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Logistikdienstleister Ekol "Ich bin kein Logistiker"

Expansion: Der türkische Logistikdienstleister Ekol Foto: © Braun, Ekol, Montage: Grobosch

Der türkische Logistikdienstleister Ekol setzt auf intermodalen Verkehr zwischen Asien und Europa. Im Interview spricht Geschäftsführer Tayfun Öktem über die Zukunft des Unternehmens und die Rolle Deutschlands dabei.

Neue Wege – eigentlich kommt Tayfun Öktem aus dem Marketing und hat in seiner Karriere Verantwortung bei Unternehmen wie Unilever oder Ülker getragen. Seit einem Jahr leitet er die Geschicke von Ekol, einem der großen Unternehmen im intermodalen Verkehr. Im Interview mit trans aktuell-Redakteur Markus Braun spricht der Geschäftsführer über Umweltschutz in der Türkei und eine Europazentrale in Köln.

trans aktuell: Herr Öktem, Sie sind seit rund einem Jahr Geschäftsführer von Ekol. Zuvor waren Sie hauptsächlich in der Welt der Konsumgüter tätig. Wie sind Sie zu Ekol gekommen?

Öktem: Um ehrlich zu sein: Ich bin kein Logistiker. Genau das haben die Gesellschafter aber gesucht, jemand der nicht aus der Branche ist und deshalb die Dinge von einer anderen Warte aus sieht. In einem ersten Gespräch sagte ich, ich habe diesen Traum von der Mona Lisa unter den Unternehmen. Unser Vorstandschef Ahmed Musul antwortete, er habe die Farbe und die Infrastruktur dafür. Also habe ich in der Logistikbranche angefangen.

Wie sieht die Mona Lisa aus?

Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Unternehmensführung arbeite ich daran, Ekol zu einer der führenden europäischen Marken im Bereich Logistikdienstleistungen zu machen. Ich glaube, dass Ekol sehr gute technische Voraussetzungen, eine hohe Motivation und einen starken Sinn für die Kundenbedürfnisse mit in den internationalen Wettbewerb bringt. Wir sind heute schon ein interkulturelles und internationales Unternehmen. Deshalb hoffe ich, dass die Menschen bei Logistik an Ekol denken, das Unternehmen mit dem blauen Logo. Ich weiß nicht, ob es in drei oder fünf Jahren so weit ist, aber wir entwickeln uns mit einem hohen Tempo darauf zu.

Wie laufen die Geschäfte, seit Sie am Steuer sitzen?

2012 haben wir mit einem Umsatz von 285 Millionen Euro abgeschlossen. Dieses Jahr werden wir wohl die 350 Millionen Euro-Grenze überschreiten. Ekol ist in den letzten drei bis vier Jahren um 30 bis 40 Prozent gewachsen. Das sind beeindruckende Wachstumsraten besonders für den europäischen Raum. Und die Ursachen dafür liegen nicht beim Markt, sondern bei uns selbst. Wir haben unter anderem erfolgreich investiert in den letzten Jahren. Außerdem steigern wir die Effizienz des Unternehmens kontinuierlich. Das steht auch ganz oben auf unserer Liste für 2013 – Effizienzsteigerung.

2023 wird die türkische Republik 100 Jahre alt. Was sind Ihre Pläne für Ekol bis zu diesem historischen Zeitpunkt?

Wir haben die Vision als türkisches Unternehmen Dienstleistungen für internationale Kunden in verschiedenen Regionen anzubieten. Das gilt besonders für Kunden aus dem Osten, wo die Zuverlässigkeit der regionalen Logistikdienstleister oft fragwürdig ist. Dort fordern uns die Kunden geradezu dazu auf unsere Dienstleitungen an deren Standorte zu bringen. So stellen wir unsere Dienstleistungen auch in den jeweiligen Ländern zur Verfügung, aber immer mit der Türkei als Basis. Die Türkei ist die Brücke zwischen Asien und Europa und wir sorgen für die Warenströme zwischen den Ländern und in den jeweiligen Regionen. So tragen wir unseren Teil zum bis 2023 vom türkischen Staat avisierten Bruttosozialprodukt von rund einer Billion Euro bei. Darin ist ein Exportvolumen von rund 400 Milliarden Euro enthalten. Das sind riesige Warenströme, die aus der Türkei, aber auch in die Türkei fließen. Deshalb denken wir, dass wir gut aufgestellt sind für die Zukunft.

Wie groß ist der in Deutschland erwirtschaftete Anteil?

Der Anteil wächst weiter sehr stark. Das Deutschlandgeschäft ist das Herz von Ekol. Es war eine sehr kluge Entscheidung 1996 mit dem Unternehmen nach Deutschland zu kommen und dort als deutsches Unternehmen zu operieren. Man kann durchaus behaupten, dass alles, was wir in Europa transportieren, irgendwann einmal durch Deutschland kommt. Unsere Geschäfte in Deutschland sind mit großem Abstand die umfangreichsten in Europa. Auch deshalb haben wir vor unseren Standort Köln zur internationalen Zentrale für das Europageschäft zu machen – mit Frank Körber an der Spitze, der dann nach Istanbul berichtet.

Welche Regionen – neben Europa – sind für Sie noch interessant?

