Erfolgreiche Umschulung Endlich Lkw-Fahrer

Umschulung, FF 4/2012 Foto: Bergrath, Borrmann

Maurer war der falsche Beruf für Axel Borrmann. Die Agentur für Arbeit finanzierte ihm deshalb den Lkw-Führerschein. Jetzt ist er glücklich.

Lachendorf liegt rund zehn Kilometer östlich von Celle oder ganz genau: am Knotenpunkt der Deutschen Fachwerkstraße mit der Niedersächsischen Mühlenstraße. Ab vom Schuss, aber idyllisch. Hier, im kleinen Gewerbegebiet, liegt der Betrieb von Rudolf Külshammer: neun Mitarbeiter, familiär geprägt. Der Vulkanisiermeister hat sich schon 1995 auf Altreifenentsorgung spezialisiert. Etwa 4.000 Tonnen Altreifen nimmt er pro Jahr von seinen Kunden an: Reifenservicebetriebe, Autohäuser, Kommunalbetriebe und Speditionen.

Zehn Prozent der Reifen können im Betrieb runderneuert werden. Der Rest wird extern recycelt. Dafür hat Külshammer zwei eigene Hängerzüge mit Abrollbehältern: identische MAN TGX 26.480 (6x2) mit einem Hakenaufbau und einem Anhänger von Hüffermann. Es sieht etwas chaotisch aus auf dem Reifenzwischenlager – doch es ist neuerdings die zweite Heimat von Axel Borrmann. Gelernt hat Borrmann Maurer, hauptsächlich Lidl- und Penny-Märkte hat er mitgebaut. "Der Stundenlohn war gut", sagt er, "aber es gab halt nur Zeitverträge. Im Winter war ich immer arbeitslos, im Frühjahr musste ich mir etwas Neues suchen."

Die IAA als Auslöser für den Berufswunsch

Sein Vater war 40 Jahre lang Lkw gefahren, Borrmann kannte also das Transportgewerbe. Als er 2008 auf der Automobil- Ausstellung IAA in Hannover war, beschloss er, seinen Traum zu verwirklichen, selber Lkw zu fahren. Am liebsten einen MAN TGX. Doch dazu brauchte er zunächst den Lkw-Führerschein. Und so wandte sich Borrmann an die lokale Arbeitsagentur in Hermannsburg. "Die wollten mich zunächst in einen Computerkurs stecken", erinnert er sich. "Als Alternative sollte ich in einem anderen Kurs lernen, wie man Bewerbungen richtig schreibt. Das konnte ich aber wirklich schon.

Als ich die Mitarbeiterin schließlich konkret nach dem Lkw-Führerschein fragte, erklärte sie mir, dass die Agentur die Kosten nur übernehmen würde, wenn ich nachweisen könne, dass ich danach auch einen Job bekommen würde." Ein Bekannter Borrmanns hat ein Bauunternehmen mit Kipperzügen, er stellte die nötige Bescheinigung aus und so machte Borrmann in der Tat ab Mitte 2008 sechs Monate lang bei einer Fahrerschule in seiner Stadt die Ausbildung. Er absolvierte schließlich bei der IHK in Lüneburg die Prüfung der beschleunigten Grundqualifikation. Auch den ADR-Schein und den Staplerschein erlangte er noch. "Alles hat die Agentur bezahlt, während ich mein normales Arbeitslosengeld weiter bekommen habe. Dafür bin ich bis heute dankbar."

Mit der Festanstellung wird ein Traum wahr

Im ersten Jahr fuhr Bormann bei seinem Bekannten tatsächlich einen Actros mit Kippmulde, sammelte Berufserfahrungen bei Sand-, Kies- und Erdarbeiten. Aber auch hier das alte Problem: Im nächsten Winter war er den Job bereits wieder los. Zudem verdiente er knapp zwei Euro weniger in der Stunde als direkt auf dem Bau. Im Nachbarort verbrachte er einen Monat als Praktikant auf einem alten Actros-Dreiachskipper. Auch die Stelle war nichts für ihn. Aber sie brachte ihn auf die richtige Spur. "Der Arbeitgeber hat eine Stellenanzeige von Külshammer in der Zeitung gesehen und sie mir auf den Tisch gelegt. Im Februar 2011 habe ich mich dort beworben. Dort wollte man mir eine faire Chance geben. Ich machte einen Monat lang ein Praktikum, bei dem mir ein Kollege alles gezeigt hat. Und dann bekam ich meinen ersten Arbeitsvertrag mit unbefristeter Festanstellung."

Aber nicht nur das – schon im dritten Anlauf wurde Borrmanns Traum wahr. Külshammer kaufte einen neuen MAN TGX für den dienstälteren Fahrer. Der neue Mitarbeiter erbte dann dessen "alten" MAN TGX Baujahr 2008 mit einer Laufleistung von 250.000 Kilometern. "Der war in einem Top-Zustand. Für mich praktisch neu. Noch dazu in einer sehr ansprechenden Farbe. Wann immer ich Zeit habe, pflege ich den Lkw außen und innen. Denn in meinen neuen Job muss ich sehr darauf achten, dass der MAN sauber bleibt."

