Zylindern. Er leistet 163 PS und entwickelt ein maximales Drehmoment von 400 Newtonmetern, gerade recht, wenn es dann tatsächlich durch Matsch und Schlamm geht. Ein Sechsgang-Schaltgetriebe bringt die Leistung auf die Räder.

Wie sich der Mercedes Sprinter unterscheidet

Auch den Mercedes Sprinter gibt es seit geraumer Zeit in Allrad-Ausführung Es drängt sich die Frage auf, wie sich die Zwillinge aus dem Mercedes-Transporterwerk in Ludwigsfelde unterscheiden. Im Sprinter ist der Allradantrieb über eine Taste zuschaltbar. Die Kraftaufteilung bei geschaltetem Allradantrieb beträgt 35 Prozent an der Vorderachse und 65 Prozent an der Hinterachse. Der Allrad-Sprinter ist also für moderate Einsätze gedacht, wie sie für den Großteil der Zielgruppe auch häufiger sein dürften. Zudem ist der Mercedes mit ESP ausgerüstet, im Allrad-Crafter fehlt dieses Sicherheitssystem. Weiterer Unterschied: Mercedes bietet im Allrad-Sprinter auf Wunsch den großen V6-Diesel mit drei Liter Hubraum und Automatik an.

Für THW, Rettungsdienste und Bauunternehmen

Fragt sich nur, wo ein allradgetriebenes Fahrzeug mit so viel Nutzlast zum Einsatz kommt. Bezogen auf die Stückzahlen bleiben die Einsätze überschaubar. Für Energieversorger, Rettungsdienste, THW oder Feuerwehr, Bergbauunternehmen, Konstruktionsbüros und nicht zuletzt Weltenbummler, die auf das Fahrwerk einen Aufbau mit vernünftigem Platzangebot setzen wollen, dürfte der VW Crafter 4Motion eine gute Wahl sein.

Feinste Geländetechnik

Ein Blick unter den Crafter zeigt die solide Technik. Hinten ist eine Starrachse an Blattfedern verbaut, vorne eine verstärkte Einzelradaufhängung. Das Verteilergetriebe stammt von dem japanischen Hersteller Aisin. Die Fahrwerksfedern sind ebenfalls verstärkt und haben längere Federwege. Weiter kommen härtere Stoßdämpfer mit progressiver Kennung zum Einsatz. Solider fallen auch die Stabilisatoren aus. Damit lassen sich im Gelände die Wankbewegungen des Crafter mit seinem ohnehin hohen Schwerpunkt wirksam unterdrücken. Je nach Bereifung, beispielsweise mit den Offroad-Pneus BF Goodrich, liegt das Fahrwerk um stolze zehn Zentimeter höher. Der permanente Allradantrieb hat eine Aufteilung von 50 : 50. Für das Verteilergetriebe und Vorder- sowie Hinterachse sind zuschaltbare 100-Prozent-Sperren vorgesehen. Bedient werden sie in der Folge „Mitte“, „Hinten“, „Vorne“. Hinzu kommt eine Getriebeunter¬setzung von 2,5 : 1.Geschaltet werden Sperren und Untersetzung elektro-pneumatisch. Die Geländewerte: 45 Grad Steigung, 28 Grad Böschungswinkel, 25 Grad Rampenwinkel und 60 Zentimeter Watttiefe. Macht alles in allem einen Aufpreis von 19.950 Euro.

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