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Rampensituation Warten beim Online-Riesen

Logistik, DHL Foto: Imago

Einen schlechten Ruf hat die Rampensituation schon lange. ­Jetzt verstärken die Online-Händler diesen Eindruck. Ein Transportunternehmer aus dem Raum Stuttgart erzählt von seinen Erfahrungen.

Ein Geschäft um jeden Preis? Dafür sind viele Transportunternehmen eben doch nicht zu haben. Etwa wenn bekannt ist, wie lange die eigenen Fahrer an der Rampe auf die Entladung ihres Fahrzeugs warten müssen und welchen Schikanen sie dabei ausgesetzt sind. Negativbeispiele gibt es genug, und zunehmend geraten auch Online-Händler in die Kritik.

Probleme an der Rampe

Etwa Amazon: Das US-Unternehmen betreibt in Deutschland derzeit acht Logistikzentren. Damit die Ware ihren Weg zum Kunden finden, macht der Online-Handelskonzern viel. Die Kunden müssen für viele Artikel keine Versandkosten zahlen und  können online den Weg der Sendung verfolgen. Nicht ganz so komfortabel haben es die Unternehmen, die die Ware zu Amazon bringen – allzu häufig gibt es an der Rampe Probleme.

Diese Erfahrung hat auch SUP-Trans aus Fellbach bei Stuttgart gemacht. Das Unternehmen, das dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiert, hat 30 Mitarbeiter und ist vor allem im nationalen und internationalen Ladungsverkehr tätig, macht Spezialverkehre und Teil- und Komplettladungen sowie Sammelgutverkehre.

Etwa für ein bundesweites Stückgutnetzwerk, für das SUP-Trans Sammelgut in Teilen Stuttgarts und im Nordschwarzwald ausliefert. Darunter sind auch Sendungen, die für das Amazon-Logistikzentrum in Pforzheim bestimmt sind, meistens Überhänge und Kleinsendungen, aber auch mal sechs oder sieben Paletten aus Teilpartien, die aus Hubverkehren stammen.

Die größten Kritikpunkte von SUP-Prokurist Oliver Laudon und Oliver Dorst, Disponent von Nah- und Europaverkehren: Trotz umständlicher Voranmeldung und Zeitfensterbuchung müssen die Fahrer oftmals lange, sehr lange warten – und zwar fernab von ihrem Fahrzeug. Und bei Reklamationen oder Problemen hat der Disponent keinen Ansprechpartner, an den er sich wenden kann.

Drei Stunden Wartezeit

Bevor Disponent Oliver Dorst die Sendungen für Amazon auf den Weg bringen kann, muss er den Liefertermin mittels eines Mail-Formulars vorher buchen, inklusive gewünschten Anliefertags und Uhrzeit, Zahl der Paletten und Kartons. "Schon hier hapert es manchmal, weil viele der Paletten schwarz foliert sind – das kann ich ja nicht aufreißen, um die Kartons zu zählen", sagt er. Nach dem schriftlichen Okay von Amazon plant er dann den Stopp im Logistikzentrum Pforzheim in die Touren ein. SUP-Trans hat zwar keine eigenen Fahrer, aber langjährige Partnerunternehmen, die mit SUP-Trans-Planenaufliegern fahren.

Bei der Ankunft im Logistikzentrum – mindestens  30 Minuten vor dem gebuchten Liefertermin, so ist es vorgeschrieben – muss sich der Fahrer mit seinem Fahrzeug an der Pforte in eine Warteschlange einreihen, während die Unterlagen geprüft werden. "Und aus dieser Warteschlange muss man erst einmal herauskommen – nahezu unmöglich", sagt Dorst. Denn trotz Zeitfensterbuchung gibt es eine Wartezeit – drei Stunden sind durchaus möglich, die längste betrug im Fall von SuP-Trans fünf Stunden.

Eine Sicherheits-Checkliste

Dann erhält der Fahrer eine Sicherheits-Checkliste, die den gesamten Vorgang vom Andocken bis zum Be- und Entladen umfasst, und darf zur Rampe fahren. Dort wartet auf den Fahrer eine weitere Herausforderung: "Nach dem Unterlegen der Klötze und dem Herabfahren der Hebebühne muss der Fahrer den Fahrzeugschlüssel abgeben", sagt Dorst. Sozusagen als Quittung erhält er dafür eine Pfandmarke – und muss sich dann vom Fahrzeug entfernen und in einem Aufenthaltsraum warten. "Er darf in der Zeit nicht zum Fahrzeug zurückgehen", berichtet der Disponent. Für ihn und Laudon ist dies schon allein aus Gründen der Halterhaftung schwer bedenklich.

