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Dachser Simon kritisiert Grüne Logistik

Interview, Simon, Dachser, Rathmann Foto: Dachser 6 Bilder

Für Dachser-Chef Bernhard Simon ist der Begriff Grüne Logistik ein rotes Tuch. Er ist der Ansicht, dass durch dieses Etikett falsche Erwartungen geweckt werden und spricht lieber von Nachhaltigkeit.

trans aktuell: Herr Simon, Grüne Logistik war auf der Transport Logistic das alles beherrschende Thema. Am Dachser-Stand suchte man nach diesen Worten jedoch vergebens. Wie kommt’s?
Simon: Ich überlasse die grünen Produkte lieber meinem Gärtner. Wir wollen nicht an der Oberfläche mit Leuchtturmprojekten für Schlagzeilen sorgen, sondern uns kontinuierlich in unserem System verbessern.

trans aktuell: Warum mögen Sie den Begriff  Grüne Logistik nicht?
Simon: Ich tue mich sehr schwer damit, weil er mich eher an einen Werbeslogan ohne Inhalt erinnert. Er beherbergt die Gefahr, falsche Signale zu setzen und falsche Erwartungen zu wecken. Wir haben diese Bezeichnung noch nie benutzt. Es kann sein, dass sie dem einen oder anderen mal rausrutscht.

trans aktuell: Inwiefern falsche Signale?
Simon: Jedermann weiß, dass Logistik immer CO2-konsumptiv sein wird. Wir müssen begreifen, dass Ressourcen nicht unendlich zur Verfügung stehen. Bei unseren Entscheidungen müssen wir deshalb immer auch die Frage der Nachhaltigkeit stellen. Nachhaltigkeit ist fester Bestandteil jeder unternehmenspolitischen Entscheidung. Sie findet im Detail und im System statt.

trans aktuell: Können Sie Beispiele nennen?
Simon: Das beginnt damit, dass man sich beim Design von Supply Chains, die über Unternehmen hinweg gestaltet werden, Gedanken macht. Wir müssen uns fragen: Welche Entscheidungen führen zu unnötigem Ressourcenverbrauch und welche zu Einsparungen? Muss ich jederzeit in 24 Stunden an jedem Flecken der Welt lieferfähig sein, oder gibt es andere Konzepte, die es ermöglichen, zu ganz anderen Auslastungseffekten zu kommen?
 
trans aktuell: Also sind Sie überzeugt, dass beim Bündeln von Verkehren noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist?
Simon: Hier ist noch Luft nach oben. Es gibt nichts Schädlicheres für die Umwelt als Leerfahrten, als nicht genutzte Kapazitäten, als Unplanbarkeiten in der Logistik. Unbegrenzter Kundenservice ist eines der Hauptprobleme, das zu unnötigem Ressourcenverbrauch führt. Wir brauchen ein integriertes Denken, das bis zum Konsumenten reicht und ihn in Nachhaltigkeitskonzepte mit einbezieht.

trans aktuell: Braucht es auch das entsprechende Handwerkszeug – etwa Kennzahlen zur Berechnung des jeweiligen CO2-Ausstoßes?
Simon: Ja. Wir müssen den Ressourcenverbrauch in Form von CO2-Ausstoß messbar – und zwar normiert messbar – machen, erst dann kann man ihn managen. Es bringt aber nichts, nur irgendwelche Zahlen zu produzieren. Wir brauchen ehrliche, belastbare Zahlen, mit dem man den CO2-Verbrauch managen kann. Doch diese Norm gibt es noch nicht. Unsere Umweltverantwortlichen engagieren sich im DIN-Ausschuss, der das Ziel hat, Industrie-übergreifend und europaweit freiwillige Normen festzusetzen, nach denen die Branche zusammen mit ihren Kunden operieren und zu vergleichbaren Ergebnissen kommen kann.
 
trans aktuell: Das heißt, Dachser hat bisher noch nichts in Sachen CO2-Ermittlung unternommen?
Simon: Wir sind seriös unterwegs und haben nur in ausgewählten Projekten mit Kunden gemeinsam Methoden entwickelt, um mit unseren internen Methoden den CO2-Verbrauch exakt messbar zu machen. Ansonsten ist unsere tiefste Überzeugung, dass die Normierungen noch nicht weit genug fortgeschritten sind, als dass wir den CO2-Fußabdruck für eine beliebige Sendung auf einer beliebigen Strecke ermitteln könnten. Wenn wir uns darauf einlassen würden, müssten wir Märchen erzählen und würden Realität mit Fantasie verwechseln.

Zur Person

Bernhard Simon ist seit Januar 2005 Sprecher der Geschäftsführung bei Dachser. Der Geschäftsführung gehört er seit dem Jahr 1999 an. Simon, Jahrgang 1960, ist ein Enkel des Firmengründers Thomas Dachser und vertritt die dritte Generation des Familienunternehmens. Seit 22 Jahren ist der Diplom-Kaufmann in unterschiedlichen Führungspositionen für das Unternehmen tätig. Nach dem Abitur in Kempten absolvierte er eine Ausbildung zum Speditionskaufmann bei der Dachser-Niederlassung in Kaufbeuren. Im Anschluss studierte Simon Betriebswirtschaft an der Friedrich-Alexander-Universität in Nürnberg sowie zusätzlich ein Senior Executive-Programm an der Harvard-Universität in den USA. Simon engagiert sich ehrenamtlich seit Jahren für die Hilfsorganisation Terre des Hommes und ist begeisterter Sportler.

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