Europa ist unser Standbein. Aber wir Blicken auch in den Osten. Ein Beispiel dafür ist unser noch junges Geschäft in der Ukraine, wo wir für weltweit operierende Unternehmen wie SC Johnson tätig sind. Außerdem schauen wir uns derzeit den Mittleren Osten an, also Länder wie Ägypten oder den Irak. Auch Aktivitäten im Fernen Osten sind durchaus denkbar. Unsere Unternehmungen dort sind erste Gehversuche. Wir stehen dabei unter keinem Druck. Denn warum sollen wir uns jetzt schon in Richtung eines neuen Buffets orientieren, wenn wir mit Europa ein riesiges Gourmet-Buffet vor uns haben. Das macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Erst wenn wir in unseren bestehenden Regionen bei 110 Prozent angekommen sind, stecken wir unsere Energie verstärkt in die Erschließung neuer Märkte.

Grüne Logistik ist in aller Munde. Gilt das auch für Ekol?

Ekol hat im vergangenen Jahr den Eco Performance Award von DKV und der Universität St. Gallen verliehen bekommen. Das ist das Ergebnis strenger Vorgaben und Kontrollen in unserem Unternehmen. Stolz sind wir dabei vor allem auf den intermodalen Verkehr. Zwischen Istanbul und Deutschland sind es hin und zurück rund 7.000 Kilometer auf der Straße. Wir schaffen die gleiche Strecke mit insgesamt 1.250 Straßenkilometer.

... wie geht das?

Wir fahren mit dem Trailer in Istanbul auf eines unserer drei Ro-Ro-Schiffe. In Triest geht es dann vom Schiff direkt auf den Zug beispielsweise nach Köln. Dann ist der Hauptlauf abgeschlossen und wir haben 7.000 Straßenkilometer mit nur 1.250 erledigt. Das spart Sprit und senkt den CO2-Ausstoß erheblich. Zudem ist das eine bezahlbare und zuverlässige Transportlösung. Wie ernst wir das Thema Umwelt nehmen, sehen sie auch an unserer Firmenzentrale in Istanbul. Dort haben wir unsere Logistikhalle um einen alten Baum herumgebaut, um diesen nicht fällen zu müssen. Wenn man sich zur Umwelt bekennt, muss man dieses Bekenntnis auch leben.

Heißt das, in der Türkei spielt Grüne Logistik insgesamt bisher keine große Rolle?

Ich möchte nicht für andere sprechen, aber wir sind sicher wesentlich stärker engagiert als die meisten Unternehmen in der Türkei. Ich denke aber auch, dass die Zahl der Unternehmen, die sich Umweltschutz auf die Fahnen schreiben, langsam aber konstant zunimmt.

Sie haben gerade von »ihren« Ro-Ro-Schiffen gesprochen …

Ja. Wir haben drei Schiffe für den Ro-Ro-Verkehr gemietet, deshalb kann man sagen, dass die "drei Ladies", wie wir sie nennen, Ekol gehören. Das besondere an den Schiffen ist, dass wir die komplette Beladung aus unseren eigenen Transportaufträgen darstellen können. Das heißt, wenn die Schiffe fahren, fahren sie für Ekol.

Die Türkei exportiert wesentlich weniger als sie importiert. Wie gehen Sie mit der starken Differenz um?

Das ist unglücklicherweise ein strukturelles Probleme mit dem die Türkei zu kämpfen hat. Als stark wachsendes Land braucht die Türkei Maschinen aus dem Ausland für ihre Industrie genauso wie Konsumgüter für die Menschen im Land. Für uns ist das eine Ineffizienz, mit der wir umgehen müssen. Das war schon immer so. Wir hoffen aber, dass Export und Import irgendwann auf gleicher Höhe liegen.

Sie wickeln einen großen Teil Ihrer Geschäfte bereits in Deutschland ab. Welche Rolle spielt es für Ekol, ob die Türkei Teil der EU ist?

Ein Teil der Europäischen Union zu sein ist ein klares Ziel der Türkei. Die Menschen in der Türkei wollen Mitglied der EU werden, sind sich aber auch der Probleme, die damit einhergehen, bewusst. Wir unterstützen den Beitritt natürlich auch. Aber als in der Türkei ansässiges Unternehmen sind wir es gewohnt mit geo- und soziopolitischen Problemen umzugehen. Als international operierendes Unternehmen müssen wir immer mit den örtlichen Gegebenheiten klar kommen. Das gilt für Deutschland, Europa, die Ukraine und den Rest der Welt. Deshalb haben wir auch für alle denkbaren Szenarien um den EU-Beitritt Pläne in der Schublade.

Sie haben gerade 600 Fahrzeuge bei Krone geordert. Welche Bedeutung hat es für die türkische Trailerhersteller, dass Krone hier stärker in den Wettbewerb einsteigt?

Krone hat zu Recht unsere Aufmerksamkeit und letztlich auch die umfangreiche Bestellung erhalten hat. Wir haben uns für Krone entschieden, weil wir mithilfe deren Produkte unsere Versprechen bei unseren Kunden einhalten können – reibungslose Abläufe ohne Zwischenfälle jedweder Art.

… das heißt, türkische Unternehmen haben es schwerer?

Wettbewerb belebt das Geschäft. Letztlich führt der Wettbewerb zu besserem Service, besseren Bedingungen und einer höheren Kundenzufriedenheit – das hoffe ich zumindest.

Zur Person

Tayfun Öktem leitet seit März 2012 die Geschicke des Logistikdienstleisters Ekol. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in der Türkei absolvierte er ein Masterstudium in den USA. Der heute 48-Jährige startete bei Unilever in Istanbul ins Berufsleben. Danach folgten Stationen bei Reckitt Benickser in Kopenhagen, Ülker in Istanbul und der saudi-arabischen-Lebensmittelkette Almunajem. Bei letzterer war der Familienvater zwei Jahre als Geschäftsführer tätig.

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