Die eigentliche Entladetätigkeit wird dann vom Amazon-Personal vorgenommen. So weit, so gut – bis es ein Problem gibt. Ein Beispiel:  "Wir hatten sieben Paletten von drei verschiedenen Lieferanten auf dem Lkw und auch avisiert. Allerdings war nur der Lieferschein für eine Palette stimmig, der Rest laut dem Rampenpersonal von Amazon nicht – trotz Avis. Daraufhin haben die Amazon-Mitarbeiter die Annahme verweigert", erzählt Dorst. "Beim nächsten Stopp musste der Fahrer den Lkw komplett umladen, damit die sechs Paletten – immerhin 2,4 Lademeter – nicht weiter im Weg standen."

Pingpong-Verfahren

Auch wenn vor der Amazon-Palette auf der Ladefläche noch etwas stehe oder eine Nummer auf dem Anmeldeschein falsch sei, würden die Amazon-Mitarbeiter den Entladevorgang sofort beenden und den Fahrer wegschicken. "In diesem Fall haben wir versucht, die richtige Nummer an Amazon telefonisch weiterzugeben,", berichtet Dorst, "das ist aber nahezu unmöglich."

"Pingpong-Verfahren" nennt Prokurist Laudon den Versuch, ein Problem mit Amazon aus dem Weg zu räumen. Über die Avise habe sich SUP-Trans letztlich die Telefonnummer für den Betrieb in Pforzheim besorgt, um überhaupt mal einen Menschen an das Telefon zu bekommen. "Durch den Schichtbetrieb sind dort immer ganz verschiedene Leute zugegen, man hat nie einen festen Ansprechpartner", moniert der Transportprofi.

Laudon gibt zu, dass sich Amazon in den vergangenen Wochen erkennbar bemühe, zumindest die Kommunikation mit den Lieferanten zu verbessern. Auf eine Anfrage von trans aktuell zu der schwierigen Rampensituation gab es aber von Amazon bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme.

"Es ist doch einfach besser, mit offenen Karten zu spielen", erklärt Laudon mit Blick auf die Verständigung an der Rampe. Dabei ist sein Unmut verständlich, fühlt er sich doch durch eine rigorose Rampenpolitik bestraft, die letztlich das Ergebnis einer schlechten Planung bei Amazon sei. "Und genau wie Amazon wollen wir doch auch lean arbeiten."
Der Online-Handelskonzern sei aber beileibe kein Einzelfall, sagt Laudon: "Es gibt mittlerweile Orte, bei deren Erwähnung die Unternehmerschaft die Ohren spitzt", berichtet er. "Wenn da der Empfänger genannt wird, dann sagt man lieber Dankeschön und fährt besser leer."

Auch über die Frachtenbörse sei da ein Frachtführer nicht zu finden.  "Versuchen Sie dann mal, sechs bis zehn Paletten über den freien Markt zu bewegen – da winkt bei bestimmten Empfängern jeder ab", berichtet er.

Die Lieferanten-Anmeldung über eine Online-Plattform

Dennoch wollen Dorst und Laudon die Situation nicht generell schlecht machen: Zu 80 bis 90 Prozent funktioniere es täglich an der Laderampe. Wer bereit sei, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, erreiche auch eine Lösung, so ihre Meinung.

Disponent Dorst lobt als Positivbeispiel etwa das Daimler-Werk in Sindelfingen, bei dem die Fahrer Einfahrttickets und Piepser bekommen, die dem in einem Aufenthaltsraum wartenden Fahrer anzeigen, wann sein Lkw an der Reihe ist. Oder als "Paradebeispiel", wie Dorst sagt, der Schraubenhersteller Würth in Künzelsau, der die Lieferanten-Anmeldung über eine Online-Plattform regele. Alle 15 Minuten bekommt der Disponent dann am Tag der Anlieferung den aktuellen Stand der Rampensituation übermittelt. "Da haben wir nie warten müssen, selbst wenn ich erst morgens einen Termin mache."

"Vor allem die Mittelständler haben ihre Rampen gut im Griff – da wird zwar einfach gearbeitet, aber die bekommen dennoch auch große Mengen hin", sagt auch Prokurist Laudon. Sein Favorit: das Pforzheimer Versandhaus Bader.

Umfrage

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Machen Sie mit! Bei der kurzen Online-Umfrage wird etwa abgefragt, wie der zwischenmenschliche Umgang oder die Wartezeiten sind oder wie mit dem Thema Palettentausch umgegangen wird. Und natürlich suchen wir auch ein Negativbeispiel – Rampen, die noch deutlich Verbesserungspotenzial haben. Unter den Teilnehmer der Umfrage verlosen trans aktuell und FERNFAHRER ein Lkw-Navi von Blaupunkt.

Zur Online-Umfrage:
www.eurotransport.de/beste_rampe

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