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DPD fordert reservierte Parkflächen Rekordgeschäft zu Weihnachten erwartet

DPD, Berlin, Zusteller, letzte Meile, Paket, Paketdienst Foto: DPD

DPD fordert von den Städten reservierte Parkflächen, um die immer schwieriger werdende Situation zu Weihnachten in den Griff zu bekommen. DHL dagegen wünscht sich nur noch einen Dienstleister je City.

Die Weihnachtszeit hat begonnen und der Internethandel boomt, noch mehr Staus durch Lieferverkehre sind in den Innenstädten vorprogrammiert. Zusteller DPD erwartet ein Rekordgeschäft mit 15 Prozent mehr Päckchen als im Vorjahr und fordert jetzt von den Städten reservierte Parkflächen, um die immer schwieriger werdende Situation in den Griff zu bekommen. Die Kommunen sollten "noch viel stärker als bisher an konstruktiven Lösungen mitwirken", betont DPD.

Der durch E-Commerce bedingte Versand wird Prognosen zufolge weiter zunehmen, und auch Deutschlands größter Zusteller Deutsche Post DHL will die Paketflut in den Städten mit ihren negativen Folgen bewältigen. Aber anders. Dabei spielt auch Konzernchef Frank Appel den Ball den Kommunen zu. Die Städte sollten einen Dienstleister über eine Ausschreibung exklusiv beauftragen, die Zustellung in der City zu übernehmen, regt er an. Denkbar sei ein festgesetzter Zeitraum von zehn Jahren. "Wir haben mit sehr vielen Städten darüber gesprochen", sagte Appel dem Handelsblatt. Keine habe bisher den Mut dazu gehabt.

Der Bundesverband Paket und Expresslogistik (BIEK), in dem DPD, GLS, Go, Hermes und UPS organsiert sind, reagierte empört. Marktbeherrscher DHL verspreche sich augenscheinlich Mengenzuwächse aus einer solchen Entwicklung, "weil sein Unternehmen deutlich die stärkste lokale Präsenz in Deutschland hat", sagt BIEK-Vorsitzender Florian Gerster. Gerade die KEP-Branche sei aufgrund der sehr fortgeschrittenen Prozessoptimierung kein geeignetes Feld für solche Konsolidierungsversuche.

Hohe Optimierung in der Branche ist Ergebnis des Wettbewerbs

"In der Gesamtbilanz würden weder Hintergrundverkehre und der zusätzliche Umschlag zu Umweltvorteilen führen, noch würde sich auf ein Stadtgebiet bezogen die Anzahl der Fahrzeuge verringern", lautet die Argumentationslinie des BIEK. Die hohe Optimierung in der Branche sei ein Ergebnis des Wettbewerbs. "Sollte dieser Vorstoß einmal Realität werden, ist zudem mit hohen Qualitätseinbußen für die Paketempfänger zu rechnen", sagt Gerster und warnte vor einem "Exklusivlogistiker".

Klar ist: Wenn Aufträge gebündelt werden, wenn nicht drei Mal am Tag von unterschiedlichen Dienstleistern die gleiche Adresse angefahren wird, könnte sich die Situation entspannen. "Etablierte Lieferkonzepte entpuppen sich für die Innenstadtbereiche als zunehmend problematisch", sagt Sven Altenburg, Verkehrsexperte beim Schweizer Beratungsunternehmen Prognos. "Liegt alles in einer Hand, lässt sich besser planen und bündeln und das hätte natürlich positive Effekte."

Bislang haben jedenfalls Kooperationen von Zustellern nie richtig geklappt, das Projekt gemeinsamer Paketboxen hängt irgendwo fest, und diverse City-Logistik-Konzepte gab es schon seit den 80er Jahren. Bei der Umweltorganisation BUND bewertet man Appels Vorschlag deshalb als äußerst nachdenkenswert. "Eine Bündelung der Verkehre ist nötig um die heutige Zustell-Anarchie in den Städten zu beenden", betont Verkehrsexperte Werner Reh. Reservierte Parkplätze seien nur zu rechtfertigen wenn Elektro-Fahrzeuge eingesetzt würden und Lärm und Schadstoffe in den Städten mindern.

Idee des DHL-Chefs findet keinen Anklang

Professor Gernot Liedtke, am Institut für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt Leiter der Abteilung Wirtschaftsverkehr, hält von der Idee des DHL-Chefs dagegen gar nichts. "Dagegen sprechen sowohl juristische als auch Wettbewerbsgründe", sagt er. So könne die Konzessionierung nur schwer überprüft werden. "Was ist, wenn jemand Pakete und Personen zusammen transportiert?", fragt er.

