Fahrbericht E-Force Schöne neue Welt

E-Force LKW Foto: Karl-Heinz Augustin

lastauto omnibus ist den rein elektrisch angetriebenen 18-Tonner von E-Force gefahren. Das Fahrzeug basiert auf einem Iveco-Stralis-Fahrgestell.

Diese Ruhe ist ungewöhnlich. Wer zum ersten Mal in einem rein elektrisch betriebenen Lkw Platz nimmt, der ist überrascht. Das Drehen des Zündschlüssels quittiert das Fahrzeug lediglich mit einem leisen Surren und den zarten Geräuschen des Luftstroms, der den Fahrersitz in Startposition bringt. Mehr ist nicht zu hören. Der Fahrer thront in diesem Fall in ­einem Iveco Stralis, auf dessen Kühler aber groß in silbernen Lettern E-Force prangt anstelle des wohlbekannten Iveco. E-Force ist ein Schweizer Familienbetrieb, der sich der Elektrifizierung von Lkw verschrieben hat – und das mit Erfolg.

Unter der Kabine verrichten zwei wassergekühlte Synchronmotoren ihren Dienst, die über ein Eingang-Getriebe ihre Kraft an die angetriebene Hinterachse weitergeben. Beim Tritt aufs Fahrpedal ist die volle Drehmomentstärke des Lkw sofort zu spüren. Zusammen bringen die beiden E-Motoren bis zu 300 kW (408 PS) auf die Fahrbahn. Das reicht für ein auf 18 Tonnen Gesamtgewicht ausgelegtes Fahrzeug gut aus.

Elektro-Antrieb kostet eine Tonne Nutzlast

Zudem ist der Verteiler auch nutzlaststark – gerade einmal eine Tonne an Zuladung liegt der E-Lkw hinter seinen Brüdern mit Verbrennungsmotor. Das ist akzeptabel. Und bis zu 300 Kilometer kann der Lastenträger ohne Zwischenstopp an der Steckdose bewältigen – zumindest bei moderater Umgebungstemperatur. Für die Wintermonate findet sich in der Optionsliste für den E-Force eine Warmluftversorgung für die Batterien. Sie soll zumindest einen Teil der kältebedingten Kapazitätsminderung ausgleichen.

Der E-Force ist keine Zukunftsmusik, er verrichtet bereits im Transportalltag seinen Dienst. So setzt Ludwig Meyer Logistik (LM) den E-Truck im Großraum Berlin als Verteilerfahrzeug im Frischetransport ein. "Bei unseren Überlegungen zu Elektro-Antrieben haben wir uns ausschließlich gefragt, was für unsere Prozesse in der regionalen Distributionslogistik von Bedeutung ist", sagt Meyer-Logistik-Geschäftsführer Matthias Strehl. Als bedeutend bezeichnet er unter anderem emissionsfreies Fahren und den geräuscharmen Betrieb der Fahrzeuge im innerstädtischen Bereich. Beides kann der E-Force leisten. Emissionen erzeugt das Fahrzeug lediglich indirekt über den Strom aus der Steckdose, lokal fährt es emissionsfrei. Die CO2-Einsparung gegenüber einem herkömmlichen Lkw mit Dieselmotor gibt E-Force mit 750 g/km an.

Batterie lässt sich relativ einfach austauschen

Die Energie für den Antrieb kommt aus zwei 400-Volt-Batteriemodulen, die jeweils eine Kapazität von 120 kWh haben und an einem 63 Ampere-Anschluss innerhalb von sechs Stunden vollgeladen sind. Bei 32 Ampere verdoppelt sich die Ladezeit. Die Batterien sollen zudem über einen einfach gestalteten Mechanismus binnen fünf Minuten ausgetauscht sein. Das heißt: Wer die noch hohen Anschaffungskosten von 60.000 Euro pro Batteriemodul zusätzlich aufbringt, kann die Reichweite des Lkw per Wechsel verdoppeln. Zudem ist es möglich, den Lkw nur mit einer Batterie zu fahren und so für kürzere Touren die Nutzlast zu erhöhen.

Der E-Force ist ein Leisetreter. Das Elektro­aggregat ist mit einer Geräuschemission von ­gerade mal 45 dB(A) leiser als die Abrollgeräusche der Reifen. Wie bei Elektrofahrzeugen üblich, ist auch der E-Force in der Lage, Bremsenergie zurückzugewinnen, sprich: zu rekuperieren. Einem Lkw-Fahrer geht das Bremsen via Rekupera­tion recht leicht von der Hand. Dazu aktiviert er in gewohnter Weise per Lenkstockhebel den siebenstufigen Retarder, der die Bewegungsenergie des Fahrzeugs bis zu einem gewissen Grad in Batteriestrom umwandelt. Geht der Fahrer vom Gaspedal, rekuperiert der Lkw nicht, sondern wechselt in einen widerstandsoptimierten Segelmodus, um den Schwung des Fahrzeugs auszunutzen. Wer nur kurz rekuperieren und dazu nicht den Lenkstockhebel einsetzen möchte, der kann auch mit dem umgebauten Kupplungspedal die Energierückgewinnung stufenlos steuern.

E-Force rechnet sich ab 40.000 Kilometern

Am Ende bleibt der immer gleiche Eindruck von Elektro-Nutzfahrzeugen. Der Lkw funktioniert und hat das Zeug, den Verteilerverkehr im Nahbereich wenn nicht zu übernehmen, zumindest sinnvoll zu ergänzen. Die größte Herausforderung bleiben aber die Kosten. Laut E-Force rechnet sich der E-Lkw im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug bei einer jährlichen Laufleistung von rund 40.000 Kilometern. Das sollte bei täglichem Einsatz des Fahrzeuges machbar sein. Vielleicht motiviert das manchen Fuhrparkleiter zum Kauf eines E-Force. Dann ist es irgendwann nicht mehr überraschend, in einem elek­trisch angetriebenen Lkw zu fahren.

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