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Michael Bargl im Gespräch Notfalls liefern wir in den dritten Stock

Dr. Michael Bargl Foto: Augustin

Noch spielt das Geschäft mit Privatkunden bei IDS eine Nebenrolle. Doch der Markt wächst und die Stückgutkooperation will in den Bereich investieren. Dazu setzt sie auf Hermes als Partner. Wie sich das Netzwerk darüber hinaus entwickelt, erklärt dessen Geschäftsführer Dr. Michael Bargl im Gespräch mit trans aktuell.

Im Gespräch vor rund eineinhalb Jahren hatte sich Dr. Michael Bargl, Geschäftsführer der Stückgutkooperation IDS, für die Einführung des Lang-Lkw stark gemacht. Schon damals forderte er aller­dings praktikable Rahmenbedingungen. Im neuerlichen Interview mit trans aktuell erörtert er, warum er den Lang-Lkw derzeit nicht im Blick hat – und warum die Systempartner lieber auf High-Cube-Wechselbrücken setzen.

trans aktuell: Herr Dr. Bargl, geht es auch im Jahr 2012 für IDS weiter bergauf?

Dr. Bargl: Wir können mittlerweile auf ein halbes Jahr ­zurückblicken und verzeichnen bislang ein leichtes Wachstum um ein Prozent. Wobei wir national sogar 1,5 Prozent über dem Vorjahr sind. Im übrigen Europa gibt es hingegen kein einheitlich positives Bild. Insbesondere in Frankreich, Spanien und Italien mussten wir Einbrüche hinnehmen. Diese sind allerdings der konjunkturellen Lage in den einzelnen Ländern geschuldet. Skandinavien hingegen bietet da schon wieder mehr Grund zur Freude.

Eine Million zusätzliche Sendungen werden Sie also nicht schaffen?

Nein, unser Ziel mussten wir aus den genannten Gründen nach unten korrigieren. Aber die Zwölf-Millionen-Grenze werden wir wohl trotzdem erreichen. Dies ist kein so starkes Wachstum wie noch im letzten oder auch vorletzten Jahr. Wir hatten uns aber bereits im Dezember letzten Jahres schwer damit getan, eine Prognose für 2012 herauszugeben. Das ging wohl allen in der Branche so.

Dafür läuft es doch gar nicht schlecht.

Ja, das ist richtig. Bis jetzt ist es relativ stabil gelaufen. Nun sind wir zwar erst mal in der Sommerpause. Es gibt aber keinen Grund zu der Annahme, dass es im September nicht ebenso stabil weitergehen sollte.

Gibt es dabei Sparten, die Sie hervorheben würden?

Vor allem im Konsumgüterbereich aber auch in der gesamten Baubranche läuft es gut. Man unterschätzt bisweilen den Einfluss des Wetters. Das gilt sogar für manche Sparten in der Industrie. Ganz besonders gespürt haben wir das im Gartenbereich. Dort lief in diesem Jahr der Abverkauf nicht so gut. Es fehlte einfach eine längere Sonnenperiode. Ohne die hatten die Kunden keinen Grund, beispielsweise Bewässerungssysteme zu kaufen. Daher lief es folglich nicht allzu gut, was aber nichts mit der Konjunktur zu tun. Das ist eine rein wetterabhängige Entwicklung.

Da ist wahrscheinlich auch die Beschäftigungssituation stabil. Wie sieht es dann aber mit dem Fachkräftemangel aus?

Die Beschäftigungszahlen sind tatsächlich stabil. Und der Fachkräftemangel ist ja kein neues Problem, sondern begleitet uns seit einigen Jahren. In besonders konjunkturstarken Zeiten wie 2010 und 2011 haben wir den Mangel aber noch deutlicher gespürt.

IDS gibt es seit 30 Jahren. Wie hat sich die Struktur der Kooperation gewandelt?