Ebenso sei offen, ob der nur Markt für Paketdienste oder aber auch für Expressdienste  konzessioniert werden solle. Das lasse sich kaum trennen. Kaum realisierbar sei auch eine räumliche Abgrenzung.

Die Stadt Hannover jedenfalls hat kürzlich das Projekt Urbane Logistik aufgelegt, das neue Konzepte für den städtischen Wirtschaftsverkehr zum Ziel hat und vom Bund mit zwei Millionen Euro gefördert wird. "Wir wollen Modellregion für den Lieferverkehr der Zukunft werden", sagt Oberbürgermeister Stefan Schostok, der die Initiative gemeinsam mit Eckhard Scholz, dem Nutzfahrzeug-Vorstand von Volkswagen, ins Leben gerufen hat. Mit an Bord sind neben mehreren Hochschulen auch die Stadtwerke Hannover, die für den ebenfalls beteiligten Marktführer DHL eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge schaffen wollen.

Verkehrswissenschaftler gegen Konzessionen für City-Zusteller

Der Leiter der Abteilung Wirtschaftsverkehr am Institut für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Professor Gernot Liedtke, sieht die Idee von DHL sehr kritisch.

eurotransport.de: Die Idee, Verkehre zu bündeln und dadurch Fahrten zu reduzieren, erscheint doch sehr einleuchtend. Was gefällt Ihnen daran nicht?

Gernot Liedtke: Klingt erstmal einleuchtend, birgt jedoch beim zweiten Hinsehen einige Probleme: So eine Konzessionierung kann nur schwer überprüft werden. Man stelle sich vor, jemand untergräbt das, indem Pakete und Personen zusammen transportiert werden. Ich denke dabei an Beispiele wie Uber Freight. Und welcher Markt soll überhaupt konzessioniert werden, nur der für Paketdienste oder auch der für Expressdienste? Das lässt sich oftmals schwer voneinander trennen. Was ist, wenn jemand Geschäfte beliefert und gleichzeitig andere Päckchen an Bord hat? Ganz zu schweigen davon, wie eine räumliche Abgrenzung definiert werden soll. Bekommt dann jemand in der Innenstadt ein schlechteres Angebot als jemand in der Peripherie?

Das hört sich an, als gebe es einen ganzen Berg an Problemen.

Das kann man so sagen. Eine Konzessionierung würde schließlich auch noch dazu führen, dass die Vielfalt der Auswahl für die Kunden verloren geht. Im Moment gibt es einen Wettbewerb der Paketdienstleister um Kundenakzeptanz mit vielen verschiedenen Angeboten von Speed Delivery über Paketboxen bis hin zu Ablieferung in Shops. Bei einer Konzessionierung könnte es sein, dass viele dieser Kanäle eingestellt werden. Welche die besten Kanäle sind, muss aber der Markt entscheiden, oder besser gesagt: der Konsument.

Sie schlagen vor, dass es verbindliche Ladebuchten geben sollte. Muss die Gestaltung des öffentlichen Raums sich an den Lieferverkehren orientieren?

Die öffentliche Hand sollte schon ein Interesse daran haben, dass die Belieferung funktioniert und dass der übrige Verkehr dadurch nicht zu stark behindert wird. Wichtig ist auch, dass sich die Emissionen und der Lärm in Grenzen halten. Alle Beteiligten in der Stadt sind darauf angewiesen, dass die Situation besser wird. Das Problem lässt sich nicht verdrängen, und deshalb muss der Lieferverkehr genauso wie der Pkw-Verkehr, Öffentliche Nahverkehr oder neue Formen der Mikromobilität einen wichtigen Platz innerhalb der städtischen Verkehrspolitik bekommen. Im Gegenzug muss er sich aber auch an gewisse Spielregeln halten. 

Was meinen Sie damit?

Unternehmen umgehen derzeit häufig vorgeschriebene Sozialstandards. Lenkzeiten werden nicht beachtet, und die Fahrer stehen zum Teil so unter Druck, dass sie mit 50 km/h durch 30-Kilometer-Zonen fahren oder Unterschriften fälschen um eine Zustellung vorzutäuschen. Das sind unter sozialpolitischen Gesichtspunkten unzumutbare Bedingungen. Wenn die Politik hier mithilfe von verbesserten Kontrollen einschreiten würde, hätten wir vermutlich auch nicht mehr einen so ruinösen Wettbewerb, der nur auf Kostensenkung durch prekäre Arbeitsverhältnisse abzielt. Der Qualität der Dienstleistungen wäre das vermutlich sogar zuträglich.

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