Job gut - alles gut

In den Fernverkehr wollte Borrmann nicht, denn "da kann man als junger Mann privat nichts aufbauen". So ist seine Arbeitszeit ideal. Montags holt er ab acht Uhr morgens beladene Container aus dem Raum Peine, Braunschweig und Hildesheim. Am Abend bereitet er den Zug für den ersten Zweitagesrundlauf vor. Den beladenen Lkw darf er mit nach Hause ins 30 Kilometer entfernte Hermannsburg nehmen. Hier bricht Borrmann dann am Dienstag pünktlich um sechs Uhr auf und bringt jeweils bis zu 800 Reifen zur Verwertung nach Triptis. Dort tauscht er die beiden Container und nimmt den aus den Reifen herausgelösten Stahl zurück nach Salzgitter. Mittwochs macht er Fahrzeugpflege, dann ab Donnerstag den zweiten Rundlauf.

"Anfangs hatte ich mit dem Rhythmus sehr große Probleme und bin nach der Tour sofort ins Bett gekracht. Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt und finde den Job sogar entspannend. Seither habe ich auch begonnen, in meiner Freizeit wieder etwas für meine Fitness zu tun." Borrmann ist komplett zufrieden. Es gibt allerdings einen Wermutstropfen: "Natürlich hat man anfangs bei mir im Dorf Fragen gestellt, warum ich unbedingt Kraftfahrer geworden bin. Es ist einfach schade, dass dieser Beruf solch ein schlechtes Image hat."

Voraussetzungen für die Umschulung

1. Was sind die konkreten Voraussetzungen, damit jemand eine Umschulung zum Berufskraftfahrer (BKF) von der Bundesagentur finanziert bekommt?

Es spielen die individuellen Faktoren eine Rolle wie etwa die
• Länge der Arbeitslosigkeit
• vorhandene Ausbildungsabschlüsse
• persönliche Eignung für den Beruf.
Darüber hinaus wäre aber auch wichtig, ob der regionale Arbeitsmarkt dringend BKF benötigt.

2. An wen muss sich der Interessent wenden?

Der Interessent sollte Kontakt mit de örtlichen Arbeitsagentur oder dem Jobcenter aufnehmen. Dort fällt die Entscheidung über eine Umschulung oder Weiterbildung zum BKF.

3. Wie viele Umschulungen zum BKF wurden 2011 (bis Stichtag Ende November) tatsächlich finanziert?

Im Jahr 2011 sind bundesweit rund 9.700 Teilnehmer in einer Maßnahme zum Berufskraftfahrer (7.000 Personenverkehr und 2.700 Güterverkehr) bei der Bundesagentur für Arbeit registriert. Grundsätzlich kann die Finanzierung auch über andere Träger erfolgen, so bei Reha-Kunden.

4. Welche Mittel sind für 2012 für diese Umschulungen bei der BA vorgesehen?

Die Fördermittel werden nicht für bestimmte Maßnahmen reserviert. Die Arbeitsagenturen bekommen ein definiertes Budget, mit dem sie alle Förderleistungen bestreiten müssen.

Infos zum Lkw-Führerschein

Qualifizierte Lkw-Fahrer werden derzeit auf vielen regionalen Arbeitsmärkten dringend gesucht. Im Jahr 2011 waren bundesweit bis Ende November rund 9.700 Teilnehmer in einer Maßnahme zum Berufskraftfahrer (7.000 Personenverkehr und 2.700 Güterverkehr) bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) registriert. Zwei Maßnahmen können dabei von der Bundesagentur finanziert werden. Entweder eine Umschulung von 18 Monaten mit anschließender IHK-Prüfung, wie sie zum Beispiel die Dekra-Akademie anbietet. Das entspricht dem Facharbeiterstatus.
Alternativ dazu gibt es die IHK-Ausbildung zum geprüften EU-Kraftfahrer mit beschleunigter Grundqualifikation und Eintrag der Schlüsselnummer "95" im Führerschein. Sie dauert je nach Vorkenntnissen zwischen vier und sieben Monaten. Details regelt die Fahrschülerausbildungsordnung. Eine Umschulung zum Lkw-Fahrer beinhaltet in der Regel auch die ADR-Ausbildung, "Basiskurs" und "Tank", sowie eine Gabelstaplerausbildung. Die kürzere Umschulung wird offenbar eher bewilligt – ist aber nur eine Berufszugangsqualifikation, kein Facharbeiterabschluss. Auch für 2012 sind von der BA Fördermittel für Umschulungen vorgesehen. Sie werden aber nicht für bestimmte Maßnahmen reserviert.

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