Zu Beginn mit elf Mittelständlern gestartet, kamen zunächst die Konzerne DSV sowie Kühne + Nagel hinzu. Zwischenzeitlich waren es dann sogar 25 Gesellschafter und 37 Depots. Da hatte jeder im Schnitt 1,5 Standorte. Heute sind es zehn Gesellschafter und 43 Häuser. Da sieht die Struktur natürlich anders aus. Neben den beiden Konzernen betreibt nun auch der Mittelstand mehrere Depots. Das können durchaus drei, vier oder sogar fünf Häuser sein. Denn auch der Mittelstand kauft zu. Jüngstes Beispiel ist die Spedition
Noer­pel, die Kentner gekauft hat, um eine höhere Marktdurchdringung zu erreichen.

Ihr deutsches Netz steht seit Jahren. Gibt es dennoch An­passungsbedarf?

Das nationale Netz ist zwar seit Langem ausgereift. Optimierungspotenziale ergeben sich aber ständig. Wenn es Wachstum gibt, müssen die Sendungen schließlich verteilt werden. Da braucht es sowohl Hallenkapazitäten als auch den entsprechenden Fuhrpark. Eine Möglichkeit dafür sind Gebietsarrondierungen – also dass man eine Postleitzahl von einem in ein anderes Depot­gebiet verschiebt. Das ist normale Anpassungsarbeit.

Wie sieht es mit den Gerüchten aus, dass etwa Kühne +Nagel den Stückgutbereich auf eigene Füße stellen könnte?

Ich bin mir sicher, dass unser Status quo erhalten bleibt. Da gibt es entsprechende Bekenntnisse der Gesellschafter. Schließlich sind wir in einem ständigen und intensiven Kontakt. Daher weiß ich, dass alle Gesellschafter mit der Struktur und der Qualität des Netzwerks zufrieden sind.

Wie haben Sie die internationalen Verkehre organisiert?

Kühne + Nagel arbeitet bei den internationalen Verkehren natürlich mit den jeweiligen Landesorganisationen zusammen, ebenso sieht es bei DSV aus. Die acht Mittelständler wiederum haben sich in vielen Märkten auf einen gemeinsamen Partner verständigt. In Skandinavien, England und Irland ist das DSV. In anderen großen Märkten wie Italien und Frankreich ist das der ­Konzern Geodis, der ebenfalls die Strategie hat, weiter zu wachsen und daher immer neue Linien einrichtet.

Wie wichtig ist die Kontraktlogistik für IDS?

Die Kontraktlogistik ist bei uns zu 100 Prozent unter der Regie der jeweiligen Gesellschafter. Als IDS haben wir  zentral erst einmal nichts zu tun. Die Unternehmen entwickeln diese Geschäfte vollkommen eigenständig weiter. Die damit einhergehende Beschaffungs- beziehungsweise Distributionslogistik wird dann aber über die Kooperation abgewickelt. Unser Transportnetzwerk profitiert also davon. Wir als IDS haben diesbezüglich aber keine Ambitionen, Kontraktlogistik selbst zu vermarkten.

Sie sind im letzten Jahr ins Endkundengeschäft einge­stiegen. Wie hat sich dieses entwickelt?

Dieser Bereich entwickelt sich erfreulich. Wir sind natürlich weiter am Verbessern und Konsolidieren. Etwa fünf Prozent unserer Sendungen entfallen darauf, wobei es sich um einen wachsenden Markt handelt. Nächstes Jahr sollen es bereits sieben, im Jahr darauf zehn Prozent sein. Bislang können wir die Privatsendungen aber noch mit dem Stückgut-Lkw ausfahren. Auf lange Sicht werden wir das voneinander trennen müssen.

Wie könnte das aussehen?

Dass wir in Ballungsräumen wie Stuttgart oder München spezielle Zustellfahrzeuge einsetzen. Wir haben bereits einen Standardservice, der die Lieferung bis Bordsteinkante beinhaltet. Für den Zwei-Mann-Zustellservice wiederum haben wir eine Kooperation mit Hermes geschlossen. Dazu bringen wir die Sendungen zum Hermes-Hub nach Löhne und von dort aus geht es dann zum Endkunden. Notfalls liefern wir auch in den dritten Stock und schließen die Waschmaschine an. Unser größter Versender in diesem Segment ist der Online-Händler Redcoon, der mittlerweile zur Media-Markt-Saturn-Gruppe gehört. Der größere Teil sind aber Mischversender. Diese beliefern größtenteils den Handel. Ein kleinerer Teil geht direkt an den Verbraucher.

Wie stellt sich für Sie die Preisentwicklung dar?

Die Steigerungen des Dieselpreises konnten wir über einen Floater abfangen. Handlungsbedarf gibt es dennoch. Zwar stellt die Versa, die Teilorganisation des DSLV, aus kartellrechtlichen Gründen keine Preisempfehlungen für Stückgut aus. Wohl aber kommt demnächst ein sogenannter Kostenindex heraus. Die Grundidee ist, relative Änderungen der Kosten zu veröffentlichen. Das finden wir sehr positiv.

Was ist daran besser?

Fünf Prozent Preissteigerung über alles wurde weder dem Kunden noch dem Dienstleister gerecht. Je nach Unternehmensgröße fallen ganz unterschiedliche Kosten im Bereich der Administration oder des Transports an – um nur zwei Punkte zu nennen. Noch dazu wollen die Kunden sehr genau aufgeschlüsselt haben, wo die Kosten tatsächlich gestiegen sind.

Sehen Sie überhaupt noch Möglichkeiten zur Rationalisierung?

Da kann man keine großen Sprünge mehr machen. EDV-gestützt lassen sich sicher noch einige Prozesse verschlanken, sodass mit der gleichen Anzahl an Mitarbeitern mehr Sendungen bewältigt werden können. Eine weitere Möglichkeit ist, im Fern- und Nahverkehr größere Einheiten einzusetzen.

Stehen Sie da kurz vor der Teilnahme am Feldversuch mit Lang-Lkw?

Nein. Wir schaffen gerade für rund zehn Millionen Euro eine weitere Tranche High-Cube-
Wechselbrücken an. Damit stellen wir unseren Fuhrpark um. Im Frühjahr sind dann zwei Drittel unserer Wechselbrücken High Cubes. Aber das ist ein Prozess, der bereits seit 2007 im Gange ist. Mit 3.100 Fahr­zeugen dieser Art haben wir dann fast den kompletten Fernverkehr abgedeckt. Dem Lang-Lkw stehen wir prinzipiell positiv gegenüber. Gerade bei den Hub-Verkehren Kiel-Neuenstein oder Ravensburg-Neuenstein würde das Sinn machen. Aber aufgrund der aktuellen Restriktionen halten wir uns zurück.

Es hängt also an der Politik?

Auf jeden Fall. Häufig ziehen sich politische Entscheidungen lange hin. Entschieden wird dann aber plötzlich und ohne Vorwarnung. Als Unternehmen benötigen wir hingegen rund 18 Monate Vorlaufzeit, um entsprechend reagieren zu können. Schließlich ändert niemand sein Geschäftskonzept kurzfristig und ohne entsprechende Garantien.

Zur Person

1961 in München geboren, studierte Michael Bargl Wirtschaftsingenieurwesen und promovierte 1993 zum Thema Dispositionssysteme in der Transportwirtschaft. Von 1987 bis 1993 war er Berater bei der Dornier System Consult in Friedrichshafen. Anschließend wechselte er in den Bereich Logistik: In der Systemzentrale von DPD in Aschaffenburg hatte er diverse Führungspositionen inne. 2000 wurde Dr. Michael Bargl Geschäftsführer von Elix European Logistix. Seit April 2003 ist er Geschäftsführer der Stückgutkooperation IDS Logistik mit Hauptsitz in Kleinostheim.

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